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Das Prinzip Terz

Das Prinzip Terz

Titel: Das Prinzip Terz
Autoren: Marcus Rafelsberger
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versicherte Berthe Terz.
    Zum letzten Mal erwog Terz eine Ausrede, um hier bleiben zu können. Elena würde keine gelten lassen. Und neugierig werden.
    In Abwesenheit von Terz und seiner Frau durften die Kinder nicht auf die Dachterrasse. Hoffentlich hielten sie sich daran. Und seine Mutter auch. Morgen musste Terz den Inhalt des Fasses loswerden.
    Elena hakte sich bei ihm ein. »Gehen wir? Das Taxi wartet.«
    »Geht nur.« Berthe Terz winkte ihnen zu.
    An der Tür drehte er sich noch einmal um.
    »Und bitte, Mutti – verschone die Kinder mit deinem Geld-regiert-die-Welt-Verein.« Je mehr er sie bat, desto weniger würde sie darauf eingehen. Desto weniger würden sich die Kinder für das Fass interessieren.
    »Jaja, Junge, amüsiert euch gut.« Seine Mutter und die Kinder steckten wieder die Köpfe zusammen. »Also …«
    Elena zog ihn aus der Wohnung. »Geld regiert die Welt – wieder eine ihrer Ideen?«
    Terz seufzte. Ausnahmsweise aber nicht wegen der Einfälle seiner Mutter.
    Das Taxi kutschierte sie durch einen herrlichen Sommerabend auf den Straßen von Winterhude und Rotherbaum mit ihren altehrwürdigen Villen und Bürgerhäusern. Was die Reeperbahn-St.-Pauli-Hafen-Touristen versäumten, während sie vergeblich in der schrillen Neonschminke von Deutschlands bekanntester »Amüsiermeile« die längst verschwundene abenteuerlich heile Welt Hans Albers’ und seiner »Großen Freiheit« suchten! Doch wie die meisten Hamburger liebte auch Terz dieses heruntergekommene Viertel, in das sie nun kamen, selbst wenn das Hirn der Stadt immer in den feinen Kontoren und Villen der Nobelviertel gelebt hatte und ihr heimlicher Puls mit den Jungen und Kreativen im Karolinenviertel und der Schanze schlug.
    Elenas Aufmerksamkeit galt Wichtigerem. »Winfried Sorius? Davvero? Was ist geschehen?«
    »Wissen wir noch nicht. Vielleicht Herzversagen. Vielleicht ein Unfall. Vielleicht Mord. Was weißt du über ihn?«
    »Nicht besonders viel. Er spielte ausgezeichnet Golf. Er war wirklich charmant. Ein Gigolo. Und ich glaube, ich kenne keine Frau, bei der er es nicht versucht hat.«
    »Ist bekannt. Bei dir auch?«
    Sie kicherte. » Naturalmente . Wie ein Weltmeister.«
    »War er denn erfolgreich? Ich meine, bei den anderen.«
    »Oh, durchaus, dem Vernehmen nach. Glaubst du, eine Frauengeschichte steckt dahinter?« Bevor er antworten konnte, erklärte sie: »Ich glaube es nicht.«
    »Schatz, wir stehen ganz am Anfang der Ermittlungen. Wir wissen nicht einmal, ob es Mord war.«
    »Sagen wir mal, es war …«, sie hielt inne, strich sich durchs Haar, sah aus dem Fenster, »– keine Frau. Einen Sorius verlässt man und tötet ihn nicht.«
    »Immerhin – dein Tipp reduziert die potenziell Verdächtigen um fünfzig Prozent.«
    »Geld. Er ist sicher wegen Geld umgebracht worden.«
    Ihre Art, Motive und manchmal auch Täter sofort zu bestimmen, irritierte ihn schon längst nicht mehr. Manchmal lag sie damit sogar richtig. »Warum Geld?«
    »Es geht doch immer ums Geld.«
    »Das aus dem Mund einer Italienerin? Was ist mit der Liebe? Leidenschaft?«
    »Du und deine Vorurteile. Außerdem doch nicht bei einem fast Sechzigjährigen. Wir sind in Deutschland.«
    »Du und deine Vorurteile … Wann hast du ihn zuletzt gesehen?«
    »Wenn du mit sehen sprechen meinst, das muss ein paar Wochen her sein.«
    »Kam er dir irgendwie anders vor als sonst?«
    Elena dachte kurz nach. »Nein. Aber heute Abend werden ein paar Frauen aus dem Club da sein. Ich glaube, die eine oder andere kannte Sorius besser.«
    »Er machte Werbung für den Bürgermeister. Und vielleicht noch für andere, die heute anwesend sind. Ein paar Gespräche werden sich von ganz allein darum drehen.«
    »Aber dir erzählt sicher keine Frau etwas über eine Affäre mit Sorius.«
    »Warum sollten sie bei meiner Frau gesprächiger sein?«
    »Ach, weißt du, unter Frauen …« Anmutig wandte sie ihren Blick zur Elbe, die in der tief stehenden Sonne tausendfach blinkte.
    Terz war neugierig, was »unter Frauen« ergeben würde. Viel mehr beschäftigte ihn jedoch, wie er eine Leiche auf ihrer Terrasse, ein Tonband und einen geheimnisvollen Erpresser loswerden konnte.

5
    Konsul Meyenbrinck gehörte zu dem, was sich Hamburger Gesellschaft nannte, und gefiel sich als einer ihrer Löwen. Teil dieser Rolle war die alljährliche Veranstaltung des längst legendären Sommerfestes. Alter und neuer Adel mischten sich dort mit den Größen aus Wirtschaft, Politik, Kunst und Unterhaltung.
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