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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott
Autoren: Daniel Silva
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Bankgeschäften ein Vermögen gemacht. Er hatte klug in Energie, Rohstoffe und Immobilien investiert, und an der Schwelle zum neuen Jahrtausend zählte er zur wachsenden Riege frischgebackener Moskauer Multimillionäre. Zu den vielen Unternehmen, an denen er beteiligt war, gehörte eine Schifffahrts- und Luftfrachtgesellschaft, deren Tentakel über den Nahen und Mittleren Osten hinaus bis nach Afrika und Asien reichten. Die wahre Größe seines Finanzimperiums war für Außenstehende unmöglich abzuschätzen. Als relativer Neuling auf dem kapitalistischen Parkett hatte es Iwan Charkow in der Kunst, mit Tarn- und Briefkastenfirmen zu operieren, zu wahrer Meisterschaft gebracht.
    Lubin schlug die nächste Seite des Dossiers auf. Ein Foto wie aus einem Hochglanzmagazin von »Chateau Charkow«, Iwans Winterpalais an der Rue de Nogentil in Courchevel.
    Er verbringt dort den Winterurlaub wie jeder andere reiche und prominente Russe,
hatte Ostrowskij gesagt.
Vorsicht in der Nähe des Hauses. Iwans Gorillas sind lauter ehemalige Speznas- und OMON-Angehörige. Hören Sie, was ich Ihnen sage, Aleksandr? Ich möchte nicht, dass Sie wie Irina Tschernowa enden.
    Irina Tschernowa war die berühmte Journalistin vom wichtigsten Konkurrenzblatt der
Gaseta,
die eine von Charkows dubioseren Investitionen aufgedeckt hatte und nur zwei Tage nach Erscheinen ihres Artikels abends im Aufzug ihres Moskauer Wohnhauses von zwei Auftragskillern erschossen worden war. Aus Gründen, die nur ihm bekannt waren, hatte Ostrowskij dem Dossier ein Foto ihrer kugeldurchsiebten Leiche beigelegt. Damals wie heute drehte Lubin es schnell um.
    Iwan arbeitet gewöhnlich hinter verschlossenen Türen. Courchevel ist einer der wenigen Orte, wo er sich in der Öffentlichkeit bewegt. Wir möchten, dass Sie ihm folgen, Aleksandr. Wir möchten wissen, mit wem er sich trifft. Mit wem er Ski fährt. Wen er zum Essen einlädt. Machen Sic Fotos, wann immer möglich, aber sprechen Sie ihn keinesfalls an. Und sagen Sie niemandem in dem Ort, was Sie beruf ich machen. Iwans Sicherheitsleute riechen einen Reporter zehn Meilen gegen den Wind.
    Ostrowskij hatte ihm daraufhin einen Umschlag überreicht, der Flugtickets, eine Mietwagenreservierung und eine Hotelbuchung enthielt.
Melden Sie sich alle paar Tage in der Redaktion,
hatte er gesagt.
Und versuchen Sie, sich etwas zu amüsieren, Aleksandr. Ihre Kollegen sind alle sehr neidisch. Sie fahren nach Courchevel und feiern mit den Reichen und Berühmten, und wir frieren uns in Moskau den Hintern ab.
    Nach dieser Bemerkung war Ostrowskij aufgestanden und an die Bahnsteigkante getreten. Lubin hatte das Dossier in seine Ledermappe gesteckt und ihm war sogleich der Schweiß ausgebrochen. Und jetzt schwitzte er wieder.
Diese verfluchte Hitze!
Die Heizung lief immer noch auf Hochtouren. Er wollte gerade zum Telefon greifen, um sich noch einmal zu beschweren, als es klopfte. Endlich. Mit zwei Schritten durchmaß er den kurzen Eingangsflur und riss die Tür auf, ohne vorher zu fragen, wer da war.
Ein Fehler,
wie er sofort begriff. Auf dem halbdunklen Korridor stand ein mittelgroßer Mann mit dunklem Skianorak, Wollmütze und verspiegelter Skibrille.
    Lubin fragte sich noch, wieso jemand abends im Hotel eine Skibrille trug, als ihn der erste Schlag traf, ein brutaler Handkantenhieb gegen den Kehlkopf, der ihm die Luft nahm. Dann folgte ein wohlgezielter Tritt in den Unterleib, der ihn in der Hüfte einknicken ließ. Er brachte keinen Laut heraus, als der Mann ins Zimmer schlüpfte und geräuschlos die Tür hinter sich schloss. Und er war zu keinerlei Widerstand fähig, als der Mann ihn aufs Bett stieß und sich rittlings auf seine Hüften setzte. Das Messer, das er aus seiner Skijacke zog, war eines, das von Elitesoldaten benutzt wird. Es drang direkt unterhalb der Rippen in Lubins Bauch ein und bohrte sich nach oben in Richtung Herz. Während sich seine Brusthöhle mit Blut füllte, musste er eine zusätzliche Demütigung hinnehmen und in den verspiegelten Brillengläsern des Mörders sein eigenes Sterben mit ansehen. Aleksandr Lubin fühlte sein Herz ein letztes Mal schlagen, als sein Mörder lautlos aus dem Zimmer schlich.
Die Hitze,
dachte er.
Diese verfluchte Hitze...
    Es war kurz nach sieben, als Philippe endlich Monsieur Lubins Koffer aus dem Abstellraum holte und in den Lift stellte. Als er an Zimmer 237 ankam, hing das Schild BITTE NICHT STÖREN am Türgriff. Gemäß den Vorgaben von Plan B klopfte er dreimal donnernd an. Da
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