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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel
Autoren: Christian Ditfurth
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Eigentlich ein Fall für die Kölner Brüder, aber was man hat, das hat man.«
    »Wegen so was bringen die keinen um«, sagte Theo. »Haben sie doch auch früher nicht gemacht. Die eigenen Leute, wenn sie denen Verrat nachgewiesen haben, gut. Aber keinen von uns.«
    »Sie sind einer unserer besten Analytiker«, sagte Klein. »Sie waren gerade in Moskau. Sie haben Agenten geführt, gewiss keine Spitzenleute, aber Kleinvieh macht auch Mist. Obwohl Ihnen noch ein bisschen Erfahrung fehlt. Natürlich halten wir Alten das den Nachfolgern gern vor. In dem Punkt könnt ihr uns nämlich nicht überholen, jedenfalls nicht vor unserem Abgang.«
    Theo grinste leicht. Natürlich, die neuen Leute kann ten den Kalten Krieg nur aus Büchern. Ihnen fehlte die Aura des Kampfes mit dem mächtigsten Geheimdienst aller Zeiten, dem KGB . Theo kannte die meisten Sach bücher, wissenschaftlichen Arbeiten und auch Romane über diese Zeit, aber diese Zeit kannte er nicht. Da war er ein Kind gewesen. Doch die Alten, fand Theo, wa ren irgendwie stehen geblieben, sie konnten sich nicht von der Vergangenheit lösen, von der »Heldenzeit«, wie manche spotteten. Von Vierzehnachtzehn. Damals zweifelten nur Spinner am Sinn ihrer Arbeit. Die große Krise des BND kam nach dem Untergang des Sowjetim periums, als ein Säufer Russlands Präsident wurde, dessen monströser Grabstein in den Landesfarben auf dem Nowodewitschi-Friedhof bezeugte, dass Suff und Grö ßenwahn Geschwister waren. So einer und sein Land taugten nicht als Hauptfeinde. Im Gegensatz zur neuen Mode, diesem Irrsinn mit Methode, den Großterroristen, die ganz fromm so viele Ungläubige wie möglich in die Hölle bombten. Doch mit dieser Welt des Wahns beschäftigten sich andere Abteilungen, dem Himmel sei gedankt.
    Aber ich, fragte sich Theo, ich habe wirklich nicht viel Erfahrung. Dass Klein mich hier zum Superagenten macht, ist lächerlich. Und Klein muss es doch wissen, dass Theo in Moskau nichts Großartiges gerissen hatte, nichts jedenfalls, das in den Annalen des BND erwähnt werden müsste. Ein bisschen aufgeräumt eben, eine Art Verwaltungsarbeit. Er hält so große Stücke auf mich wegen meines Vaters. Das muss es sein. Diese Gedanken flogen durch sein Hirn, während er Klein zuhörte.
    Der schien zu lächeln und Theos Gedanken zu lesen. Aber natürlich lächelte er nicht. »Sie haben Talent, kommen ganz nach Ihrem Vater. Vermutlich hören Sie das nicht gern. Wollen nicht an ihm gemessen werden. Aber Sie müssen sich damit abfinden. Er war richtig gut. Scheffer hätte es bestätigen können.«
    Richtig gut. Wann sagte Klein das schon mal?
    Klein schwieg eine Weile, seine Augen schweiften langsam, aber ziellos durch den Raum, fast unsicher, als würde er ihn jetzt erst geistig in Besitz nehmen.
    Theo wusste, sie hatten sich gut gekannt, Klein, Scheffer und sein Vater. Ein paar Mal waren sie bei Martenthaler zu Hause gewesen, da ging Theo zur Schule und seine Mutter lebte noch und war auch noch nicht geschieden. Wann war das noch einmal? Jedenfalls bevor Henri nach Moskau ging. Klein und Martenthaler senior hatten einiges getrunken und der Vater viel geredet und gelacht und wurde immer lauter, je weiter der Abend vorrückte. Scheffer saß meist in einer Sofaecke, nippte am Glas und schien in sich versunken zu sein. Er dachte vielleicht an die Nimzowitsch-Indische Verteidigung oder einen Agenten in den Moro zow-Werken in Charkow, wo der T-80-Panzer gebaut wurde. Klein war damals schon der schneidige Typ, als wäre er beim Militär gewesen wie so viele Kollegen im BND . Der Vater lachte gewissermaßen für Klein mit. Vielleicht hatten sie dem in Bautzen das Lachen abge wöhnt, vielleicht hatte er es nie gekonnt. Der sei so auf die Welt gekommen, schon ganz fertig, hatte ein Kollege mal gefrotzelt.
    »Ich habe keine Ahnung, warum Scheffer sterben musste. Es kann nicht mit seiner Arbeit zu tun haben. Ich schließe das aus. Mord und Totschlag gibt es schon lange nicht mehr. Wir sind ja schließlich keine russischen Journalisten.«
    »Und wenn es wirklich ein Unfall …«
    »Niemals. So einer wie Scheffer lässt sich nicht überfahren. Schon gar nicht in einer Nebenstraße, die so übersichtlich ist.«
    Martenthaler nickte. Er kannte sie. Die Straße war kerzengerade und schmal. Und wirklich, es gab Leute, die ließen sich nicht überfahren.
    »Doch ein Betrunkener? Steht mit laufendem Motor am Straßenrand, der Fuß rutscht vom Kupplungspedal …«
    »Glauben Sie das?«
    Martenthaler
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