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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition)
Autoren: L.B. Roth
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stoppen, indem er sich mit beiden Händen am Geländer festhielt. Nach einer Weile öffnete er wieder die Augen.
    »Wieder da?«, fragte sein Vater direkt vor ihm.
    David schrie auf. Er wusste nicht warum, aber er wollte seinem Vater auf keinen Fall zu nah kommen.
    »Nur die Ruhe«, sagte dieser und reichte ihm die Hand. »Komm, es ist vorbei.«
    David spürte seinen Herzschlag in der Kehle. Er schaute an seinem Vater vorbei zum Kücheneingang. Lediglich Paolos Füße waren zu sehen.
    »Was hast du mit ihm gemacht?«, keuchte David.
    Sein Vater grinste breit. »Ich hab ihm das gegeben, was er verdient hat.«
    David blieb die Luft weg. Hilflos sah er seinen Vater an.
    »Wir können uns nicht alles gefallen lassen, Davi«, sagte der und beugte sich zu ihm hinunter. »Er hat uns weh getan.«
    David versuchte sich die Treppe hinaufzuschieben. Er hatte plötzlich Angst, sein Vater könnte auch ihm das geben, was er verdient hatte. Aber das geschah nicht. Stattdessen sah er ihn nur fragend an.
    »Was ist los, Davi?«
    »Ich - ich ...« David rutschte wieder auf seine Stufe hinab. »Ist er tot?«
    Sein Vater lachte heiser. »Nein, Davi, natürlich nicht - noch nicht.«
    David zitterte. Ihm war plötzlich so kalt, als hätten sie Winter. »Und was machen wir jetzt?«, fragte er mit brüchiger Stimme. »Ich meine - Gott, du hast ihn geschlagen!« David schrie die letzten Worte.
    »Ganz ruhig, Kleiner«, sagte sein Vater.
    David erstarrte. Kleiner! Sein Vater hatte ihn noch nie Kleiner genannt!
    »So viel ich weiß, hat er gegen deinen Willen mit dir geschlafen, oder nicht?« Erneut ertönte ein heiseres Lachen aus seiner Kehle. Wie fremd das doch klang.
    David wurde wieder schwindelig. Irgendwas stimmte hier doch nicht! Irgendwas war nicht richtig. Er versuchte sich am Geländer hochzuziehen, aber sein Vater drückte ihn zurück.
    »Es ist doch gegen deinen Willen passiert, oder?«
    Unscharf sah David das Funkeln in den Augen, die ihn nun durchstachen. Dann hörte er sich antworten: »Ja.« Was sollte er auch anderes sagen? Und war es letztlich nicht sogar die Wahrheit?
    »Dann komm jetzt, Davi.« Sein Vater reichte ihm die Hand.
    Zögernd nahm David an und ließ sich auf die Beine ziehen. Als er seinen Vater wieder losließ, kribbelten ihm die Finger, als seien sie eingeschlafen.
    Plötzlich klingelte es. David zuckte zusammen.
    »Keine Panik, Kleiner, sicher nur der Postbote.« Sein Vater lachte gutmütig und ging zur Tür.
    Davids Blick folgte ihm. Schon wieder hatte er ihn ›Kleiner‹ genannt. Das passte einfach nicht zu seinem Vater. War das überhaupt noch sein Vater? Irgendwie kam es ihm schon fast so vor, als hätten er und Paolo die Rollen getauscht. Irgendwas war passiert bei dem Kuss.
    Schwankend tat er einen Schritt vor, als ihm auffiel, dass Paolos Füße verschwunden waren. Sein Herzschlag setzte aus. Paolo! Und noch bevor es geschah, wusste er, was passieren würde. Davids Beine gaben nach und er sank lautlos in sich zusammen. Wie betäubt sah er dem Schauspiel zu.
    Mit einem animalischen Schrei stürzte Paolo aus der Küche. In seiner Hand ein langes Fleischmesser. Dann wirbelte das Bild vor Davids Augen durcheinander. Schemenhaft nahm er Paolos Arm wahr, der immer und immer wieder vorstieß aber seinem Vater dennoch keinen Laut entlocken konnte. David stützte sich mit den Händen auf dem Boden auf. Die Welt hielt endlich an und seine Sicht wurde langsam wieder klar. Das Hemd seines Vaters war rot getränkt. Auch er hielt sich auf den Knien leicht vornübergebeugt. Sein Gesicht zeigte im Kontrast dazu ein müheloses Lächeln.
    »Du hast verloren«, sagte er gurgelnd. Dann zog er die Haustür auf und kippte zur Seite.
    Vor ihnen Stand der Paketdienst. »Morgen, ein Paket für Frau ...«, begann der Mann, verstummte aber jäh.
    Paolo ließ das blutige Messer fallen und wich zurück.
    »Was ...«, entfuhr es dem Paketzusteller fassungslos und ließ das Paket fallen. Dann fiel sein Blick nach unten auf Ansgar.
    »Oh mein Gott!«, rief er.
    Davids Vater keuchte und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. »David«, presste er rasselnd hervor.
    Der Paketmann blieb überfordert stehen, während Paolo wimmernd zurückwich. Dann drehte Paolo sich schließlich um und lief an David vorbei die Treppe hinunter in den Keller.
    Vor Davids Augen drehte es sich erneut. Seine Hände fühlten sich vollkommen taub an.
    »David«, sagte sein Vater wieder, diesmal deutlich schwächer. »Hilf mir!«
    Aber David sah nur
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