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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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unglücklicher Umstände – ein allzu tüchtiger Konsulatsbeamter, ein übereifriger Polizist in Fujian, eine ahnungslose Verwandte am Telefon in Dahu – erhält die Behörde tatsächlich bereits nach zwei Wochen Auskunft: Tubai hat geschwindelt. Er ist jetzt ein »Wirtschaftsflüchtling«. Und Deutschland soll er verlassen, sonst wird er abgeschoben. Für die Schwarzarbeit muss er auch noch bestraft werden. Aber dazu ist die Behörde bisher nicht gekommen.
    Mendy ist erschrocken, als sie abends nach Hause kommt und erfährt, dass Koch Lin derjenige ist, der Tubai denunziert hat. Steckt womöglich der Goldene Drache dahinter? »Woher kennt Koch Lin die Geschichte deiner Familie?«
    »Er war am Anfang nett zu mir und hat mir geholfen. Ich habe gedacht, er wäre ein großer Bruder für mich, und habe ihm alles anvertraut.«
    »Hast du eine Ahnung, warum er dich denunziert hat?« Mendy schenkt sich ein Glas Wasser ein und trinkt es in einem Zug leer.
    »Nein«, sagt Tubai, ohne den Blick von der Pfanne abzuwenden.
    Mendy nickt nachdenklich. Dann nähert sie sich dem Herd und wirft einen prüfenden Blick in TubaisGesicht. »Hasst du ihn jetzt?«
    »Nein. Mich heiratet bald die schönste Frau. Ich habe keinen Platz für Hass«, grinst Tubai. »Komm, probier mal. Dein Lieblingsessen, Reisscheibennudeln.« Tubai hält ihr auf dem Wender ein Stückchen hin.
    Mendy saugt es gierig mit ihren Lippen ein, aber kaum ist sie fertig damit, drückt Tubai ihr einen Kuss auf den Mund. Sie lässt ihn kurz gewähren, dann schiebt sie ihn von sich. »Ich muss nach dem Essen weg. Warte nicht auf mich. Ich komme heute nicht nach Hause.«
    »Musst du wieder tanzen gehen?«, fragt Tubai.
    »Ja, ich muss wieder tanzen gehen«, sagt Mendy mit belegter Stimme. »Und du gehst zum Deutschunterricht, versprichst du es mir?«
    Nach sieben Tagen sind die nötigen Unterlagen zur Heirat da. Den Ausweis unter seinem richtigen Namen hat Tubai von seiner Familie eilig geschickt bekommen, und die nötige Aufenthaltsgenehmigung hat Mendy für ihn erbettelt. Sie ist zur Ausländerbehörde gegangen und hat erklärt, dass sie Tubai heiraten wolle. Als der Beamte nach Tubais Schwarzarbeit fragt, gesteht sie, Tubai im Restaurant ihres Vaters bei der Arbeit gesehen und kennengelernt zu haben. Die fällige Geldstrafe werde sie gern bezahlen. Der Beamte ist über ihre kooperative Haltung erfreut. Da wegen Tubais Schwarzarbeit noch ermittelt wird, könne er Deutschland noch nicht verlassen, sagt er. Er werde als Zeuge gebraucht. Man werde ihm eine Aufenthaltsgenehmigung für einige Tage erteilen …
    Als sie aus dem nüchternen Backstein-Rathaus in Tønder heraustreten und sich zum Atemholen unter die Linde stellen, die ihre Blätter über den Rathausplatz breitet, strahlt Tubai über das ganze Gesicht. Noch nie hat er so glücklich ausgesehen wie heute. »Du bist ab jetzt meine Frau, Mendy«, sagt er voller Stolz. »Ich habe die schönste Perle der Welt.« Er ist wie berauscht.
    Mendy sieht dagegen nüchtern aus wie ein Glas Wasser. »Ich habe dir gesagt, du sollst die Heirat als eine formelle Sache betrachten. Ich stecke bis zum Hals in Schulden. Eine Strafe wegen Schwarzarbeit kommt auf dich zu. Und eine viel größere wird mein Vater bekommen, weil er dich beschäftigt hat. Und dann habe ich auch noch andere … Verpflichtungen. Ich will dich damit nicht belasten.« In Mendys Stimme schwingt Bitterkeit mit.
    »Mach dir keine Sorgen. Ich werde wie ein Elefant arbeiten. In zwei oder drei Jahren sind bestimmt alle Schulden weg. Dann gründen wir eine Familie.« Tubai lässt sich seine Begeisterung nicht verderben.
    Mendy lächelt. »Jetzt wirst du erst mal mein Geschäftsführer. Und das feiern wir mit einem Glas Wein.«

Kapitel 15
    Die Neueröffnung

    Am 2. Juni soll Mendy ihre Arbeit bei der Bank aufnehmen. Tubai will seine Frau am ersten Tag unbedingt bis zur Pforte begleiten. Aber Mendy lächelt verlegen. »Jetzt, da du der Chef unseres Restaurants bist, brauchst du einen ordentlichen Anzug. Aber ich bin so arm, dass ich dir keinen schenken kann. Und mit deinem schweißfleckigen T-Shirt kannst du nicht mit zu meiner Bank kommen.«
    Tubai schluckt. »Nun, dann gehe ich ein paar Meter hinter dir. Niemand wird merken, dass wir Mann und Frau sind.«
    Mendy krault ihm das Haar. Eigentlich nur ein kleines Zeichen der Zuneigung, aber für Tubai das Signal, seine Frau in die Arme zu schließen und seinen Anspruch auf sie zu erneuern.
    Zur Bank darf er trotzdem
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