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Das Nazaret-Projekt

Das Nazaret-Projekt

Titel: Das Nazaret-Projekt
Autoren: Heinrich Hanf
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Beunruhigung folgte gleich darauf ein weiterer Gedanke, der ihm auch nicht viel besser gefallen mochte: ›Um ein Lebewesen zu klonen, ist eine Leihmutter notwendig. Welch eine Parallele – es wäre tatsächlich wieder eine Art unbefleckter Empfängnis!‹
    »Als Nächstes wäre wohl zu klären: cui bonum ? Welches Motiv steht hinter dieser Aktion? So ein Vorhaben kostet enorm viel Geld. Man braucht sicher einen kleinen Stab hochqualifizierter Mitarbeiter und es ist eine aufwendige technische Ausstattung von Nöten! Wenn es sich also um eine Person handeln sollte, die man als religiösen Spinner bezeichnen könnte, so müsste dieser Mensch zumindest über erhebliche finanzielle Mittel verfügen. Alles in allem denke ich, dass kein Anlass zu größerer Sorge vorhanden ist. Der heilige Stuhl sollte sich in dieser Sache einstweilen vollständig bedeckt halten. Trotzdem würde ich empfehlen, in aller Stille zu sondieren und unauffällige Recherchen anzustellen! Die offiziellen polizeilichen Ermittlungen sollten meines Erachtens ruhig ihren Fortgang nehmen; selbst dann, wenn das Grabtuch, wie angekündigt, völlig unversehrt zurückgegeben werden sollte. Schließlich handelt es sich um einen äußerst frechen Diebstahl, der viele Christen mit Empörung erfüllt hat!« Der Nuntius nahm kurz sein rotes Käppchen ab und strich sich über das dunkle Haar, das gelegentlich schon von ersten Silberfäden durchzogen war. »Es ist außerdem meine feste Überzeugung, heiliger Vater, dass sich die ganze Aktion, sofern sie sich denn nicht rechtzeitig verhindern ließe, letztendlich selbst ad absurdum führen würde. Gesetzt den Fall, dieses gentechnische Experiment gelänge tatsächlich – welchen Nutzen oder sagen wir besser, spirituellen Wert könnte denn ein geklonter Jesus Christus schon haben? Der heilige Geist jedenfalls lässt sich bestimmt nicht klonen! Diese bedauernswerte Kreatur wäre nichts weiter als eine gelungene Zirkusnummer, die unter Umständen nicht einmal das Zeug zu einem brauchbaren Sektenguru besitzen würde! Ich kann hier wirklich keine Gefahr für die katholische Kirche erkennen, Eure Heiligkeit.«
    Der Papst stützte seine verschränkten Hände auf den Knauf seines Krückstockes und schnaubte vernehmlich beim Ausatmen. »Alles schön und gut, mein lieber Katzmeier, aber was wäre, wenn? Darüber sollten Sie sich ruhig gelegentlich auch ein paar Gedanken machen. Wurde uns denn nicht eindringlich die Wiederkehr des Menschensohnes angekündigt? Sie wissen, wie kontrovers die Auslegungen diesbezüglich sogar in unseren eigenen Reihen sind. Die Wiederkehr als des Menschen Sohn! Wie viele Bedeutungsebenen hat diese Prophezeiung? Vielleicht ist dieser Satz tatsächlich völlig wörtlich zu verstehen, jahrhundertelangen scholastischen Klügeleien zum Trotz?«
    Ägidius Katzmeier fühlte sich plötzlich nicht mehr ganz wohl in seiner Haut. Wollte der Papst seinen Glauben auf die Probe stellen oder wollte er ihn nur ein wenig aufziehen? Er entschied sich für die zweite, wahrscheinlichere Variante. Katzmeier lächelte schelmisch.
    »Dann – verzeiht mir, heiliger Vater – um mit den Worten meines Chauffeurs zu antworten, dann könnte es durchaus sein, dass wir alle bald ganz schön alt aussehen werden, nicht wahr?«
    Der Papst hob offensichtlich wenig amüsiert sein Haupt und bohrte seinen stechenden Blick für einen kurzen Moment in Ägidius Katzmeiers Augen. Ohne jedes weitere Wort hielt er ihm dann seine beringte Hand zum Kuss vor das Gesicht. Der Nuntius verabschiedete sich in aller Form und eilte nur wenig erleichtert in seine feudale Schreibstube zurück.
    Da der heilige Vater in dieser doch etwas heiklen Angelegenheit seine Empfehlungen nicht zurückgewiesen hatte, wusste er aus langer Erfahrung, dass ihm hiermit freie Hand gegeben war, diese Vorschläge in die Tat umzusetzen.
    Ägidius befand sich nun wieder in seinem eigentlichen Fahrwasser. Als tatkräftiger Mensch griff er sofort zum Telefon, um alle notwendigen Schritte zu unternehmen. Unauffällig Erkundigungen einzuholen, war überhaupt kein Problem; wozu besaß der Vatikan letztlich so etwas wie einen eigenen Nachrichtendienst mit mehr Filialen als alle anderen Dienste in der ganzen Welt zusammen genommen?
    Ägidius wählte als erstes jedoch die Nummer der Kanzlei des Rechtsanwaltes Pietro DiSalvo in Mailand.
    » Buona sera, Dottore, come sta? Richtig, hier spricht Kardinal Katzmeier. Wie bitte? – Ja, da gebe ich Ihnen völlig Recht. Es ist eine
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