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Das Programm

Titel: Das Programm
Autoren: Michael Ridpath
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um seinen Mund erkennen. Der meinte es ernst. Todernst. Kalte Furcht packte Chris.
    »Marcus«, sagte Chris, verzweifelt bemüht, seiner Stimme einen ruhigen und vernünftigen Klang zu verleihen. »Ich glaube, Sie haben das alles falsch verstanden.«
    »Halt die Schnauze, oder ich verpass dir ‘ne Kugel.«
    »Aber Chris hat nichts getan«, protestierte Megan.
    »Er hat euern Freund in Paris umgelegt«, sagte Marcus.
    »Aber nein! Sag es ihm, Eric.«
    Sie wandte sich an Eric. Der sagte nichts.
    Marcus hob die Pistole und richtete sie auf Duncan. »Alex hat euch ja vielleicht nichts bedeutet«, sagte er. »A ber er war mein kleiner Bruder. Er hätte es im Leben noch zu was gebracht, wenn ihr ihm sein Leben gelassen hättet. Damals war ich nicht da, um ihn zu beschützen. Aber jetzt bin ich da.«
    »Marcus …«, rief Duncan in höchster Panik.
    »Sei still, habe ich gesagt«, zischte Marcus.
    Megan beobachtete die Szene mit wachsendem Entsetzen. Gleich würden vor ihren Augen zwei Menschen kaltblütig erschossen werden. Sie wollte schreien. Weglaufen. Nach dem Gefühlssturm der letzten Stunde und dem Stress des letzten Monats hatte sie das Gefühl, dass etwas in ihr zerrisse. Es war einfach zu viel gewesen. Sie blickte Duncan an. Er war starr vor Angst. Eric, unbeteiligt, mit der Andeutung eines zufriedenen Lächelns. Und Chris, aufrecht, angespannt, aber dem Unausweichlichen gefasst entgegenblickend.
    In diesen letzten Augenblicken vor seinem Tod wandte er sich ihr zu. Ihre Augen trafen sich. Plötzlich stand ihr alles mit unwirklicher Klarheit vor Augen. Gleich würden hier Menschen sterben. Die falschen Menschen. Das war viel wichtiger als ihre törichte Verliebtheit. Außerdem sah sie, dass sie von jemandem wirklich geliebt wurde. Und dieser Jemand war nicht Eric.
    Langsam und entschlossen trat sie einen Schritt nach vorn und stellte sich vor Duncan.
    »Aus dem Weg!«, knurrte Marcus.
    »Nein«, sagte Megan ruhig. »Nehmen Sie die Pistole runter.«
    »Hör zu, mir ist es scheißegal, wie viele Investmentbanker ich hier über den Jordan schicke. Also, hau ab da!«
    »Ich bin kein Investmentbanker«, sagte Megan. »Und ich glaube nicht, dass diese Leute etwas mit dem Tod Ihres Bruders zu tun haben. Selbst wenn sie es hätten – es hat schon zu viele Tote gegeben. Das Töten muss ein Ende haben.«
    Marcus ließ einen Anflug von Zögern erkennen. Megan warf Eric einen raschen Seitenblick zu. »Erzählen Sie uns doch einmal, woher wissen Sie, wer Alex umgebracht hat? Und warum Sie glauben, dass Chris Ian ermordet hat?«
    »Der da hat es mir gesagt.« Marcus nickte in Richtung Eric.
    Damit war für Megan alles klar. Eric hatte mit keinem Wort erwähnt, dass er mit Marcus gesprochen hatte. Der Versuch, Chris zu belasten, war reiner Zynismus. Eric hatte sie getäuscht, in jeder Beziehung getäuscht.
    »Er hat gelogen«, sagte sie.
    »Mein Gott«, sagte Marcus genervt. »Okay, dann leg ich euch alle um. Ihr habt es alle verdient.«
    »Sie werden niemanden von uns erschießen«, sagte Megan und machte einen Schritt nach vorn. »Sie sind kein Mörder. Und Alex hätte ganz bestimmt nicht gewollt, dass Sie uns umbringen.«
    »Ich schon«, sagte Marcus, aber Megan konnte sehen, wie sich der Zweifel in seinen Blick schlich.
    »Gut, dann müssen Sie mit mir anfangen. Und Sie wissen, dass ich unschuldig bin.«
    Sie trat noch einen weiteren Schritt nach vorn. Die Mündung der Waffe war jetzt nur noch wenige Zentimeter von ihrer Brust entfernt. Marcus ließ die Pistole sinken.
    In diesem Augenblick handelte Eric. Er sprang vor, ergriff Marcus’ Arm und drehte ihn auf den Rücken. Heftig. Mit einem Schmerzenslaut ließ Marcus die Waffe fallen. Eric stieß ihn von sich und hob die Pistole auf. Er richtete sie auf Megan.
    »Versuch den Trick nicht mit mir«, sagte er kalt. »Ich schieß.«
    »Scheißkerl!«, sagte Megan, Verachtung in der Stimme. »Ich habe dir geglaubt, und du hast mich angelogen. All diese armen Menschen hast du nur deshalb umgebracht, weil sie deine kostbaren kleinen Pläne gefährdet haben.«
    »Wenn du etwas haben willst, musst du eben tun, was notwendig ist, um es zu kriegen.«
    »Ich habe gedacht, du seiest etwas Besonderes«, sagte Megan. »Aber ich habe mich geirrt. Du glaubst, du seiest was Besseres als wir, nicht wahr? Besser als wir alle. Du glaubst, das Fußvolk darf getrost sterben, damit der große Eric Astle seiner Bestimmung entgegengehen kann. Nun, dann lass dir eines sagen. Du bist eine niedrige,
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