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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott
Autoren: Daniel Silva
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abzustimmen, würde sie dies bis in alle Ewigkeit tun.
    »Sie glauben, er ist Russe?«, fragte Ricardo. »Schuldig im Sinne der Anklage.«
    Ricardo erhob keinen Einspruch. Obwohl Philippes Vorgesetzter, war er zwanzig Jahre jünger und hatte gelernt, sich auf die Erfahrung und das Urteil des Älteren zu verlassen.
    »Vielleicht können wir ihn der Konkurrenz unterjubeln.«
    »Ausgeschlossen. Zwischen hier und Albertville ist kein Zimmer mehr frei.«
    »Dann haben wir ihn wohl am Hals - es sei denn, er lässt sich dazu überreden, von allein wieder zu gehen.«
    »Was schlagen Sie vor?«
    »Plan B natürlich.«
    »Das ist ziemlich extrem, finden Sie nicht?«
    »Schon, aber es ist der einzige Weg.«
    Der Ex-Fallschirmjäger nahm den Befehl mit einem knappen Nicken entgegen und machte sich an die Planung des Unternehmens. Es begann um 16.12 Uhr, als ein dunkelgrauer Mercedes mit Genfer Kennzeichen an der Vordertreppe vorfuhr und hupte. Philippe verharrte volle zwei Minuten an seinem Pult, bevor er in aller Gemächlichkeit seinen Wintermantel überzog und sich verhaltenen Schrittes nach draußen begab. Der unerwünschte Monsieur Alex Lubin - zwölf Nächte, Skimiete erforderlich - war unterdessen aus seinem Wigen gestiegen und stand nun ungehalten neben dem offenen Kofferraum. Er hatte ein schartkantiges Gesicht und hellblondes Haar, das sorgfältig über einen breiten Schädel drapiert war. Seine zusammengekniffenen Augen waren auf den Kofferraum gerichtet, in dem zwei große Nylonkoffer lagen. Bei ihrem Anblick runzelte der Concierge die Stirn, als hätte er solche Objekte noch nie im Leben gesehen, dann begrüßte er den Gast mit eisiger Wärme.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein, Monsieur?«
    Die Frage war auf Englisch gestellt worden. Die Antwort erfolgte in derselben Sprache, allerdings mit deutlich slawischem Akzent.
    »Ich checke im Hotel ein.«
    »Tatsächlich? Man hat mich gar nicht davon unterrichtet, dass heute Nachmittag ein Gast erwartet wird. Bestimmt nur ein kleines Versehen. Sprechen Sie doch bitte mit meinem Kollegen an der Rezeption. Ich bin sicher, er wird das Missverständnis aufklären können.«
    Lubin brummte etwas vor sich hin und stapfte die steile Treppe hinauf. Philippe griff nach dem ersten Koffer und hängte sich bei dem Versuch, ihn herauszuwuchten, fast das Kreuz aus.
Der Russe ist Vertreter für Ambosse und hat seinen Musterkoffer mitgebracht.
Später, als er die beiden Gepäckstücke erfolgreich in die Eingangshalle verfrachtet hatte, war Lubin gerade dabei, einem verdutzt dreinschauenden Ricardo, dem es trotz aller Bemühungen nicht gelingen wollte, die fragliche Reservierung zu finden, ganz langsam seine Reservierungsnummer zu diktieren. Schließlich wurde das Problem gelöst - »Ein kleiner Irrtum einer Mitarbeiterin, Monsieur Lubin. Ich werde ein Wort mit ihr reden müssen«-, nur um dem nächsten Platz zu machen. Durch ein Versehen des Etagenpersonals war das Zimmer noch nicht bezugsfertig. »Es dauert nur einen Moment«, sagte Ricardo mit seiner samtigsten Stimme. »Mein Kollege wird Ihre Koffer in den Abstellraum bringen. Wenn ich Sie solange in unsere Lounge Bar bitten dürfte. Die Getränke gehen selbstverständlich aufs Haus.« Selbstverständlich gingen sie nicht aufs Haus, sondern wurden in Rechnung gestellt, und zwar saftig, aber damit wollte Ricardo Monsieur Lubin erst überraschen, wenn sein Widerstand erlahmt war.
    Bedauerlicherweise erwies sich Ricardos Zuversicht, dass die Verzögerung nur von kurzer Dauer sein würde, als unangebracht, und es vergingen weitere neunzig Minuten, ehe Lubin, ohne Gepäck, in sein Zimmer geführt werden konnte. Gemäß Plan B fehlte ein Bademantel für Ausflüge ins Wellness-Center, der Wodka in der Minibar und die Fernbedienung für den Fernseher. Der Wecker auf dem Nachttisch war auf 4.15 Uhr gestellt. Die Heizung bullerte. Philippe entfernte heimlich das letzte Stück Seife aus dem Badezimmer, dann schlüpfte er, nachdem ihm ein Trinkgeld versagt worden war, mit dem Versprechen zur Tür hinaus, dass die Koffer in Kürze gebracht würden. Ricardo erwartete ihn bereits, als er dem Lift entstieg.
    »Wie viele Wodkas hat er in der Bar getrunken?«
    »Sieben«, antwortete Ricardo.
    Der Concierge biss die Zähne zusammen und zischte verächtlich. Nur ein Russe konnte in anderthalb Stunden sieben Wodkas trinken und sich noch auf den Beinen halten.
    »Was glauben Sie?«, fragte Ricardo. »Gangster, Spion oder Killer?«
    Das spielte keine Rolle,
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