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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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wiederzubekommen!«
    Ein Taxi kam mit Vollgas auf die Mole gefahren. Ich machte einen Schritt rückwärts und fühlte, wie eine Muschelschale
knirschend unter meinem Absatz zerbrach. Schnell griff ich nach Gaetanos Hand. »Was auch immer passiert, ich werde um Matilde kämpfen!«
    »Ich helfe dir, wir werden sie holen«, sagte Gaetano energisch und erwiderte meinen Händedruck, »ich weiß auch schon, wo.«
    Das Taxi bremste erst kurz vor uns. Geblendet von der Sonne starrten wir den Fahrer an, der heraussprang. Eine Sekunde später erkannte ich ihn, es war Mario, seinen Nachnamen wusste ich nicht mehr.
    »Signorina Bellone, kommen Sie!«, rief er in breitestem sizilianischem Dialekt. »Schnell, es geht um Leben und Tod!«

Kapitel 39
    PHIL
    Ich bog gerade in die Straße ein, die laut Mario nach Porticello führen sollte, als ich ihn sah. Der Ölkopf Claudio, der Lella und Matilde mit seinen Handynachrichten nach Bagheria vor die Kanzlei gelockt hatte! Mit einer Aktenmappe unter dem Arm und seinen angeklatschten Haaren auf dem Kopf lief er zielsicher auf ein Lokal zu. »Don Ciccio« stand auf dem Schild über der Tür. Sehr vertrauenswürdig klang das nicht. Und auch die schwach im Sonnenlicht blinkenden Buchstaben sahen eher nach Jahrmarktbeleuchtung aus als nach einem empfehlenswerten Restaurant. Aber Lella hatte mir erklärt, dass man sich davon auf Sizilien nicht täuschen lassen durfte.
    Claudio verschwand im Dunklen des Eingangs. Ich parkte den Citroen, holte Marios Visitenkarte aus der Tasche und wählte seine Nummer.
    »Mario, ciao, das ging jetzt schneller, als ich dachte, aber ich brauche dich unbedingt.« Ich duzte ihn nun auch. »Verstehst du?! Ja, genau, einen guten Fahrer! Beeil dich!« Ich beschrieb ihm, wo ich war, und betrat das Restaurant.
    Die Klimaanlage surrte, über den vielen unbesetzten Tischen hingen Zeitungsausschnitte und Fotos der Speisen,
die hier zu erwarten waren. Selbst bei einem hungrigen Mann wie mir schürte die Farbgebung der Fotos nicht gerade den Appetit.
    Unter dem Ölporträt eines weißhaarigen Mannes saß Claudio. Er hatte mich nicht bemerkt. Ich setzte mich hinter einen Pfeiler, der Kellner kam und hinterließ kommentarlos ein kleines Glas mit einem goldgelben Getränk und ein Ei auf meinem Teller. Mein Magen knurrte. Vorsichtig klopfte ich an das Ei. Es war kalt, aber offenbar hart gekocht. Ich pellte es und spülte es hungrig mit dem süßlichen Wein hinunter. Seltsame Vorspeisen hatten sie hier bei ›Don Tschitscho‹.
    Da kam Mario auch schon herein und winkte mir fröhlich zu, als wären wir zum Billardspielen verabredet.
    »Wohin fahren wir?«, fragte er auf Deutsch und setzte sich mir gegenüber.
    »Wir fahren nicht, ich brauche ein paar Informationen.« Ich legte einen Fünzig-Euro-Schein vor ihn auf den Tisch. Mario verzog kummervoll sein Gesicht. »Nicht von dir«, beruhigte ich ihn. »Von dem da! Vorsicht, er soll uns noch nicht sehen!«
    Marios Mine entspannte sich sofort. Er steckte den Schein ein, erhob sich und spähte äußerst diskret um den Pfeiler. »Ouuh, concorrente, da weht die Wind also her.« Wenn Claudio uns jetzt noch nicht bemerkt hatte, musste er blind sein.
    »Mario, ich nenne dich Mario, ja?«
    »So, wie ich heiße, ja.«
    »Ich bin Phil.«
    »Viel? Ah, wie Viel Collins.«
    »Du musst nur meine Fragen an ihn übersetzen.«
    »Welche Frage hast du? Ich übersetze alles, bin ich eine
schlaue Fuchs, mache interprete für dich, Dolmetscher.« Er lehnte sich zufrieden zurück, um seinen Rücken ausgiebig an der Stuhllehne zu schubbern. Der Kellner kam mit einem weiteren Ei und dem obligatorischen Gläschen auf uns zu, ich winkte dankend ab.
    »Komm, wir gehen rüber. Du übersetzt bitte einfach Wort für Wort!«
    Gemeinsam bildeten wir eine Barriere vor Claudio, der Papiere aus seiner Aktenmappe vor sich ausgebreitet hatte und sie eingehend studierte. Als ich dicht vor ihm stand, platzte meine abgrundtiefe Wut aus mir heraus, und ich rief: »Du Depp willst sie also tatsächlich heiraten?«
    »Scusate?« Claudio sprang erschrocken auf. Sein Stuhl fiel krachend zu Boden.
    »No, niente scusate«, rief ich und bedeutete Mario, sich zurückzuhalten. »Wenn einer sie heiratet, dann io, lei io sposa!« Ich trat einen Schritt auf Claudio zu, der sich nun gänzlich aufgerichtet hatte, den ich aber dennoch um einen ganzen Kopf überragte. Von oben knurrte ich ihn an: »Tu capito? Wenn sie einer heiratet, dann io!«
    Claudio starrte nur in mein Gesicht. Zwei
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