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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll
Autoren: Kai Hensel
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angetrocknete Spritzer auf der Stoßstange. Weitere Spritzer auf dem Schotter. Eine Spur in die Macchia. Einige Spritzer waren verwischt, Zweige waren abgebrochen. Als sei ein Körper ins Gestrüpp geschleift worden. Als läge er dort, einige Schritte entfernt, hinter den Büschen.
    Maria drehte sich um. Er fixierte sie. Sie fuhr an, winkte zum Abschied. Hatte er bemerkt, dass sie das Blut gesehen hatte? Sie fuhr schneller, nicht zu schnell. Ihre Fahrt durfte nicht aussehen wie Flucht. Sie hörte hinter sich das Schlagen der Autotür, das Anlassen des Motors. Sie hörte Räder durchdrehen, der Wagen wendete.
    Er kam ihr nach.
    Die Piste führte vorbei an einer Felswand, rechts breitete sich Macchia aus. Sie hörte den Wagen näher kommen. Sie fuhr an den Rand, wollte ihn passieren lassen. Doch er blieb hinter ihr. Trieb sie vor sich her, fast berührte seine Stoßstange ihren Reifen. Die Macchia senkte sich zu einer Böschung. Maria keuchte, trat in die Pedale, das Rad, ihr Körper vibrierten auf dem Schotter. Immer steiler führte die Piste bergab, sie konnte nicht mehr bremsen, ohne die Kontrolle über das Rad zu verlieren. Sie wagte nicht, sich umzudrehen, aber sie hörte dicht hinter sich den Motor. Sie musste es bis zur nächsten Straße schaffen. Aber sie sah keine Straße, nur links die Felswand, rechts die Böschung. Vorn nahm die Piste eine scharfe Kurve. Sie hörte hinter sich das Aufheulen des Motors, der Wagen schaltete einen Gang herunter …
    Sie riss den Lenker herum, setzte ihr Rad über den Rand der Böschung. Sie überschlug sich, stürzte vom Sattel, rollte den Hang hinunter, hinter ihrem Rad, durch Steine und Gestrüpp. Sie krallte sich an Zweigen fest, fand Halt, ihr Rad rutschte weiter in die Tiefe. Sie hörte oben den Wagen halten. Sie befühlte ihre Arme und Beine. Sie waren zerkratzt, bluteten ein wenig; aber sie hatte nichts gebrochen. Sie blickte sich um. Dreißig Meter weiter, auf der Höhe der Kurve, fiel die Böschung ab zu einer Schlucht. Dreißig Meter weiter, und der Wagen hätte sie senkrecht in die Tiefe gestoßen.
    Sie hörte das Ausschalten des Motors. Sie kletterte weiter den Abhang hinunter, bis sie Deckung hinter einem Felsen fand. Sie sah den Mann. Er stand am Rand der Piste. Er blickte den Abhang hinunter, horchte in die Stille. Er konnte sie nicht sehen, zusammengekauert in ihrem Versteck. Doch seine Augen fixierten ruhig und konzentriert den Felsen. Er wusste, sie konnte nur dort sein. Es gab keine andere Deckung.
    Kein Motorengeräusch, keine Stimmen. Nicht einmal das Glöckchen einer Ziege. Er stand etwa fünfzehn Meter über ihr. Etwas beulte seine Hosentasche aus. Ein Messer, vielleicht eine Pistole. Er musste nur den Abstieg schaffen.
    Er setzte seinen Fuß seitlich über den Rand. Steinchen kullerten hinunter. Er rutschte, die Slipper hatten wenig Profil. Er hielt sich im Gestrüpp fest, rutschte abwärts. Er kam näher, auf vielleicht zehn Meter. Er blickte zum Felsen, wischte sich Schweiß von der Stirn. Maria hob einen Stein auf. Der Mann rutschte, sie schnellte hoch und warf den Stein. Sie verfehlte ihn knapp. Er sah zum Felsen. Sah Marias Gesicht hinter den Ginstersträuchern. Einen Augenblick begegneten sich ihre Blicke. Er suchte nach einem Vorsprung, wo seine Slipper Halt finden konnten. Sie suchte nach dem nächsten Stein. Er setzte ein Bein vor, sie hob einen Stein auf und traf ihn am Oberschenkel. Sie sah Schweißperlen auf seiner Oberlippe. Er rutschte, schneller, ein Stein traf ihn am Rücken, der zweite streifte seine Hüfte. Er war höchstens sieben Meter entfernt. Sie brauchte größere Steine. Die kleinen, die in Griffnähe lagen, fügten ihm Schmerzen zu, aber schlugen ihn nicht in die Flucht. Allerdings: Mit jedem Meter, den er näher kam, würde sie besser treffen. Er schien zu überlegen. Er griff in seine Tasche. Maria schnellte hoch, ein Messer klappte in seiner Hand auf, sie traf mit einem Stein seinen Bauch. Er krümmte sich, das Messer fiel ihm aus der Hand, seine Hände griffen in dornige Zweige. Er blickte zum Felsen, in seinen Augen sah sie Ratlosigkeit und Wut. Der Abhang war zu steil. Der nächste Stein konnte ihn am Kopf treffen. Auf der Flucht, bergab, würde sie schneller sein als er. Er hob das Messer wieder auf, sie sah Blut an der Klinge.
    Er trat den Rückzug an, Tritt für Tritt, Meter für Meter. Sie hatte gewonnen. Aber sie war nicht erleichtert. Im Gegenteil: Der Anblick des vor ihr fliehenden Mannes machte sie rasend. Er
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