Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge
Autoren: Phillip K. Dick
Vom Netzwerk:
Hals durchgeschnitten.«
    »Das ist einmal etwas Besonderes«, meinte Hawthorne. »Wenn einem ein Mädchen, das man noch nie zuvor im Leben gesehen hat, so etwas sagt.«
    »Glauben Sie mir nicht?«
    Er nickte. »Doch, sicher.« Er lächelte irgendwie scheu. Offenbar kam er überhaupt nicht auf die Idee, ihr nicht zu glauben. »Danke«, sagte er.
    »Bitte, verbergen Sie sich vor ihnen«, sagte sie.
    »Nun«, sagte er, »Sie wissen ja, daß wir das versucht haben. Sie haben das auch auf dem Schutzumschlag des Buches gelesen… das mit den Waffen und dem Stacheldraht. Und wir ließen es so schreiben, damit es so aussehen sollte, als seien wir immer noch sehr vorsichtig.«
    Seine Stimme klang müde.
    »Du könntest wenigstens eine Waffe tragen«, sagte seine Frau. »Ich weiß, daß du eines Tages jemanden hier einladen wirst, der dich niederschießen wird, irgendein Naziexperte, der sich an dir rächt; und du wirst genauso philosophisch daherreden wie jetzt. Ich sehe es kommen.«
    »Wenn die einen wollen, erwischen sie ihn immer«, sagte Hawthorne. »Ob nun Stacheldraht ums Haus ist oder nicht.«
    So fatalistisch, dachte Juliana. In deine eigene Vernichtung ergeben. Weißt du das auch, ebenso wie du die Welt in deinem Buch gekannt hast?
    »Das Orakel hat Ihr Buch geschrieben. Oder nicht?« fragte Juliana.
    »Wollen Sie die Wahrheit hören?«
    »Natürlich will ich das, und ich habe ein Recht darauf«, antwortete sie. »Für das, was ich getan habe. Stimmt das nicht? Sie wissen doch, daß es so ist.«
    »Das Orakel hat die ganze Zeit tief geschlafen, während ich das Buch schrieb«, sagte Abendsen. »In der Ecke meines Büros.« Seine Augen zeigten keine Spur von Heiterkeit; sein Gesicht schien eher länger geworden zu sein, ernster.
    »Sag es ihr«, sagte Caroline. »Sie hat recht. Für das, was sie deinetwegen getan hat, hat sie ein Recht, es zu wissen.« Und zu Juliana gewandt: »Dann werde ich es Ihnen sagen, Mrs. Frink. Hawth hat eine Wahl nach der anderen getroffen. Tausende. Mit Hilfe von Linien. Historische Periode. Gegenstand. Personen. Es hat Jahre gedauert. Hawth hat sogar das Orakel gefragt, ob es möglich sein würde. Und das Orakel sagte ihm, daß es ein riesiger Erfolg sein würde, der erste wahre Erfolg seiner Laufbahn. Sie haben recht gehabt. Sie müssen selbst das Orakel oft befragen, um es bemerkt zu haben.«
    »Ich frage mich, warum das Orakel einen Roman schreiben sollte«, sagte Juliana. »Haben Sie je daran gedacht, es zu fragen? Und warum gerade einen, in dem die Deutschen und die Japaner den Krieg verlieren? Warum gerade dieses Thema und nicht ein anderes? Was gibt es dort, das es nicht direkt sagen kann, wie sonst immer? Hier muß es doch um etwas anderes gehen, glauben Sie nicht?«
    Weder Hawthorne noch Caroline gaben Antwort.
    »Das Orakel und ich«, sagte Hawthorne nach einer Weile, »wir haben vor langer Zeit ein Abkommen über die Lizenzeinnahmen geschlossen. Wenn ich ihm die Frage stelle, warum es Die Heuschrecke schrieb, muß ich ihm meinen Anteil abliefern. Mit Ihrer Frage implizieren Sie, daß ich nichts anderes getan habe, als auf der Maschine getippt. Und das ist weder richtig, noch anständig.«
    »Ich kann es ja fragen«, sagte Caroline, »wenn du nicht willst.«
    »Dir steht diese Frage nicht zu«, meinte Hawthorne. »Laß sie doch fragen.« Und zu Juliana gewandt: »Sie haben einen unnatürlichen Geist. Wissen Sie das?«
    »Wo ist Ihre Kopie?« fragte Juliana. »Meine ist in meinem Wagen im Hotel. Ich hole sie, wenn Sie mir nicht die Ihre leihen.«
    Hawthorne wandte sich um und ging weg. Sie und Caroline folgten ihm durch das Zimmer voller Leute zu einer verschlossenen Tür. An der Tür ließ er sie stehen. Als er wieder herauskam, sahen alle die beiden schwarzen Bände.
    »Ich mag die Halme nicht«, sagte er zu Juliana. »Ich kann mich nicht daran gewöhnen. Sie fallen mir immer herunter.«
    Juliana nahm an einem Kaffeetisch in der Ecke Platz. »Ich brauche Papier zum Schreiben und einen Bleistift.«
    Einer der Gäste brachte es ihr. Die Leute im Zimmer bildeten einen Ring um sie und die Abendsens, hörten zu, beobachteten sie.
    »Sie können die Frage laut aussprechen«, sagte Hawthorne. »Wir haben hier keine Geheimnisse.«
    Und Juliana sagte: »Orakel, warum hast du Schwer liegt die Heuschrecke geschrieben? Was sollen wir lernen?«
    »Sie haben Ihre Frage ganz besonders abergläubisch formuliert«, sagte Hawthorne. Aber er kauerte doch neben ihr, um ihr beim Werfen der Münzen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher