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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition)
Autoren: L.B. Roth
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gewachsen!«
    David schnaubte. »Wer?«
    »Er! Oder Es!«, rief Paolo außer sich. »Dieses Etwas! Es kontrolliert einen, es lässt einen Dinge tun, die man niemals tun würde!« Seine Augen waren vom Wahnsinn weit aufgerissen. »Und jetzt ist es weg! Es springt von Mensch zu Mensch!« Paolo zitterte am ganzen Körper.
    David schluckte.
    »Pass auf dich auf! Es lauert irgendwo auf dich! Es liebt unschuldige Menschen, aber verbreiten kann es sich nur über die Sünde!«
    »Die Sünde, ja!«, platzte es spöttisch aus David heraus.
    »Geh jetzt!«, sagte Paolo. »Geh jetzt! Oder bleib hier, mir egal. Mir ist alles egal. Es hat mir meine Firma genommen, mein Leben, meine Würde. Mir ist alles egal ...«
    Und dann trat Paolo einen Schritt vor. Das Seil riss seinen Kopf brutal nach vorn und es knackte. Kurz darauf fiel der Stuhl auf den Boden. David hielt sich schützend die Arme vors Gesicht. In seinem Kopf hörte er das Wusch der Flammen um sich herum. Doch das geschah nicht. Als er die Augen wieder aufmachte, sah er, dass Paolos Zigarette gerade ein Loch in die Brusttasche des Hemdes brannte. Blitzschnell riss David sein Shirt über den Kopf und drückte damit die Glut auf Paolos Brust aus. Dann drehte er sich um und lief zur Treppe. Mit einem Mal stürzten die Ereignisse der letzten Minuten lawienenartig auf ihn ein. Er hatte das Gefühl, nicht schnell genug voranzukommen. Die Gefahr saß ihm noch immer im Nacken. Doch da war nichts mehr. Es war vorbei. Paolo war tot - und sein Vater auch. Blind stürzte er vorwärts. Dann sagte jemand seinen Namen. Er prallte gegen die Person, sah aber nicht, wer es war. Er wollte nur ...
    »Raus!«, keuchte er.

    128

    Wie eine Irre trat Selma aufs Gas. Der Wagen schlingerte um die Kurve. Hinter ihnen fuhr ein Polizeiwagen mit Blaulicht und Sirene. Merlin hielt sich mit nassen Händen am Türgriff fest.
    »Wir kommen zu spät, wir kommen zu spät«, sagte Selma immer wieder und ließ sich von dem Polizeiwagen hinter sich nicht beeindrucken.
    Merlin hatte es längst aufgegeben, seine Mutter zum Anhalten oder zumindest zu einem vernünftigen Fahrstil zu bewegen. Sie war irgendwann in eine Art Trance gefallen, in der man sie nicht mehr erreichen konnte. Jetzt bretterten sie gerade mit Tempo achtzig die Hauptstraße hinunter. Kurz vor der entsprechenden Straßeneinfahrt stieg Selma auf die Bremse und riss das Lenkrad rum. Sie rutschten ein paar Meter seitlich weiter, bevor die Reifen wieder griffen und sie nach vorn schossen.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«, schrie Selma.
    Merlin glaubte im ersten Moment, sie hätte endlich ihre Verfolger mit den Sirenen bemerkt, doch dann sah er den Krankenwagen vor Paolos Haus. Sein Magen drehte sich augenblicklich um. Selma hatte es gewusst. Sie hatte gespürt, dass etwas passieren würde. Nur was?
    »Ma?«, rief Merlin ohne dass er es richtig mitbekam. Selma brachte den Mercedes mit quietschenden Reifen zum Stehen. Sofort löste sie den Anschnallgurt und sprang aus dem Wagen. Merlin sah sie wie in einer Zeitlupe auf das Haus zurennen. Etwa zwanzig Meter. In ihm tobte das Pflichtgefühl, dass auch er aussteigen und zum Haus laufen musste, dass auch er nachsehen musste, was wem passiert war und ob er eventuell helfen konnte. Aber er blieb wie festgeklebt sitzen. Links und rechts liefen nun Polizisten auf das Haus zu. Einer sah kurz zu ihm rein, rief irgendwas nach hinten und entschied sich dann doch seinen Kollegen zu folgen. Im Außenspiegel sah Merlin einen weiteren Polizisten, der auf den Wagen zukam. Der sollte sich sicher um ihn kümmern, durchfuhr es Merlin. Das war es, was der eine gerufen hatte. Hier saß noch jemand im Wagen. Plötzlich war es, als bekäme er einen Stromstoß. Seine Hände rissen den Gurt von sich und stießen die Tür auf.
    »Hey!«, rief der Polizist neben ihm. Aber Merlin ignorierte ihn. Er rannte los. Das Haus vor ihm wackelte unter seinen Laufschritten auf und ab und erzitterte immer wieder. Das Blaulicht des Krankenwagens blitzte ihm in die Augen. Dann hörte er das Weinen. Als Merlin ankam, hatte er das Gefühl auf Watte zu stehen. Davids Mutter hielt sich schreiend an der Bare fest, die zwei Sanitäter gerade aufnahmen. Ein weißes Laken war über den Körper gelegt.
    Stimmengewirr drang von überall zu ihm. Er hörte seine Mutter aufgeregt sagen: »Im Keller! Seien sie vorsichtig!«
    »Brauchen wir Verstärkung?«
    Merlin kam sich wie in einem Traum vor. Wie konnte seine Mutter Angaben zum Vorfall machen. Sie
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