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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück
Autoren: Brigitte Riebe
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laufen. Endlich!«
    Sie trug ein weich fließendes Kleid aus meergrüner Seide und sah mit ihren schulterlangen blonden Locken darin aus wie eine Nixe. Das fand jedenfalls Feli, die am Vortag den ersten Schneidezahn verloren hatte und sich in ihrem karierten Kleidchen bereits wie ein großes Schulmädchen vorkam.
    Â»Im Ernst, komm schon, raus damit!« Sofie nahm die Freundin zur Seite. »Wie klappt euer Zusammenleben?
    Ist er wirklich so geläutert, wie er wirkt? Dann hätte unsere kleine Inszenierung ja ihren Zweck erfüllt.« Sie zog die Nase vor Vergnügen kraus. »Wahrscheinlich kommt die Szene noch heute in seinen Albträumen vor: Don Giovanni im Kreise seiner Bewunderinnen – das schlägt den coolsten Macho in die Flucht. Ich hoffe nur, dass er seinen Fototick abgelegt hat. Oder fotografiert er noch?«
    Â»Nur noch mich«, sagte Linda, »beziehungsweise Feli. Oder Nudel. Und wir kommen überraschend gut klar. Dafür sorgt schon mein Feuerköpfchen. Seitdem sie im neuen Kindergarten ist, entwickelt sie geradezu beängstigende pädagogische Fähigkeiten. Wenn wir beginnen, uns zu streiten, dann schreitet sie sofort ein. ›Nicht schreien!‹ ist ihr bevorzugter Spruch. ›Sondern ganz toll liebhaben!‹ Ab und zu kracht es trotzdem ganz ordentlich, aber bereut hat es keiner von uns bisher. Weder er noch ich.« Sie warf ihr Haar zurück. Es war schon ziemlich heiß.
    Â»Und wann wird geheiratet?«
    Linda schielte auf Sofies schmalen goldenen Ring an der linken Hand. »Hast du mir nicht erzählt, dass Frauen nach der Hochzeit unweigerlich ihre Form verlieren und anfangen, sich mit Zahnseide im Mund herumzustochern, während der verschwiemelte, unattraktive Ehemann nebendran sein Gebiss in der Feinwäsche spült oder so ähnlich?«
    Die beiden begannen zu prusten.
    Linda schaute liebevoll zu Robert hinüber. Selbst in der Gesellschaft fröhlicher, festlich gekleideter Menschen stach er in seinem schlichten grauen Sakko und der dunklen Hose hervor. Sein Haar war wie immer eine Spur zu lang, das Blitzen seiner Augen unwiderstehlich wie eh und je. Es lag schon eine ganze Weile zurück, dass sie ihn bei einer Lüge ertappt hatte. Seine Fortschritte waren unübersehbar.
    Er war beileibe nicht so, wie sie sich ihn anfangs vorgestellt hatte. Hatte Kanten, ein ausgeprägtes Persönlichkeitsprofil, ordentlich Macken. War gleichzeitig sensibel, verletzlich und manchmal überraschend schutzbedürftig. Und bereit, zu seinen Fehlern zu stehen. Beziehungsweise an ihnen zu arbeiten. Vielleicht liebte sie ihn gerade deshalb so. Eigentlich, wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, wollte sie ihn inzwischen gar nicht mehr anders.
    Â»Ich glaube, ich halt’ ihn mir weiterhin besser als Geliebten«, fuhr Linda fort. »Da strengt er sich mehr an. Und wir haben beide mehr davon.«
    Â»Ich dachte nur, er wünscht sich so ein Kind von dir«, sagte Sofie und stieß mit dem Fuß die Wiege an, in der ihr Sohn Niklas schlief, mit dicken Bäckchen, rosig nach der Aufregung des großen Tages. »Hat er erst neulich zu Hannes gesagt.« Seitdem die beiden Männer vor ein paar Monaten angefangen hatten, zweimal in der Woche miteinander Federball zu spielen, verstanden sie sich immer besser. »Und übrigens nicht zum ersten Mal.«
    Â»Ich weiß«, bestätigte Linda. »Er redet ständig davon. Aber dazu muss man ja schließlich nicht gleich heiraten! Außerdem haben wir ja bereits eine wunderbare Tochter, wie Robert immer sagt. Feli hat ihn inzwischen rettungslos adoptiert. Und zudem läuft die Kantine jetzt endlich so reibungslos, dass ich sogar daran denke, zu expandieren. Robert ist mit seinen diversen Gläubigern jetzt so weit im reinen, dass er mit voller Kraft einen echten Neuanfang starten kann. Unbelastet! Wir wollen ausprobieren, ob es auch mit dem Arbeiten gemeinsam klappt. Dann sehen wir weiter.«
    Â»Ein neues Geschäft? Ihr beide?«
    Linda nickte. »Galerie und Café. Etwas in dieser Richtung. Bruno ist ebenfalls nicht uninteressiert. Irgendwo muss er das dicke Geld ja unterbringen, das er mit der Vermittlung von Mamas Gemälden verdient. Mal sehen, ob Aki und seine Kapriolen ihm auch genug Luft dafür lassen!«
    Â»Ich staune bloß noch! Du wirst ja zur echten Unternehmerin«, sagte Sofie. »Wirst schon sehen: Irgendwann setzt du deinen alten Beckers
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