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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott
Autoren: Daniel Silva
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nicht?«
    »Wenn unsere Feinde spitzkriegen, dass die Operationsabteilung eine Hochzeit ausgerichtet hat, ist unser Ruf ruiniert. «
    Ein Kellner kam die Treppe herauf und steuerte auf den Tisch zu. Navot gebot ihm mit einem kurzen Handzeichen Einhalt und schenkte Gabriel Wein nach.
    »Der Alte lässt dich herzlich grüßen.«
    »Das habe ich mir schon gedacht«, sagte Gabriel geistesabwesend. »Wie geht es ihm?«
    »Er beginnt zu murren.«
    »Was stört ihn denn jetzt wieder?«
    »Deine Sicherheitsvorkehrungen in der Villa. Er findet sie alles andere als zufriedenstellend.«
    »Genau fünf Leute wissen, dass ich im Land bin: der italienische Ministerpräsident, die Chefs seiner Nachrichten- und Sicherheitsdienste, der Papst und der Privatsekretär des Papstes.«
    »Er hält die Sicherheitsvorkehrungen trotzdem für unzureichend.« Navot zögerte. »Und in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen muss ich ihm leider recht geben.«
    »Welcher jüngsten Entwicklungen?«
    Navot legte seine großen Arme auf den Tisch und lehnte sich ein paar Zentimeter vor. »Aus unseren Quellen in Ägypten haben wir gehört, dass Scheich Tayyib anscheinend ziemlich aufgebracht ist, weil du seinen ausgeklügelten Plan zum Sturz der Regierung Mubarak durchkreuzt hast. Er hat alle Mitglieder vom Schwert Allahs in Europa und Nahost instruiert, sofort nach dir zu fahnden. Letzte Woche ist ein Agent des Schwerts rüber nach Gaza und hat die Hamas gebeten, sich an der Suche zu beteiligen.«
    »Ich nehme an, unsere Freunde von der Hamas haben ihre Hilfe zugesagt.«
    »Ohne zu zögern.« Navots folgende Worte wurden nicht auf Französisch gesprochen, sondern leise auf Hebräisch. »Wie du dir denken kannst, kennt der Alte die Berichte über die sich häufenden Todesdrohungen gegen dich, und er hat nur den einen Gedanken: Warum sitzt Gabriel Allon, Israels Racheengel und fähigster Geheimagent, auf einem Rinderhof in den umbrischen Hügeln und restauriert für Seine Heiligkeit Papst Paul VII. ein Gemälde?«
    Gabriel betrachtete die Aussicht. Die Sonne senkte sich auf die fernen Hügel im Westen, und im Talgrund gingen die ersten Lichter an. Ein Bild blitzte in seiner Erinnerung auf: Ein Mann mit einer Pistole in der ausgestreckten Hand feuert am Fuß des Nordturms von Westminster Abbey in das Gesicht eines gefallenen Terroristen. Es erschien ihm in Öl auf Leinwand, wie von Caravaggio gemalt.
    »Der Engel ist in den Flitterwochen«, sagte er, den Blick noch ins Tal gerichtet. »Und der Engel ist nicht in der Verfassung, wieder zu arbeiten.«
    »Wir bekommen keine Flitterwochen, Gabriel - jedenfalls keine richtigen. Was deinen Gesundheitszustand angeht, bist du in der Gewalt der Terroristen vom Schwert Allahs weiß Gott durch die Hölle gegangen. Niemand würde es dir verübeln, wenn du dem Dienst diesmal endgültig den Rücken kehrst.«
    »Niemand außer Schamron, versteht sich.«
    Navot zupfte am Tischtuch, gab aber keine Antwort. Es war nunmehr fast zehn Jahre her, dass Ari Schamron den Chefsessel geräumt hatte, doch noch immer mischte er in den Angelegenheiten des Dienstes mit, als sei er sein Privatreich. Jahrelang hatte er dies von der Kaplanstraße in Jerusalem aus getan, wo er den Ministerpräsidenten in Sicherheits- und Anti-Terror-Fragen beraten hatte. Nun, gealtert und noch von den Folgen eines Terroranschlags auf seinen Dienstwagen geschwächt, drehte er von seiner festungsähnlichen Villa am See Genezareth aus an den Hebeln der Macht.
    »Schamron will mich in Jerusalem in einen Käfig sperren«, sagte Gabriel. »Er glaubt, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als die Leitung des Dienstes zu übernehmen, wenn er mir das Leben nur sauer genug macht.«
    »Es gibt Schlimmeres im Leben, Gabriel. Unzählige Männer würden ihren rechten Arm opfern, nur um mit dir tauschen zu können.« Navot verfiel in Schweigen, dann setzte er hinzu: »Mich eingeschlossen.«
    »Du musst deine Chance nur richtig nutzen, Uzi, dann gehört der Job eines Tages dir.«
    »So habe ich den Posten als Leiter der Operationsabteilung bekommen - weil du ihn nicht wolltest. Ich habe mein ganzes Berufsleben über in deinem Schatten gestanden, Gabriel. Das ist nicht leicht. Ich komme mir vor wie ein Trostpreis.«
    »Da gibt es keine Trostpreise, Uzi. Wenn sie nicht der Meinung wären, dass du der Richtige für den Job bist, hätten sie dich in Europa gelassen und sich jemand anders gesucht.«
    Navot wollte offenbar das Thema wechseln. »Lass uns etwas essen«,
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