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Das Nazaret-Projekt

Das Nazaret-Projekt

Titel: Das Nazaret-Projekt
Autoren: Heinrich Hanf
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Täglich kamen Hunderte von Anrufen für ihn, die für gewöhnlich im engmaschigen Netz der Zensur und Auslese seines Büros hängen blieben.
    »Ja, hier Suntide!«
    »Bruder Suntide, es ist der Wille Gottes, der uns gerade jetzt auf wunderbare Weise zusammenführt. Mein Name ist Nathan Brock. Bruder Nathan Brock.«
    »Nathan Brock – von Planet-News-Media, DER Nathan Brock etwa?«
    »Ganz richtig, der bin ich.«
    Dieser fast schon legendäre und undurchschaubare Mann besaß zwar mehr Macht als so mancher Staatenlenker, aber Telly gedachte keineswegs, deshalb auf den Knien mit ihm zu telefonieren. Er erhob sich und schritt ganz langsam die Kreuzwegstationen an der Wand seiner Kapelle entlang.
    »Nun, Mister, äh, Bruder Brock, was verschafft mir die unerwartete Ehre? Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
    Telly hörte seinen Gesprächspartner kurz auflachen.
    »Oh ja Bruder, Sie können sogar etwas sehr Wichtiges tun, allerdings nicht für mich, sondern für Gott und das Heil der Menschheit!«
    Suntide war ziemlich verblüfft. Was war denn das für eine schräge Nummer? So würde einer wie Brock doch niemals daher reden, ein hartgesottener Wirtschaftstycoon! Plötzlich konnte er sich dunkel daran erinnern, dass Nathan Brock, der undurchschaubare und medienscheue Multimilliardär, als leicht verschroben und strenggläubig im orthodoxen Sinne galt, zumindest wurde das gelegentlich in der Boulevard-Presse kolportiert.
    »Und was sollte das Ihrer Meinung nach sein, Mister Brock? Ich bin nur ein unbedeutender Sonntagsprediger, wie Sie sicherlich wissen!«
    »Gott hat mir in einer Vision eine titanische Aufgabe gestellt und mir gezeigt, dass Sie darin eine bedeutende Rolle spielen werden. Er hat Sie darin zum alleinigen Propheten seiner baldigen Wiederkunft und zum Verkünder der Wahrheit bestimmt! Sind Sie Willens, Bruder Suntide, diese Bürde auf sich zu nehmen? Lassen Sie sich ruhig Zeit mit Ihrer Antwort, aber bedenken Sie bitte, wie schicksalhaft Ihre Entscheidung für die gesamte Menschheit sein könnte. Oder sagen wir besser, für einen großen Teil der Menschheit, denn viele werden bald der ewigen Verdammnis anheim fallen!«
    Telly Suntide legte buchstäblich erst einmal die Ohren an und sein Herz tat einen gewaltigen Sprung. Ihm war sofort klar, dass Brock die treibende Kraft hinter dem Diebstahl der Reliquie in Turin gewesen sein musste. Erst dann kam ihm der Gedanke, dass er in einer kleinen Zwickmühle saß. War das nun endlich jene heiß erflehte, göttliche Erhöhung oder nur einer der übelsten Scherze unter der Sonne dieses Planetensystems? Eine grobe Verunglimpfung seiner heiligsten Wünsche und Sehnsüchte?
    Aber seine Ambitionen waren immer eine Sache ganz allein zwischen ihm und dem Allmächtigen gewesen!
    Es konnte sich folglich nur um Eines handeln: Jenen schicksalhaften Augenblick der freien Willensentscheidung, durch den Gott ihn endlich zu adeln gedachte! Eine Idee – wie eine Nebelkerze, die sofort alle restlichen Gedanken verschleierte und dann unsichtbar machte. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte es Telly derart die Sprache verschlagen, dass er unfähig war, auch nur ›okay‹ zu sagen!
    »Sagen Sie am Besten jetzt gar nichts, mein lieber Bruder Suntide. Ich lade Sie ein, mich umgehend zu besuchen. Sie werden sich selbst von der Wahrheit und der immensen Wichtigkeit Ihrer Mission überzeugen können. Gottes Wort ist wieder im Begriffe Fleisch zu werden und Sie und ich werden Zeuge und Wegbereiter dafür sein. Folgen Sie meiner Einladung und ich bin sicher, dass Sie anschließend unser Mann sind. Gott selbst wird Sie überzeugen, denn er hat Sie in meinen Träumen zu seinem Propheten auserwählt!«
    »Also, einen Moment mal«, krächzte Telly. »Sie möchten, dass ich Sie besuchen komme und das auch noch möglichst sofort! Wer sagt mir denn erstens, dass dies kein übler Scherz ist und zweitens, wo sollte ich Sie überhaupt treffen? Etwa hier in Los Angeles?«
    Wieder lachte der Anrufer mit der tiefen Stimme. »Aber nein, L.A. wäre sicher nicht der richtige Ort für ein derart bedeutungsvolles Treffen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie nehmen sich zwei Tage Zeit und ich nehme mir die Freiheit, für alles Weitere zu sorgen, also für reibungslosen Transport, angemessene Unterbringung und alles, was Ihr Herz auf Reisen sonst noch begehrt – auf meine Kosten, das versteht sich von selbst. Allerdings gibt es eine wichtige Bedingung: Sie dürfen nur alleine reisen. Sie müssten auf eigene
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