Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Autoren: Catherine Robertson
Vom Netzwerk:
würde irgendwo im Norden Kunst unterrichten?«
    » Das ist Jenepher, meine jüngere Schwester. Aber es gibt noch eine zwischen ihr und mir. Aishe.«
    Darrell runzelte die Stirn. » Wieso hast du die noch nie erwähnt?«
    » Ich hab sie nur zweimal in den letzten…« Anselo rechnete schnell nach, » wow! Nur zweimal in den letzten sechzehn Jahren gesehen.«
    » Das schwarze Schaf der Familie?«, erkundigte sich Mo.
    Anselo verzog das Gesicht. » Nein, sie wollte unbedingt weg. So schnell wie möglich. Sie ist mit siebzehn abgehauen.«
    » Nach San Francisco?«
    » Nein, nach Europa. Sie jobbte fast zwei Jahre herum. In Deutschland hat sie sich dann einer norwegischen Death-Metal-Band angeschlossen, die gerade auf Tournee war. Wurde vom Schlagzeuger schwanger. Verschwand wieder und bekam das Baby in einem Backpacker-Hotel in Bratislava.«
    » Meine Güte!«, sagte Darrell. » Ist sie irre?«
    » Ich persönlich schließe diese Frau langsam ins Herz«, sagte Mo. » Und wohin sind sie und das skandinavische Baby nach Bratislava gegangen?«
    » Nach Jamaika.«
    » Natürlich.«
    » Wo sie den Besitzer einer Imbisskette aus Louisiana namens Frank Lewis kennenlernte. Der Typ hieß so, nicht die Kette. Er war schwarz und wog über hundert Kilo. Ich hab mal ein Foto gesehen. Sie haben in New Orleans geheiratet, und nicht mal zwei Jahre später war er tot.«
    » Lass mich raten. Herzinfarkt? Sorry, Darrell.«
    » Hätte ich auch geraten. Stimmt es?«, fragte Darrell Anselo.
    » Nein. In einer Bar an einer Erdnuss erstickt. Er hat sie hochgeworfen, wollte sie mit dem Mund auffangen und bekam sie in die Luftröhre. Er war zu fett, als dass irgendwer den Heimlich-Griff hätte bei ihm durchführen können.«
    » Das ist ja schrecklich«, sagte Mo. » Aber irgendwie auch komisch. Ach, jetzt guckt doch nicht so! Ein bisschen witzig ist es schon. Gebt’s zu.«
    » Mein Onkel hat Aishe direkt nach Franks Tod getroffen und meint, dass sie ihn wirklich geliebt hat«, sagte Anselo.
    » Okay, schon gut«, seufzte Mo. » Ich bin ein Trampeltier. Red weiter. So kam deine Schwester also an eine Greencard? Durch die Heirat mit einem Yankee namens Frank?«
    » Sieht so aus.«
    » Und sie ist in San Francisco?«
    » In Marin County. Auf der anderen Seite der Golden Gate Bridge. Ist vor etwa zehn Jahren dorthin gezogen. Wir hätten nie gedacht, dass sie so lange dort bleiben würde, weil sie es früher nie länger als ein paar Monate an einem Ort aushielt. Ich schätze, sie wollte ihrem Sohn ein stabiles Umfeld zum Aufwachsen bieten, obwohl Aishe nie viel auf Stabilität zu geben schien.« Er fügte hinzu: » Wenn ich’s mir genau überlege, müsste ihr Sohn mittlerweile fast erwachsen sein. Er dürfte… wartet mal…« Noch einmal rechnete Anselo nach. » Etwa vierzehn sein.«
    » Wie heißt er denn?«, fragte Darrell.
    » Gulliver.«
    » Wie Gullivers Reisen? Sehr passend.«
    » Nein, eher wie Mach nie etwas, das auch nur im Entferntesten konventionell oder unkompliziert ist«, erklärte Anselo düster.
    Darrell und Mo tauschten einen Blick über den Bildschirm.
    » Deine Schwester ist eine Rebellin«, sagte Mo. » Ein Meuterer auf dem schönen Schiff Establishment.«
    Anselo schüttelte den Kopf. » Aishe braucht keinen Grund, um wütend zu werden. Sie muss nicht mal provoziert werden. Selbst in einem Schweigeorden würde sie Streit anfangen.«
    » Großartig!«, erwiderte Mo. » Wie lautet ihre Telefonnummer?«

3
    » Gulliver Herne-Lewis«, schrie Aishe die Treppe hinauf. » Wenn du nicht auf der Stelle diesen Stapel T-Shirts holst, den ich für dich gewaschen, getrocknet und gefaltet habe, dann bring ich sie in den Garten, schmeiß sie auf einen Haufen und zünde sie an! Und dann komm ich zu eurer nächsten Bandprobe, und zwar splitterfasernackt, meinen Körper nur beschmiert mit der Asche deiner verbrannten T-Shirts! Comprende?«
    Zur Antwort bekam Aishe nur einen gedämpften Laut, der ein Wort gewesen sein mochte oder auch nicht.
    » Mr. Klugscheißer-Bleichgesicht wird hier in spätestens fünf Minuten auftauchen! Bis dahin bleiben deine T-Shirts noch unverbrannt. Klar?«
    Diesmal kam überhaupt keine Reaktion. Mit einiger Mühe bezwang Aishe ihren Drang, nach oben zu rennen, die Zimmertür ihres Sohnes aufzureißen und ihm eine Kopfnuss zu verpassen. Sie fragte sich, wieso er sie so auf die Palme brachte. Lag es an seiner Totalverweigerung gegenüber jedweder Anstrengung? Früher war Gulliver immer ein so hilfsbereiter Junge
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher