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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz
Autoren: Roman Rausch
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zu sein. Etwas anderes machte ihm zu schaffen. Es bohrte tief in seinem Innern, fraß sich durch die Träume in sein Leben.
    Ein sanfter Windhauch streifte seinen Körper. Die Abkühlung war nicht der Rede wert, nur eine Erinnerung an bewegte Luft, die seit dem Beginn der Hitzewelle nur noch selten zu spüren war.
    Fast hatte er vergessen, wie ein Sommer im Maintal sein konnte, wenn sich nichts mehr rührte und die Temperaturen jedes erträgliche Maß überstiegen. 2003 war so ein Sommer gewesen. Vierzig Grad und kein Ende abzusehen. Jetzt war es wieder so weit. Würde hinter dem Maintal das Meer liegen, hätte es kein Problem gegeben. Ein Bad in den Wellen, und sein Hitzkopf hätte Abkühlung gefunden.
    Das Blaulicht eines Einsatzfahrzeugs tanzte über die Dächer. Er hörte den Wagen am Mainkai entlangbrausen. Wahrscheinlich zum nahe gelegenen Juliusspital. Für viele wurde die Hitze lebensgefährlich.
    Kilian schenkte sich noch einen ein. So weit war es bei ihm noch nicht. Noch konnte er eine Nacht auf dem heißen Dach genießen.
     
    Schorsch Heinlein, sein Kollege, hatte da andere Schwierigkeiten. Seitdem er dem kleinen Eisenbahnerhäuschen in Grombühl den Rücken gekehrt und eine seinem neuen Status als Erster Kriminalhauptkommissar entsprechende Wohnung im oberen Frauenland gefunden hatte, haderte er mit der Klimaanlage. Er hatte sie auf Wunsch seiner FrauClaudia einbauen lassen, die sie als unabdingbar angesehen hatte. Das wäre sie auch gewesen, wenn sich das Ehepaar auf eine für beide angenehme Raumtemperatur hätte einigen können. Heinlein hätte es gern eine Spur wärmer gehabt als sie. Schließlich fing man sich leicht einen Schnupfen bei diesen neumodischen Anlagen ein. Das konnte er sich nach seiner Beförderung nicht mehr leisten.
    Nun lag er in einen Bettüberzug gewickelt auf einer Sonnenliege. Vom Balkon aus hatte er einen exzellenten Blick über das Maintal. Alles schlief, nur er nicht. Die Stechmücken raubten ihm den letzten Nerv. Eine hatte ihn bereits am Auge erwischt. Morgen würde er mit einer Schwellung im Kommissariat erscheinen – sehr zur Belustigung von Sabine, seiner Sekretärin, und natürlich von Kilian.
    Einfach wieder ins Schlafzimmer zurückgehen wollte er nicht. Damit hätte er klein beigegeben. Diesen Triumph würde er Claudia nicht gönnen. Mit dem geschwollenen Auge brächte er sie schon zur Räson. Aber diese Stechmücken waren unerträglich. Es brummte und schwirrte über seinem Kopf, als sei er das Festmahl der Nacht. Gegen diese Biester gab es keinen Schutz. Kurzerhand stand er auf, schob die Balkontür vorsichtig zur Seite und schlich sich am gemeinsamen Ehebett vorbei in den Flur. Er würde es sich am Boden in Thomas’ Zimmer bequem machen. Bevor Claudia am Morgen aufstünde, wäre er längst im Bad, und sie hätte nichts von seinem Rückzug gemerkt.
    Schorsch horchte ins Zimmer seines Sohnes hinein. Nichts. Kein Atmen, kein Schnarchen. Er machte Licht. Kein Wunder, Thomas war nicht in seinem Bett. Er schaute ins Bad, in die Küche und ins Arbeitszimmer. Thomas war tatsächlich nicht zu Hause.
    Verdammt, wo trieb sich der Bengel wieder mitten in der Nacht herum? War er bei seinen dubiosen Freunden oder bei Vera, die das Haus in Grombühl nach ihrem Auszug übernommenhatte? Dort anrufen konnte er nicht, er hätte sie nur geweckt. Stattdessen ging er ins Arbeitszimmer, kramte sein Handy hervor und wählte Thomas’ Nummer. Er ließ es klingeln. Ein ums andere Mal, doch Thomas ging nicht ran.
    Das Licht ging an. Heinlein fuhr herum.
    «Was machst du hier?», fragte eine verschlafene Claudia.
    Heinlein zog sich an. «Thomas ist nicht da.»
    Auf einen Schlag war Claudia hellwach. «Hast du ihn nicht gehen gehört?», fragte sie vorwurfsvoll.
    «Wie denn», antwortete Heinlein bissig, «wenn ich auf dem Balkon schlafen muss.»
    «Was hast du vor?»
    «Ich gehe ihn suchen. Was sonst.»
    Heinlein drängte sich an ihr vorbei. «Ich nehme das Handy mit. Ruf an, wenn er nach Hause kommt. Ich fahr zuerst bei Vera vorbei.»
    «Sie hätte sich doch gemeldet, wenn   …»
    Doch Heinlein war schon zur Tür hinaus.
     
    Einige Kilometer entfernt saß eine Gruppe Jugendlicher um einen Bildstock herum, wie es viele im fränkischen Land gibt. Zu ihren Füßen lagen leere Bierflaschen. Inzwischen waren die Jungs auf Wodka umgestiegen. Ein Joint ging im Kreis herum. Das Sprechen fiel ihnen schwer.
    «O Mann, ist das eine Mörderdröhnung.»
    «Quatsch nicht. Lass
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