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Das Portal der Dämonen - Connolly, J: Portal der Dämonen - The Gates

Das Portal der Dämonen - Connolly, J: Portal der Dämonen - The Gates

Titel: Das Portal der Dämonen - Connolly, J: Portal der Dämonen - The Gates
Autoren: John Connolly
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setzt, wie ich es gerade im Fall von »krank« gemacht habe, meint man es eigentlich gar nicht so. In diesem speziellen Fall weiß ich ja, dass du an dem Tag nicht wirklich krank gewesen bist, sondern nur Lust hattest, dir den Vormittag freizunehmen, um im Schlafanzug das Kinderprogramm anschauen zu können. »Krank« meint also nicht wirklich krank. Wenn du jemanden nerven willst, kannst du auch Anführungszeichen setzen, indem du zwei Finger einer jeden Hand in die Höhe streckst und kurz mit ihnen wackelst, so als wolltest du einen unsichtbaren Kobold unter den Achseln kitzeln. Wenn dich deine Mutter beispielsweise zum Essen ruft, und es gibt ausgerechnet gekochten Fisch und Brokkoli, dann kannst du zu ihr sagen: »Was gibt es denn heute wieder ›Gutes‹ zu essen?«, und dabei machst du mit den Fingern das Zeichen für die Gänsefüßchen. Deine Mutter wird begeistert sein. Ganz im Ernst.
    Der Große Verderber hatte schon sehr lange in der großen Finsternis gehockt. Er existierte bereits Milliarden von Jahren vor den Menschen, vor den Dinosauriern und sogar vor den kleinen Einzellern, die eines Tages beschlossen, größere und mehrzellige Organismen zu werden, damit sie irgendwann in der Zukunft die Literatur, die Malerei und diese lästigen Klingeltöne für Handys erfinden könnten. Er hatte in den Tiefen von Raum und Zeit gewartet – denn Fels und Erde, luftleere Räume und Sterne und Planeten waren kein Hindernis für ihn –, bis das Leben auf der Erde erschien, bis die Bäume zu wachsen begannen und die Meere sich füllten. Und alles, was er sah, das hasste er. Er wollte, dass es verschwand, doch das lag nicht in seiner Macht. Er war an einem Ort aus Feuer und Geröll gefangen, umgeben von seinesgleichen, von denen er einige aus seinem eigenen Fleisch und Blut geschaffen hatte. Andere waren dorthin verbannt worden, weil sie verdorben und schlecht waren, wenn auch keiner so verdorben und so schlecht war wie der Große Verderber selbst. Nur wenige Dämonen aus den vielen Legionen von Dämonen, die zusammen mit ihm in diesem hintersten, feurigen Reich hausten, hatten je einen Blick auf den Großen Verderber werfen können, denn er lebte in den tiefsten, dunkelsten Abgründen der Hölle. Dort grübelte er, schmiedete Pläne und wartete auf die Gelegenheit, dem zu entkommen.
    Jetzt, nach so langer Zeit, hatte er den ersten Schritt dazu getan.

Kapitel vier
    in welchem wir erfahren, dass es nicht ratsam ist, Dämonen herbeizurufen, und dass man mit der Unterwelt am besten überhaupt keine Scherze treibt
    S amuel und Boswell saßen vor dem Haus der Abernathys und sahen dem Lauf der Welt zu. Da es aber ein ruhiger Abend war und die meisten Leute zu Hause blieben und Tee tranken, war nicht viel von der Welt zu sehen. Und das, was zu sehen war, wirkte nicht besonders aufregend. Samuel schüttelte seinen Korb und hörte das Geräusch von Leere, das, wie jeder weiß, völlig anders klingt als Stille, denn in diesem Geräusch sind all die Geräusche enthalten, die man zu hören erwartet, aber nicht hört. 7
    7    Dies erinnert mich an die alte Streitfrage, ob ein Baum, der im Wald umstürzt, ein Geräusch von sich gibt, wo doch niemand da ist, der es hören könnte. Das setzt natürlich voraus, dass der Mensch das einzige Wesen von Belang ist, wenn es ums Umstürzen von Bäumen geht, und es ignoriert die Scharen von kleinen Vögeln, die verschiedenen Nagetiere und Hasen, die sich zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort befinden, wenn der Baum auf ihren Köpfen landet.
    Im achtzehnten Jahrhundert lebte ein Bischof namens George Berkeley, der behauptete, Dinge würden nur deshalb existieren, weil es Menschen gibt, die diese Dinge sehen können. Viele Wissenschaftler haben über diesen Bischof Berkeley und dessen Ideen gelacht, weil sie diese für albern hielten. Aber der Quantentheorie nach zu schließen, die sich mit sehr komplizierten Seiten der Physik befasst wie mit Atomen, Paralleluniversen und vielen anderen solcher Dinge, könnte Bischof Berkeley vielleicht sogar recht gehabt haben. Die Quantentheorie geht nämlich davon aus, dass der besagte Baum in allen Zuständen gleichzeitig existiert: als Asche, als Sägemehl, gefällt oder als kleine Holzente, die quakt, wenn man sie hinter sich herzieht. Man kann nicht wissen, in welchem Zustand sich der Baum befindet, ehe man ihn nicht betrachtet. Mit anderen Worten: Betrachter und betrachtetes Objekt gehören zusammen.
    Samuel wollte noch nicht heimgehen. Als
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