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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd
Autoren: Stephen Fry
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heroische Tat verdient, wurdeeinem ein Handkantenschlag aus Edelstahl übergebraten und noch ein verächtliches Lachen zuteil. Warum der Gesichtsausdruck meiner wiedergefundenen Patentochter mich an die Atmosphäre jener garstigen und wenig vermißten Zeiten erinnern sollte, wußte ich nicht. Frauen brauchen seit dreißig Jahren nicht mehr so verletzlich und schuldbewußt dreinzuschauen, das ist längst Männersache. Ich räusperte mich. »Welche Gedichte?«
    »Hm?«
    »Im Lesebuch. Welche?«
    »Äh, wart mal.
Der Historiker
und
Bei Betrachten des Gesichts von W. H. Auden

    »Ja logisch. Verdammt logisch. Die einzigen, die es je in die Anthologien schafften. Cleverer Schrott.«
    »Findest du?«
    »Natürlich nicht, aber du erwartest doch, daß ich das sage.«
    Sie bedachte mich mit einem traurigen Lächeln.
    »Noch mal dasselbe, Roddy.« Ich klopfte auf den Tresen.
    »Ich lese oft deine Theaterkritiken«, versuchte sie, da sie merkte, daß das Lächeln etwas zu offensichtlich mitleidsvoll gewesen war.
    »Na, ab jetzt nicht mehr.«
    Ich erzählte ihr, daß ich gefeuert worden war.
    »Oh«, sagte sie, und dann: »oh!«
    »Nicht daß mich das kratzt«, versicherte ich ihr, auf eine Weise, die kein Beileid erlaubte. Ich ließ meine Ansichten über den gegenwärtigen Stand des britischen Theaters von der Leine, aber sie hörte gar nicht zu.
    »Dann hast du also Zeit?« sagte sie, als ich fertig war.
    »Na ja – … da bin ich mir nicht sicher. Ich hab eine mehr oder minder offene Einladung, die Restaurantkritiken in der ›Metro‹ …«
    »Ich bin keine Schriftstellerin, weißt du, und kenne mich nicht gut genug aus …«
    »… außerdem ist immer Platz für noch ein endgültiges Buch über die zornigen jungen Männer …«
    »… du gehörst schließlich so gut wie zur Familie …«
    »… Ich hielt inne. In ihren Augen sammelten sich Tränen.
    »Was ist denn, meine Liebe?«
    »Paß auf, was hältst du davon, wenn du mit zu mir nach Haus kommst?«
    Im Cab ging sie auf nichts ein, was sie beunruhigte. Sie skizzierte eine kurze Autobiografie, genug, um mir zu zeigen, daß sie nicht so intelligent oder hübsch oder trendy oder interessant war, wie sie an der Bar gewirkt hatte. Aber das ist schließlich keiner, weshalb es immer gut ist, sich seinen Vorrat an Whisky und Kosmetika zu sichern.
    Vor fünf Jahren hatte sie als kaum Einundzwanzigjährige einen Mann geheiratet, Swann, der eine Gemäldegalerie führte. Keine Kinder. Swann war momentan in Zürich und teilte seinen Futon mit einem Schweizer Mädchen, das heruntergekommen und stark genug gebaut war (wenn man Janes gehässigem Tratschen Glauben schenken durfte), um Gefallen an seinen Blutergüsse hervorrufenden Schlafzimmergewohnheiten zu finden. Janes Vater Patrick hatte der Herr vor gut sechs Lenzen zu sich genommen, wovon ich, bei näherer Überlegung, auch gehört hatte, und Rebecca, die Mutter, streunte immer noch zwischen Kensington und Brompton Road herum und mimte die Geistesringerin. Rebeccas anderes Kind, Janes Bruder Conrad, den ich als ziemlichen Scheißer in Erinnerung habe, war bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Anscheinend breit wie ’ne Schrankwand. Besser so. Es gibt keine Entschuldigung dafür, einen Wagen nüchtern zu Schrott zu fahren.
    Rebecca ist eine der wenigen Frauen, denen ich je begegnetbin, die … also, es ist eine Tatsache, daß Frauen keinen Spaß am Sex haben. Sie bestreiten das inzwischen mit nahezu religiöser Inbrunst, es bleibt nichtsdestotrotz eine Tatsache. Frauen finden sich mit Sex als dem Preis ab, den sie für einen Mann zu zahlen haben, um Teil dessen zu werden, was sie so gern eine »Beziehung« nennen, aber sie kommen ohne aus. Ihnen fehlt einfach der Hunger, sie spüren nicht diesen ständig stechenden, magenumdrehenden Hunger, der uns foltert. Das Blöde ist, wann immer ich das sage, werde ich als Frauenhasser beschimpft. Für einen Mann, der sein gesamtes Leben damit zugebracht hat, an Frauen zu denken und von ihnen zu träumen, ihnen hinterherzudackeln wie ein Welpe, der seinem Herrchen gefallen will, der seine gesamte Existenz danach ausgerichtet hat, mehr Kontakt mit ihnen zu bekommen, und der sein Leben und Streben einzig und allein nach seiner Fähigkeit beurteilt, sie anzulocken und ihn begehren zu lassen, für den ist es ganz schön hart, der Abneigung gegen dieses Geschlecht bezichtigt zu werden. Alles, was ich fühle, ist tiefe Anbetung, Liebe und Minderwertigkeit, gemischt mit einer
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