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Das Phantom der Freiheit

Das Phantom der Freiheit

Titel: Das Phantom der Freiheit
Autoren: Kurt Luif
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selbst wenn er mit seinem Raumschiff direkt zur Hölle fuhr und Stanley dort unten bequem in einem klimatisierten Büro saß.
    »Ich verstehe«, sagte Stanley endlich. »Ich habe im Moment was anderes zu tun, aber halte die Leitung offen, ja? Ende.«
    Deering sagte nichts. Er ballte seine Fäuste und starrte zu den diamantharten Sternen hinaus. Sie blickten aus ihrer samtschwarzen Einbettung zu ihm zurück, völlig unbeteiligt. Er wandte sich zur Sprechanlage. »Hagerty?«
    »Ja, Chef?«
    »Was geht vor?«
    »Nichts, Sir. Ich kann nichts machen.«
    »Gut«, sagte Deering. »Versuchen Sie es weiter.«
    Die Worte waren müßig. Die »Martian Queen« fiel auf die Erde zu, eine tote Masse. Deering wußte, daß es keinen Sinn hatte, Hagerty die Verrichtung eines Wunders zu befehlen. Das Schiff war nicht zu retten.
     
    Neil Stanley stand neben dem Mann vor der Ausdruckstation des Computers und sah die Papierbahn herauskommen. Er konnte die kodierten Angaben nicht lesen, aber Sokolow war bereits beim Entziffern und notierte Klartext, während Stanley ungeduldig seine dicken Finger knetete.
    »Haben Sie den Kurs jetzt?« fragte er.
    »Ja, Chef, bin gerade dabei. Sie werden die Erde nicht verfehlen.«
    »Was? Kein Irrtum möglich?«
    »Nein. Der Computer hat die Bahn genau vorausberechnet, bis zum Augenblick des Auftreffens. Sie kommen zwar nicht hier an, sondern ein paar tausend Kilometer ...«
    »Keine langen Geschichten, Mann. Wo wird das Schiff 'runterkommen?«
    »Wahrscheinlich an der Ostküste zwischen Connecticut und Long Island. Da der Computer die Bahn innerhalb der Atmosphäre nur fortschreiben und keine Luftturbulenzen oder ein mögliches Auseinanderbrechen des Schiffes vorausberechnen kann, müssen wir mit Abweichungen rechnen. Nach dem Computer sollte es der westliche Long Island-Sund sein. Es kann aber auch die Insel sein – oder New York.«
    Stanley nickte. »Das hat noch gefehlt. Wann?«
    »In sechsunddreißig Minuten, bei gleichbleibender Geschwindigkeit.«
    Stanley wandte sich zum Funker. »Rufen Sie Deering«, befahl er. »Ich will nicht mit ihm sprechen; geben Sie seinem Astrogator die Computerdaten zur Überprüfung durch. Er soll sie sofort nachrechnen und zurückmelden. Ich muß sofort mit Nevada sprechen, daß sie dort eine Rakete startklar machen. Dies ist höchste Alarmstufe, Leute, und wenn wir es nicht richtig machen, werden viele Menschen sterben.«
    Er eilte in den Nebenraum und führte ein hastiges Telefongespräch mit dem Chef der Raketenabwehr des Raumflottenstützpunktes Nevada. Als er in die Radarzentrale zurückkehrte, riefen ihn zwei Stimmen gleichzeitig an.
    »Kapitän Deering schreit nach Ihnen, Chef!«
    »Der Bordcomputer hat die Daten bestätigt, Chef!«
    Stanley griff nach dem Papier, das Sokolow ihm hinstreckte, und lief zum Mikrophon. Er nahm es, wollte etwas sagen, hielt es dann mit der Hand zu und winkte dem Funker. »Haben Sie Deering irgendwas gesagt?«
    »Nein, Sir. Ich dachte mir, daß ich es Ihnen überlassen sollte.«
    Stanley grinste. »Danke.« Er nahm die Hand vom Mikrophon und rief heiser: »Bernie? Neil hier. Wie sieht es aus?«
    »Unverändert, Neil«, kam die ruhige Antwort. »Kein Antrieb, kein Entkommen. Wie kommen wir 'runter?«
    »Wir haben eure Koordinaten jetzt genau«, sagte Stanley. »Ich kann dir fast auf Haaresbreite sagen, wo du auftreffen wirst.«
    Es blieb einen Moment still. »Auftreffen? Dann bist du also sicher, daß wir die Erde treffen werden?«
    »Kein Zweifel, Bernie«, sagte Stanley. »Wenn zwischen jetzt und dann nichts passiert, werdet ihr ein Bad nehmen. Im Long Island-Sund, ungefähr zwanzig Meilen südwestlich von Bridgeport, Connecticut.«
    Diesmal dauerte die Stille ein wenig länger, und Stanley wartete geduldig, während Deering nach Worten suchte, um das zu sagen, was er sagen mußte. Schließlich kam seine Antwort: »Wir können das nicht geschehen lassen, nicht wahr?«
    »Nein.« Stanleys Stimme war ruhig und beherrscht. »Du willst nicht, daß deine Passagiere ein unerwartetes Bad nehmen, oder?«
    »Nein«, sagte Deering. »Kannst du rechtzeitig eine Rakete hier heraufbringen?«
    »Zeit genug«, sagte Stanley. Im Hintergrund tickte ein großes Wandchronometer mit mechanischer Präzision die Sekunden ab. »Mach dir deswegen keine Sorgen.«
     
    »Hammermill!« rief der Kapitän, als er den Passagier zur Tür hereinschweben sah. »Sie hörten, glaube ich, die Anweisung, daß alle Passagiere angeschnallt in ihren Kabinen bleiben
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