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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen
Autoren: Barbara Wood
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wulstigen, blutverschmierten Lippen ein derart furchtbares, nicht zu fassendes Geständnis kam, wusste er, dass es so und nicht anders gewesen war.
    Mit einem markerschütternden Schrei sprang er auf. Die Hitze und der Zorn des Popocatépetl brodelte jetzt auch in ihm, in seiner Wut glich auch er einem Vulkan.
    Paluma … überfallen von einem Freund …
    Etwas Glitschiges umfasste seinen Fußknöchel. Baláms blutverschmierte Hand. »Es war für Yaxche und Ziyal … «, keuchte Balám. »Und seither habe ich dich verfolgt, um Rache zu üben.«
    Chac vermochte kaum zu sprechen. Tränen des Zorns rannen ihm über die Wangen. »Wenn du mich so gehasst hast«, sagte er durch zusammengepresste Zähne, »warum hast du mich dann nicht in Mayapán getötet?«
    »Weil ich dich brauchte«, stieß Balám, begleitet von einem Blutschwall, aus. »Nachdem man mir Yaxche und Ziyal weggenommen hatte, kreisten meine Gedanken nur noch darum, mich an dir zu rächen. Rache zu üben wurde mein Lebensinhalt. Da ist noch mehr … «, röchelte er. »So viel mehr … «
    Mit geballten Fäusten sah Chac regungslos mit an, wie Balám starb.
    Und dann brach Dunkelheit über sie herein.
    Es wurde schwarze Nacht, als die gigantische vulkanische Wolke sich zu Boden senkte und alles in Rauch und beißenden Gestank hüllte. Vögel fielen vom Himmel, prallten dumpf auf dem Untergrund auf. Es regnete Schlacke und Bimsstein. Atmen wurde zur Qual. Asche senkte sich auf Köpfe und Schultern. Bäume fingen Feuer, Flammen schlugen hoch.
    Chacs Augen tränten, seine Lungen brannten. »Tonina!«, schrie er und taumelte los.
    Er fand sie inmitten von anderen. Sie beatmete das Kind von Mund zu Mund, wie sie es bei Chac im Kalksandsteinschacht in Chichén Itzá getan hatte. »Wir müssen hier weg!«, keuchte sie.
    Chac schaute sich nach allen Seiten um, konnte aber nichts als schwarzen Rauch erkennen. Wohin fliehen?
    Unvermittelt tauchte Häuptling Martok aus den dunklen Schwaden auf, begleitet von einem Schwarm Krieger. »Mir nach!«, dröhnte er. »Ich zeige euch den Weg!«
    Wieder grollte der Untergrund, Menschen schrien auf, weitere Felsbrocken und Vögel stürzten vom Himmel.
    Chac spähte noch einmal durch den beißenden Rauch. Sie waren völlig davon eingeschlossen, atmeten tödliche Gase ein, ihre Augen und Kehlen brannten. Wusste Martok den richtigen Weg? Der Berg rumorte weiterhin, spie Rauch und Asche und Gas. Würde sich wie in längst vergangenen Zeiten auch diesmal ein Lavastrom zu Tale wälzen? Wenn ja, dann mussten sie weg vom Popocatépetl.
    Chac legte den Arm um Tonina, die den in Chacs Baumwollumhang gehüllten kleinen Tenoch fest an sich drückte. Als sie sich aufmachten, Martok zu folgen, hatte Chac schon bald das Gefühl, dass der eingeschlagene Weg nicht der richtige war.
    Er blieb stehen und schaute sich noch einmal um. Er sah, wie ein Mann mit blutüberströmtem Gesicht an ihm vorbeihastete. Da, plötzlich ging ein großer Vogel im Sturzflug knapp neben Tonina nieder.
    Es war ein Adler.
    Wie war das möglich, dachte Chac. Wie kam es, dass dieser Adler unverletzt blieb, andere Vögel hingegen tot vom Himmel fielen? Mit einem Mal wusste Tonina, was hier geschah.
    Ihr Traum, damals in Mayapán. In dem Tapferer Adler gesagt hatte: »Wenn du in höchster Not bist, werde ich da sein.«
    »Wartet!«, rief sie Martok zu. »Nicht diesen Weg! Sondern den hier! Folgt dem Adler!«
    Der Vogel flog im Tiefflug voraus, beschrieb Kreise, wenn nicht alle rasch genug vorankamen, vergewisserte sich, dass sie folgten – in der entgegengesetzten Richtung wie die, die Martok ihnen hatte weisen wollen.
    Nachdem sie eine kurze Strecke zurückgelegt hatten, hieß Chac Tonina weitergehen. Er selbst musste versuchen, den anderen diesen Weg zu zeigen. Erneut verschwand er in der vulkanischen Wolke.

70
    Als sie schließlich aus der dichten Wolke taumelten, schauten sich die verletzten und blutenden Überlebenden um. Was sie sahen, war eine mit leblosen Körpern bedeckte Ebene, einige davon tot, andere nur bewusstlos vom Rauch und den Gasschwaden. Toninas prophetische Vision hatte sich erfüllt.
    Wo aber war dann ihr Vater?
    Martok hieß die Gruppe einen Halt einlegen, damit sie sich ausruhen konnte und Nachzügler, von denen viele aneinandergeklammert und hustend aus den Rauchschwaden auftauchten, dazustoßen konnten. Über ihnen zog der Adler weiterhin seine Kreise.
    Ixchel half zunächst Tonina, das Kind zu versorgen, dann überzeugte sie sich, dass H’meen
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