Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das mittlere Zimmer

Das mittlere Zimmer

Titel: Das mittlere Zimmer
Autoren: Inge Lempke
Vom Netzwerk:
mit dem Ihr Mann umgebracht wurde.“ Heinz machte eine Pause, als erwarte er eine Reaktion von Rike, aber sie schaute konsequent mit abwesendem Blick aus dem Küchenfenster. „Der Wagen wurde kurz vor der Tat von einem Rechtsanwalt als gestohlen gemeldet. Er sagte aus, dass er, als er aus einem Lokal kam, mit vorgehaltenem Messer gezwungen wurde, seinen Autoschlüssel herauszugeben. Von einem schwer alkoholisierten Mann, den er leider nicht genau erkennen konnte.“
    Rike sagte nichts dazu. Es tat ihr nur leid, dass sie die Aussage nicht korrigieren konnte.
    Während sich Kommissar Lange mit gerunzelter Stirn einen Löffel Zucker in den Kaffee gab, fuhr Heinz fort: „Wir wissen noch nicht, wer der Mann ist, und ob er zur Tatzeit überhaupt am Steuer gesessen hat. Alle Fingerabdrücke wurden vom Täter sorgfältig weggewischt. Jedenfalls scheint Johann ... ähm ... Ihr Mann mit einem Angriff auf seine Person gerechnet zu haben, denn er hatte eine Pistole dabei, und er hat sie auch benutzt. Der Wagen wurde von mehreren Kugeln getroffen. Sie wissen nicht zufällig, ob er erpresst wurde?“
    Rike schüttelte den Kopf.
    Heinz notierte sich das und ließ ein lautes Räuspern hören. „Wir haben auch darüber nachgedacht, ob der angeblich betrunkene Unbekannte vielleicht im Auftrag einer anderen Person gehandelt haben könnte.“
    Rike tat so, als habe sie die Anspielung nicht verstanden, und schwieg weiter.
    Heinz wurde deutlicher. „Nichts gegen Sie persönlich, Frau Wolter, aber wir beschäftigen uns routinemäßig mit den Ehefrauen von Ermordeten.“
    Rike schau te mit leerem Blick aus dem Fenster. „Welchen Grund sollte ich wohl haben, Johann umzubringen?“
    „Es sind schon Leute wegen weniger Geld ermordet worden.“
    „Wie meinen Sie das?“
    „Frau Wolter, ich rede von dem Vermögen, das Sie erben werden!“
    Rike wandte dem Kommissar langsam das Gesicht zu, ohne ihn jedoch direkt anzusehen. „Ich weiß nicht, was das Haus hier und das Haus auf Zypern wert sind, aber deshalb würde ich doch niemanden umbringen! Ich habe selbst ein Haus ... das ist absurd. Ich habe Johann so geliebt, ich würde doch nicht wegen ... nein, was für eine absurde Idee.“ Eine Spur von verächtlicher Empörung in der Stimme konnte sie sich nicht verkneifen. Sie bekam durchaus mit, dass sich die beiden Kommissare einen fragenden Blick zuwarfen.
    „Frau Wolter, Sie wollen mir ernsthaft erzählen, dass Sie nicht wissen, wie verm ögend Ihr Mann war?“
    Rike überlegte einen Moment. Wenn sie es nicht in den Tagebüchern gelesen hätte, hätte sie wirklich keine Ahnung gehabt. „Er hat mir nie was davon gesagt. Sehen Sie sich doch sein Auto an.“
    „Ja, ja, in mancher Hinsicht war er ein merkwürdiger Mensch“, meldete sich Lange und rührte in Zeitlupe seinen Kaffe um.
    Ob sie fragen sollte, was sie erben würde? Oder machte sie sich dadurch verdäc htig? Nein, eher im Gegenteil. „Wollen Sie mir nicht sagen, wie vermögend Johann war?“, forderte sie Heinz auf. Mit Lange redete sie erst gar nicht, sonst saßen sie am Abend noch hier.
    „Gen au weiß ich das natürlich nicht“, meinte Heinz und beobachtete Rike wieder. „Aber ihm gehören Dutzende Häuser in der Stadt, Bauernhöfe in der ganzen Umgebung und auch die Lungenfachklinik hinten auf der Anhöhe. Und wer weiß schon, was er alles im Ausland angesammelt hat. Wahrscheinlich kann niemand genau sagen, wie viel es ist, und woher der ganze Reichtum kommt.“
    Heinz nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Wir haben uns mal Ihre Kontobewegung en der letzten Wochen angeguckt“, eröffnete er Rike. „Aber da war nichts Auffälliges zu entdecken. Ihr Mann hat allerdings kürzlich 25.000 € von seinem Konto heruntergenommen. Deswegen habe ich nach der Erpressung gefragt. Davon wissen Sie nichts? Gut, dann erzählen Sie uns jetzt mal genau, wie das gestern Abend abgelaufen ist.“
    Als sie am Vortag im Auto gesessen hatte, hatte sie lange an der nun folgenden Version herumgefeilt. Perfekt war sie nicht, aber sie erklärte halbwegs die Verletzung an Johanns Fuß (falls die noch zu erkennen gewesen war) und ihr Gespräch am Abend, das ja zurückverfolgt werden konnte.
    „Eigentlich fing es schon nachmittags an“ , holte Rike tonlos aus. „Ich hatte mich nach dem Mittagessen in die Badewanne gelegt, und plötzlich kam Johann rein und sagte mir, er müsse dringend zu einem Notfall. Und es könne bis zum Abend dauern.“
    Als sie das Wort ,Badewanne‘ aussprach, stellten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher