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Das Nazaret-Projekt

Das Nazaret-Projekt

Titel: Das Nazaret-Projekt
Autoren: Heinrich Hanf
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hundert Metern Durchmesser mit unvorstellbarer Gewalt aus dem Inneren des Planeten durch die Erdkruste gerammt, so hoben sich beinahe wie in Zeitlupe große Teile des Tempelberges und zerbrachen dabei in eine Vielzahl von Schollen, die an die Bestandteile eines Puzzles erinnerten und Stücke von geborstenen Häusern, Mauern, Straßen sowie Menschen, Tiere und Automobile auf ihrem Rücken mit sich nahmen. Aus den Spalten und Rissen zwischen den gezackten Bruchstücken sprang gleichzeitig ein Licht von ungeheurer Helligkeit und Intensität hervor, als würde die Sonne im Inneren des Tempelberges aufgehen.
    Wie kreisförmig sich ausbreitende Wellen in einem Tümpel, in den ein Stein gefallen war, so riffelte sich der Erdboden mit verblüffender Geschwindigkeit in weitem Umkreis um den heiligen Berg und brachte alle Bauwerke in Jerusalem ins Wanken.
    Dann stieg eine viele hunderttausend Grad heiße, grellweiß strahlende Plasmasäule über dem Tempelgelände auf, deren Emanation in Bruchteilen von Sekunden beinahe alles organische Leben im Umkreis von fünfhundert Metern zu weißer Asche verbrannte und Steine und Felsblöcke in flüssige Lava zu verwandeln begann.
    Genau in diesem Augenblick, als zusätzlich eine enorme Luftdruck- und Schallwelle einsetzte, die wohl die umliegende Stadt in eine rauchende Trümmerlandschaft verwandelt hätte, kam der ganze Prozess dieses Ausbruchs elementarer Urkräfte plötzlich wie schockgefroren zu einem Stillstand, geradeso, als hätte jemand abrupt ein Videoband angehalten und eine Momentaufnahme des Desasters als Standbild ohne Ton auf einem Monitor hinterlassen. Ein wahres Stillleben pervertierter Naturgesetze in Farbe und Originalgröße.
    Über die Altstadt und den Tempelberg wölbte sich eine irisierende und gleichzeitig hochtransparente, halbkugelförmige Sphäre, die alle Gewalt und Zerstörung im Augenblick ihrer höchsten Entfaltung wie in Glas gegossen für ewig in Unbeweglichkeit und Stille fixierte, eingeschlossen wie ein fossiles Insekt in einem Tropfen Bernstein.
    Spätere wissenschaftliche und technische Untersuchungen ergaben keinerlei Anhaltspunkte über die Natur dieses absurden Phänomens. Die Oberfläche der Kugelsphäre fühlte sich makellos glatt und kühl an und absorbierte jegliche Form von Energie ohne erkennbare Reaktion. Sie gab keine messbare Strahlung ab und erwies sich als völlig resistent gegen jede Art von Säure und chemischen Lösungsmitteln. Es gab kein Werkzeug, mit dem sich die schillernde Oberfläche auch noch so geringfügig hätte ritzen lassen. Die rätselhafte Substanz, aus der die Sphäre zu bestehen schien, entzog sich hartnäckig weiterhin jeder Untersuchung oder Definition.
    Die einzig halbwegs plausiblen Theorien wurden von Teilchenphysikern und Mathematikern geliefert, indem sie die Kugel wahlweise entweder zur langgesuchten Antimaterie erklärten oder auch zu einem Stasisfeld, das außerhalb der Zeit vollständig in der Ewigkeit existierte.
    Tatsache jedoch ist, dass es bis dahin noch niemals auf der ganzen Welt ein Mahnmal von solch unzerstörbarer Dauerhaftigkeit, Größenordnung und grausamer Eindringlichkeit gegeben hatte, welches einen so eindeutigen und beschämenden Beweis für den unnatürlichen geistigen Zustand des größten Teils der menschlichen Rasse hätte liefern können.

    ENDE
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