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Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Autoren: Catherine Robertson
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guten alten Job!«
    » Ist er eine Verbesserung? Geld- und karrieremäßig?«
    » Er braucht keine Verbesserung! Uns geht’s hier mehr als gut.«
    Darrell wusste, dass das stimmte. Sie und Mo waren seit der Schulzeit beste Freundinnen, und obwohl Tausende von Meilen zwischen ihnen lagen, mailten oder telefonierten sie fast wöchentlich. Da Mo Darrell keinerlei Einzelheit aus ihrem Leben ersparte, hatte sie nicht nur Fotos von Mos Haus gesehen, sondern wusste wahrscheinlich mehr darüber als Mos unmittelbare Nachbarn. Es stand in einem Reichenviertel von Charlotte, das Elizabeth hieß. Obwohl es nur zehn Minuten Fahrt von der Innenstadt entfernt lag, war die Gegend grün und die Straßen dank der Straßenbahnen, die hier früher einmal gefahren waren, breit. Die Häuser waren riesig und meist viktorianisch. Mos war außen weiß und blau und innen holzgetäfelt. Es hatte eine riesige Veranda, die ums gesamte Haus herumging, auf der an zahlreichen schönen Wochenenden die ganze Familie saß und anderen Familien, die auf dem Weg zum Park waren, fröhliche Grüße zurief. Darrell und Mo waren in Neuseeland aufgewachsen, genauer gesagt in einem konservativen Vorort von Wellington, wo in guter alter angelsächsischer Tradition, das Auf-der-Veranda-Sitzen als slumig galt. Im Freien sitzen durfte man nur hinten im Garten, unter einer Pergola. Der gesellschaftlich einzig akzeptable Grund, sich im Vorgarten aufzuhalten, war die Hecke zu schneiden. Diese Tätigkeit war mit von den Nachbarn abgewandtem Blick durchzuführen, wollte man nicht in Verdacht geraten zu spionieren (was natürlich der Fall war, es gab jedoch keine Veranlassung, dies allzu offensichtlich werden zu lassen).
    Darrell wusste, dass Mo ihr Wohnviertel liebte. Gemeinsam mit Müttern aus der Nachbarschaft hatte sie eine Spielgruppe für ihre Kinder gegründet. Sie liebte den Park, der einer der ältesten von Charlotte war, wo sie im Sommer das Feuerwerk zum Unabhängigkeitstag ansahen und im Winter mit Harry Schlitten fahren gingen. Über den Baumwipfeln sah man die Wolkenkratzer der Innenstadt.
    Obwohl Charlotte nicht mal zwei Millionen Einwohner hatte, war es nach New York Amerikas zweitwichtigstes Finanzzentrum. Viele Banken und Unternehmen hatten hier ihren Hauptsitz. Chad arbeitete für eine Bank. Darrell wusste zwar nicht, was er genau machte, aber was auch immer es war: Sein Vater Lowell hatte es ebenfalls gemacht und damit ein Vermögen verdient. Wenn man dieses zum Erbe seiner Bostoner Familie mütterlicherseits hinzuaddierte und dazu noch den Grundbesitz seiner Frau in Maine, war klar, dass Lowell Lawrence wirklich ziemlich wohlhabend war. Darrell wusste auch, dass Chad zwar gut verdiente, er und Mo aber nur in ihrer riesigen viktorianischen Stadtvilla wohnen konnten, weil Lowell die Hälfte des Kaufpreises übernommen hatte. Er bezeichnete es zwar als Darlehen, aber alle wussten, dass das leeres Gerede war. Es war ein Geschenk für sein einziges Kind und in gewisser Hinsicht auch für seine Frau, weil auf diese Weise die Enkel der Familie Lawrence nur wenige Minuten entfernt von Lowells und Virginias noch größerem Haus in Myers Park aufwachsen konnten. Und nicht in irgendeinem Farmhaus am hintersten Ende von Mecklenburg County oder gar in einem von Charlottes ethnisch gemischten Künstlervierteln.
    Nachdem sich Mo in einer ganzen Reihe E-Mails (teilweise durchgängig in expressiven Kapitälchen) Luft darüber verschafft hatte, akzeptierte sie jetzt Darrells Eindruck nach, dass das Haus eben seinen Preis hatte. Allerdings war sie entschlossen, weitere Verpflichtungen gegenüber der Familie zu unterbinden. Sie hatte Darrell erzählt, sie habe Virginias Angebot zurückgewiesen, ein Kindermädchen zu bezahlen, und ihr erklärt, sie wolle nicht mit fünfzig aufwachen und feststellen, dass sie ihre einzige Chance verpasst hatte, zum Leben ihrer Kinder zu gehören.
    » Aber ich gehöre doch auch noch zu Chads Leben!«, hatte Virginia protestiert.
    » Aber ich möchte dazugehören, solange sie mich noch wollen«, war Mos Antwort gewesen, worauf zwei Wochen frostiges Schweigen folgten.
    Darrell erinnerte sich noch, wie Mo sechs Jahre zuvor aus London nach Charlotte gekommen war, um als Juristin in einer Firma zu arbeiten. In Neuseeland hatte sie einen erstklassigen Abschluss in Jura gemacht und ein ausgezeichnetes Zeugnis ihres ersten Arbeitgebers bekommen, sodass sie mit sechsundzwanzig einen hochdotierten Job in London ergatterte. Darrell zweifelte nicht
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