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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz
Autoren: Roman Rausch
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vertrocknetem Blut verdächtig schien. «Das könnte die oder eine tödliche Verletzung sein. Sieht nach einem Schlag aus, bei der der Schädel zertrümmert und das Gehirn verletzt wurde.»
    «Wie lange liegt er schon hier?», fragte Heinlein von oben herab. Er hatte seine Sonnenbrille nicht abgenommen.
    «Kann ich noch nicht sagen. Nach dem Stand der Verwesung schätze ich mehrere Wochen. Der Körper war mit Steinplatten abgedeckt und notdürftig mit Erde zugeschüttet. Dennoch wird Luft rangekommen sein.»
    «Woraus schließt du das?», fragte Kilian.
    Sie zeigte auf mehrere weiße, stecknadelkopfgroße Körner.«Das sind Insekteneier. Dort sind Maden, und hier unten liegen Puppenhülsen.»
    «Dann brauchen wir einen Fliegenmann, einen forensischen Entomologen», schlug Kilian vor.
    «Richtig. Und zwar so schnell, wie’s geht, bevor wir das Larvenwachstum beeinflussen.»
    «Ich fürchte, dafür fehlt uns das Budget», widersprach Heinlein.
    Kilian wollte sich damit nicht abfinden. «Frag den Chef, oder stell einen Antrag.»
    Pia pflichtete ihm bei. «Wenn die Leiche länger als zwei Wochen hier liegt, dann werde ich außer der Todesursache nicht viel sagen können. Je weiter der Tod zurückliegt, desto ungenauer wird meine Bestimmung des Todeszeitpunkts. Ein Insektenkundler kann helfen.»
    «So weit ist es noch nicht», entgegnete Heinlein. «Was hast du noch?»
    «Nichts. Ich habe ja gerade erst angefangen.»
    Heinlein nickte dem Bestatter, der an Pias Seite noch immer den Schirm hielt, auffordernd zu. Dieser reichte den Schirm an Heinlein weiter und rief seinen Kollegen herbei. Gemeinsam fassten sie den Leichnam an Schultern und Beinen, hoben ihn heraus und legten ihn auf eine bereitliegende Plastikfolie. Die Totenstarre war bereits gelöst, sodass der Körper mühelos ausgestreckt werden konnte.
    Während Pia den Toten entkleidete, um die übliche erste Untersuchung vornehmen zu können, tastete Kilian den Körper nach Ausweispapieren ab. In der Innentasche des Jacketts wurde er fündig.
    «Wenn es nur immer so einfach wäre», sagte er zufrieden.
    Die unversehrte Brieftasche enthielt einen Personalausweis. Er nahm ihn heraus und las vor. «Dr.   Gregor Zinnhobel.»
    «Zinnhobel, der Richter?», fragte Heinlein erschrocken und nahm seine Sonnenbrille ab. Wie vermutet, hatte sich in den vergangenen Stunden über seinem linken Auge eine Schwellung aufgetan, die das Lid herunterdrückte, sodass er kaum sehen konnte.
    «Was ist denn mit dir passiert?», fragte Pia.
    «Ein Mistvieh von Stechmücke hat mich erwischt», antwortete er.
    Pia kam näher. «Lass mal sehen.»
    Heinlein wich vor den Handschuhen zurück, die zuvor die Leiche berührt hatten. «Ist schon in Ordnung. Danke.»
    Er verglich das Foto im Ausweis mit dem verzerrten und teils verwesten Gesicht der Leiche.
    «Was meinst du?», fragte er Kilian.
    «Ja, das könnte er sein.»
    «Verdammt, wieso muss der gerade in meinem Bezirk sterben.»
    «Zinnhobel war am Landgericht tätig», erinnerte sich Kilian, «und gilt seit wann vermisst?»
    «Seit etwa drei Wochen.»
    «Das könnte passen», pflichtete Pia ihm bei. «Wenn wir den Todeszeitpunkt aber mit seinem Verschwinden vergleichen wollen, brauchen wir unbedingt einen Entomologen.» Heinlein seufzte. «Ich werde mit dem Chef sprechen. In diesem Fall wird er wohl kaum nein sagen können.» Er schaute sich um. Am Boden lagen die zerbrochene Säule des Bildstocks, ein halbes Dutzend leere Flaschen und eine Handvoll Zigarettenstummel. «Habt ihr was angefasst oder verändert?»
    «Wir mussten ein Stück der Säule bewegen», antwortete Pia, «damit wir an die Leiche kamen. So wie es aussieht, ist sie eingestürzt und hat eine der Steinplatten durchschlagen. Dadurch wurde die Leiche erst entdeckt.»
    Kilian hob indes einen Zigarettenstummel auf, der ihmverdächtig vorkam. Er roch daran. «Die haben sich ordentlich einen gegeben. Hier sind Cannabisreste, und dort drüben liegen leere Wodkaflaschen. Schaut nach einer Fete übermütiger Kids aus.»
    «Weißt du, wo sie sind?», fragte Heinlein Pia.
    Ohne aufzublicken, antwortete sie: «Hinten im Dorf, gleich das erste Haus.»
    «Gut, dann gehen wir. Hören wir heute noch von dir?»
    Sie nickte. «Gegen Abend. Wir haben ja noch eine zweite Leiche.»
    «Zieh den Zinnhobel vor   … sofern er es wirklich ist.»
    «Dafür brauch ich Vergleichsmaterial.»
    «Kriegst du. Ich schick jemand bei der Familie vorbei.»
    Heinlein setzte die Sonnenbrille wieder auf und ging
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