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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes
Autoren: Axel S. Meyer
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Waffen streckt, und nur mit diesem Knaben zu reden, bereitet mir kein Vergnügen. Es ist mir zwar schleierhaft, wie du es geschafft hast, in die Kirche zu kommen, aber letztlich ist es egal. Da du nun schon einmal hier bist, Normanne, werden wir beide uns die Wartezeit vertreiben. Was hältst du davon?»
    Hakon gab keine Antwort.
    «Du solltest etwas zu meinem Angebot sagen. Mir ist langweilig, und ich schenke dir noch ein paar Augenblicke lang dein Leben. Ich finde, das ist eine großzügige Geste von mir. Oder?»
    Hakon bemerkte das nervöse Zucken unter dem linken Auge des Grafen.
    «Wirf das Messer weg!»
    Das Zucken wurde stärker. Das Schwert näherte sich wieder.
    Hakon öffnete seine Faust. Klirrend landete das Messer auf dem Boden.
    «So ist es gut, Normanne. Unterschätze deinen Gegner niemals. Diese Lektion habe ich früh in meinem Leben gelernt. Du scheinst da noch Nachholbedarf zu haben. Es ist ein Jammer, dass wir uns unter diesen Umständen kennenlernen. Du hast mir deinen Namen noch nicht verraten. Ich nehme an, meinen kennst du.»
    «Hakon Sigurdarson.»
    «Sigurds Sohn. Da hätte ich von selbst draufkommen können. Wie geht es dem alten Seeräuber?»
    «Er ist tot.»
    «Oh.»
    «So wie meine Frau.»
    «Deine Frau? Ah, ich erinnere mich. Das aufmüpfige Weib …»
    Der Graf lachte glucksend. «Das kopflose Weib. Vermisst du sie sehr? Natürlich tust du das, so wie deinen Vater. Sonst wärst du nicht hier. Es ist schade, dass der alte Sigurd tot ist. Wirklich. Er war wie du. Eigensinnig. Ein harter Mann mit klaren Vorstellungen. Einer, der immer davon überzeugt war, dass alles richtig ist, so wie er es macht. Das gefällt mir, und es wäre mir eine Freude gewesen, ihn zu töten. Schau dir diesen Haufen Elend an.»
    Er trat seiner Geisel hart in die Seite. Der Königssohn heulte auf.
    «Das soll ein König sein. Riechst du das? Der Bastard hat sich in die Hose gemacht. Meinst du nicht auch, dass das Volk einen besseren König verdient hat?»
    «Ja.»
    Der Graf nickte Hakon aufmunternd zu. «Das war die richtige Antwort. Heb das Messer wieder auf!»
    «Warum?»
    «Weil es keinen Spaß macht, einen unbewaffneten Mann zu töten.»
    Hakon zögerte.
    «Aber ich bin natürlich bereit, eine Ausnahme zu machen», sagte der Graf seufzend und hob das Schwert.
    Hakon sah ein, dass es besser war zu tun, was von ihm verlangt wurde. Er beugte die Knie und tastete den Boden ab, ohne den Grafen aus den Augen zu lassen. Er fand das Messer. Doch als er es nehmen wollte, schnellte der Graf vor, trat das Messer weg und stach mit dem Schwert zu. Die Klinge bohrte sich in Hakons linke Hand, durchtrennte Knochen und Sehnen und nagelte die Hand am Boden fest.
    «Unterschätze deinen Gegner niemals», sagte der Graf und zog das Schwert aus Hakons Hand. «Senk deinen Kopf! Deine Zeit ist vorbei. Ich muss mich um wichtigere Dinge kümmern. Ich verspreche dir, dass es schnell gehen wird. Du wirst kaum etwas spüren, mein Freund. Mein dummer Freund.»
    Hakon starrte dem Mörder in die Augen. So einfach würde er es ihm nicht machen. Er spürte das Blut seine Hand hinablaufen. Schmerzen zuckten wie glühendes Eisen durch seinen Arm.
    Der Graf seufzte. «Du enttäuschst mich. Ich habe dir erneut ein großzügiges Angebot gemacht, und du schlägst es aus. Du hättest dir viel Leid ersparen können, entsetzliches Leid. Ich werde dir Arme und Beine abschlagen und dich dann langsam aufschlitzen. Glaub mir, ich habe das schon einige Mal getan. Es ist eine Sauerei, all das Blut und die stinkenden Gedärme. Hm, da kommt mir eine Idee.»
    Er lachte laut. «Ich werde den Hosenscheißer zwingen, mir dabei zu helfen.»
    Das Schwert hob sich über Hakons Kopf. «Zum letzten Mal, Normanne …»
    Plötzlich erfüllte ein heiseres Krächzen den Raum. Hakon sah den Grafen irritiert zum Fenster schauen. Das Schwert senkte sich wieder.
    «Der verdammte Rabe …», raunte er.
    Hakon versuchte, seine Finger zu krümmen. Die Schmerzen waren grauenvoll. Aber es gelang ihm, seine Hand zu bewegen. Es würde reichen, es musste reichen. Würde er das, was er vorhatte, mit der rechten Hand tun, wären beide Hände nicht mehr zu gebrauchen. Mit einer Hand konnte man überleben. Konnte man immer noch gewinnen.
    Er hob die linke Hand und griff nach dem Schwert. Er fühlte das kalte Eisen und spürte unweigerlich, wie die scharfen Kanten in seine Finger schnitten.
    «Was zur Hölle machst du da, du Bastard?», rief der Graf.
    Er wollte die Klinge mit einem
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