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Das Nazaret-Projekt

Das Nazaret-Projekt

Titel: Das Nazaret-Projekt
Autoren: Heinrich Hanf
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beiden ein immenser Druck- und Schmerzimpuls durch den Schädel, gleichzeitig ertönte ein lautes Knacken aus dem Lautsprecher des Funkgerätes. Dann erscholl die eigentümlich verzerrte Stimme des Imam Zenghi und hallte durch das staubige, düstere Kellergewölbe.
    »Hamid! Rashid! Ihr von Gott Gesegneten! Ich spreche nun mit Stolz ein letztes Mal zu euch, und ich spreche mit der Stimme eures Volkes und der Stimme eurer Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt, deren Augen und Hoffnung nun allein auf euch gerichtet sind. Im Namen Allahs des Allmächtigen und Allerhöchsten fordere ich euch nun auf: Erhebt euch und handelt ohne zu zögern wie euch befohlen wurde! Gott ist groß!«
    »ALLAH-HU-AKHBAR!«, brüllten die beiden schweißüberströmten Gotteskrieger und erhoben sich taumelnd auf ihre Füße. Hamid riss mit flatternden Augenlidern das Metallkästchen an sich und schlug blitzschnell mit der linken Faust auf den blinkenden Knopf, auf den in feinster, arabischer Kalligraphie das Symbol für ›Die Rache Allahs‹ aufleuchtete.

    *

    Hieronymus Meyrink kehrte just in dem Moment mit zwei Kaffeebechern zu Telly in das Abteil zurück, als der Europa-Express die deutsche Grenze passierte. Schweigend schlürften beide eine ganze Weile nur ihren Kaffee und sahen aus dem Fenster hinaus auf dicht bebautes und besiedeltes Land. Nach geraumer Zeit ergriff Hieronymus das Wort.
    »Nun, verehrter Reverend Suntide. Wenn es Dir tatsächlich ernst ist mit dem, was Du zuletzt zu mir gesagt hast, dann bin ich natürlich bereit, intensiv mit Dir zu arbeiten! Das wird allerdings kein Zuckerschlecken für Dich, das kann ich Dir jetzt schon versprechen. Voraussetzung und Bedingung wäre allerdings, dass Du Dich von fast Allem trennst, was Dich mit Deinem vorherigen Leben verbindet oder womit Du Dich identifiziert hast! Ich meine damit nicht unbedingt Dein vieles Geld, das kannst Du meinetwegen gerne behalten, denn ich weiß, dass Dir Reichtum alleine im Grunde nicht so sehr viel bedeutet! Du musst all Deine Aktivitäten und Funktionen als Priester, Prediger, Heiliger, Guru und Logenmeister vollständig aufgeben und Dich restlos von diesen wertlosen Ideen befreien! Wer fliegen will, der muss erst die Leinen losmachen und wer nicht in den Baumwipfeln landen will, der muss rechtzeitig Ballast abwerfen, wie Dir jeder Ballonfahrer erzählen wird!
    Die zweite Bedingung ist selbstverständlich, dass Du für unbestimmte Zeit nach Europa kommen musst, um ständig in meiner Nähe sein zu können. Das ist in der Anfangsphase der Arbeit unerlässlich! Wir werden so lange im selben Haus wohnen und die selbe Luft atmen, bis Du absolut verstanden hast, dass Du nichts weißt und von Dir aus nicht das Geringste tun kannst. Erst wenn Du zweifelsfrei erkannt hast, dass es ›DICH‹ gar nicht wirklich gibt, wirst Du anfangen können zu lernen und nach und nach die innere Bedeutung von Demut, Dankbarkeit und Liebe verstehen! Da hast Du übrigens schon wieder eine gute Antwort auf Deine letzte Frage, nicht wahr?«
    Telly schloss die Augen und erforschte noch einmal sein Innerstes. Er konnte keinerlei Reue entdecken bei der Vorstellung, sein bisheriges Leben aufzugeben und völlig loszulassen.
    »Ich danke Dir für Dein großzügiges Angebot«, sagte er dann bescheiden. »Ich werde es mit Freuden annehmen und alle Bedingungen und Konsequenzen akzeptieren. Sobald ich wieder in Los Angeles bin, werde ich alle materiellen Belange regeln und von allen Funktionen, wie Du sagst, zurücktreten. Wenn ich dann vogelfrei bin, nehme ich das nächstbeste Flugzeug, um als einer Deiner Schüler zurückzukehren!«
    Als der Expresszug kurz darauf im neuen Berliner Zentralbahnhof einlief, ergriff Hieronymus noch einmal mit gewohnt schelmischem Blick das Wort: »In wenigen Minuten wird uns ein lieber, alter Freund von mir am Bahnsteig erwarten, dessen Gast ich für einige Tage sein werde. Ich bleibe also in der Stadt, aber wir werden Dich gemeinsam gleich weiter zum Flughafen bringen, was vermutlich ganz in Deinem Sinne ist. Er wird außerdem in meinem Auftrag ein Geschenk für Dich mitbringen, das Dir vielleicht über die Schwierigkeiten der nächsten Wochen ein wenig hinweg helfen kann. Es befindet sich in einem länglichen Koffer, den Du unbedingt als Handgepäck mit ins Flugzeug nehmen solltest. Öffne ihn am besten erst, wenn sich Deine Maschine über dem Meer befindet! Unter anderem wirst Du darin auch einige Adressen und Telefonnummern vorfinden, unter denen Du
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