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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück
Autoren: Brigitte Riebe
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vergnügt, dass sie dabei war, die Oberhand zu gewinnen. Das machte ihr Mut. Schließlich war es die erste Wohnung, die sie auf eigene Faust anzumieten versuchte. Und endlich ein Sieg nach all den Rückschlägen wäre mehr als wunderbar. »Geben Sie die Hoffnung bloß nicht auf!« Ihr Ton wurde dringlich. »Kann ich gleich anschließend den Vertrag unterzeichnen?«
    Â»Jetzt?« Seine Augen weiteten sich. »Aber es ist Samstagabend!«
    Â»Und wenn schon! Hören Sie, Herr …« Verflixt, wie unprofessionell. Jetzt hatte sie doch glatt seinen Namen vergessen!
    Â»Häusler«, sagte er belegt. »Robert Häusler.«
    Â»Also, lieber Herr Häusler, lassen Sie uns doch Nägel mit Köpfen machen! Hier und jetzt! Oder gibt es noch andere Interessenten?« Ihre Stimme wurde streng. Hoffte sie zumindest. »Etwa solche mit Vorrang? Kommen Sie, Herr Häusler, das können Sie mir nicht antun!«
    Â»Ja«, sagte er. »Vielmehr nein. Allerdings …«
    Â»Allerdings?«, wiederholte Linda spielerischer, als ihr wirklich zumute war. »Ich höre. Aber enttäuschen Sie mich bloß nicht!« Sie fasste ihn fest ins Auge. Inzwischen gab es keinen Zweifel mehr für sie. Das war ihr neues Leben!
    Und ihr neues Glück?
    Keine Ahnung, wenn sie ehrlich war. Inzwischen kam ihr alles, was sie anfasste, vage und flüchtig vor. Ohne Job und nur mit einer lächerlichen Witwenrente und erschreckend schnell schmelzenden Reserven in eine neue Stadt zu ziehen, in der sie keine Menschenseele kannte – natürlich klang das verrückt. Besonders wenn man wie Linda nicht nur für sich allein, sondern auch noch für ein kleines Mädchen verantwortlich war. Und trotzdem hielt sich das geradezu unvernünftig positive Gefühl hartnäckig, das sie beim Betreten dieser Wohnung überfallen hatte. Sie musste sie haben – selbst wenn es nur mit Bestechung ging!
    Zu ihrer Überraschung errötete er. Er sah ausnehmend gut aus, wie sie feststellte, auf den zweiten Blick sogar noch besser. Ein schmales, markantes Gesicht, leicht gebräunt. Schwarze, glatte Haare. Dichte Brauen, dunkle, sanft geschwungene Wimpern. Kleine, elegante Ohren. Seine Zähne waren weiß und ebenmäßig, bis auf den rechten Schneidezahn, dem ein winziges Stückchen fehlte. Was kein bisschen störte, sondern ihm im Gegenteil Extravaganz verlieh, exakt die richtige Dosis Piratentum. Auch ohne Krummsäbel und weißes Flatterhemd war er der Typ Mann, vor dem Mütter ihre Töchter immer schon gewarnt hatten. Mit gutem Grund!
    Linda unterdrückte ein Kichern. Wahrscheinlich war es ganz schön anstrengend für ihn, so herumzulaufen. Gewissermaßen als aufregende Erscheinung vom Dienst. Oder, wenn man es gemeiner ausdrücken wollte, als männliches Appetithäppchen auf zwei Beinen. Das verpflichtete! Ihn jetzt verlegen wie einen Schulbub dastehen zu sehen, rührte sie beinahe. Und machte ihn in ihren Augen sehr, sehr sympathisch.
    Â»Mami, wo ist hier das Klo?«
    Wie so oft holten Felis äußerst konkrete Wünsche sie ohne großes Federlesen in die Realität zurück.
    Â»Nächste Tür links«, erklärte Robert Häusler, bevor sie etwas sagen konnte, und hüstelte mehrmals. »Weißt du denn schon, wo links ist?«
    Â»Klar! Da, wo der Daumen rechts ist.« Feli verzog sich und kam schon bald sichtlich erleichtert wieder. »Wann ziehen wir hier ein, Mami? Mir gefällt die Wohnung nämlich. Und das Hotel ist total doof.«
    Â»Da musst du schon Herrn Häusler fragen«, erwiderte Linda. »Der entscheidet das.«
    Er stierte die Wand an, als käme die Antwort von dort. »Und? Kriegen wir sie?« Felicitas Marie Viola Becker kannte das Wort Hemmungen nicht.
    Â»Ja«, murmelte er, »ich denke doch.«
    Â»Dann kann ich den Vertrag also doch gleich unterschreiben? Ist ja super!« Besser, Linda blieb dicht am Ball.
    Â»Ãœbermorgen früh, Frau Becker«, sagte er ergeben. »Ich erwarte Sie ab zehn in unserem Büro. Sie haben die Adresse?«
    Â»Habe ich, danke. Sagen Sie, geht es nicht doch ein bisschen früher?«
    Feli hatte es in der Zwischenzeit geschafft, ihre linke Schmierhand zur Gänze auf der blütenweißen Tür abzudrücken. Voller Genugtuung betrachtete sie ihr Werk. Linda wusste schon, weshalb sie so drängte.
    Â»Um neun«, sagte er
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