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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Schacht
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hatten es ihr befohlen.
    Es war alles so gut geworden, jetzt, seit der Dresskääl ersoffen war. Sogar ihr Arm war fast wieder ganz gut, nur noch ein bisschen schwach. Aber das würde wieder, hatte der Herr … mhm … Marian gesagt. Und der Herr Master … ähm … der Herr John hatte die Frau Herrin … ähm … die Frau Alyss gebeten, sein Weib zu werden. Und sie würden hier wohnen bleiben. Das war ganz besonders jut. Eine Weile hatte Lore Angst gehabt, dass die Frau Alyss mit ihm über das Wasser fahren und sie alleine lassen würde. Dann hätte sie wieder Päckelches austragen müssen und Lumpen tragen und fauligen Kohl essen müssen. Und das schöne Bett hätte sie auch drangeben müssen. Und die Käferwecken. Und … ja, und die netten Worte, die Frau Alyss immer für sie übrig hatte, die hätten ihr am meisten gefehlt.
    Aber nun blieb sie hier.
    Und heute fand die Hochzeit statt.
    Eine kurze Zeit hatte die schöne Jungfer Leocadie traurig dreingeblickt, weil ihre Hochzeit mit dem Herrn Ritter dadurch verschoben worden war. Aber dann hatte sie doch wieder eine heitere Miene aufgesetzt und geholfen, das wundervolle Gewand von Frau Alyss zu besticken.
    Lore stiefelte die Stiege zu der Kammer der Jungfern hoch, um ihnen beim Ankleiden zuzusehen und sich in ihr eigenes, wundervolles Kleid helfen zu lassen. Lauryn stand schon in ihrem maigrünen Surcot vor der runden Silberscheibe, in der man sich ganz und gar sehen konnte, und ließ sich von Gislindis die Schnürungen zunesteln. Jungfer Leocadie richtete noch ein wenig die zarte Perlenstickerei an ihrem blassrosa Gewand, und Denise streifte sich eben das safrangelbe über.
    »Lore, zieh endlich diesen grauen Kittel aus«, sagte Lauryn und lächelte sie an. »Ich helfe dir mit den Kleidern und den Schuhen.«
    Schuhe, ja, die gab es auch, und vor denen fürchtete Lore sich ein bisschen. Holzpantinen trug sie nur im Winter, und die drückten manchmal ganz schlimm, wenn man Frostbeulen hatte. Aber diese blauen Lederschuhe sahen eigentlich ziemlich weich aus. Misstrauisch musterte sie ihre bloßen Füße. Doch, die waren noch ganz sauber. Nur ein bisschen Stroh hing zwischen den Zehen.
    Gutwillig ließ sie sich helfen, und dann raschelte Seide um sie und duftete so süß. Ganz fest machte sie die Augen zu und drehte sich zum Spiegel um. Erst mit einem, dann mit beiden Augen suchte sie ihr Bild darin.
    Und erkannte sich nicht.
    »Lore, du bist eine feine Jungfer.«
    War das Wesen mit den lustig roten Locken wirklich sie?
    Jungfer Leocadie legte ihr ein Chapel aus weißer Seide und blauen Kornblumen auf diese Locken. Ja, das musste wirklich sie sein.
    Von unten rief Frau Catrin jetzt: »Seid ihr so weit, Mädchen?«
    »Ja, Frau Catrin!«, kam es im Chor, und ganz leise wisperte Lore: »Ja, bin ich.«
    Mit Rascheln und Rauschen liefen sie nach unten, wo sich im sonnendurchfluteten Hof die Festgesellschaft zusammengefunden hatte. Das Federvieh war in den Stall gescheucht worden, Malefiz thronte wie ein schwarzer Dämon auf dem Dach des Falkenverschlags, und Benefiz hielt sich ängstlich winselnd von dem großen weißen Ross fern, das schnaubend mit den Hufen scharrte. Cedric, Frieder, Tilo und Lucien trugen schwarze Wämse und weiße Hemden. Ihre Stiefel waren frisch geputzt, ihre Köpfe bedeckten schwarze, mit Goldfäden bestickte Kappen. Die wohledle Frau Herrin, die Mutter von Frau Alyss, wartete neben dem Ross. Ein goldgelbes Gewand leuchtete in der Sonne, ihre Haube blinkte von edlen grünen Steinen.
    Gislindis gesellte sich zu ihr, die Jungfern folgten ihr, und so trat auch Lore zu ihnen.
    Und dann kam Frau Alyss.
    Wie eine Flamme loderte die Seide, die sie umgab, wie ein schwarzer Schleier fiel ihr schimmerndes schwarzes Haar bis zu ihrer Taille. Gold blitzte an den Säumen, ein funkelnder Stein am Ring ihrer Hand. Frieder trat vor und hielt der wohledlen Frau einen kostbaren Holzkasten hin. Die öffnete den Deckel, und beinahe geblendet zwinkerte Lore angesichts der Pracht, die er enthüllte.
    »Neige dein Haupt, meine geliebte Tochter.«
    »Ja, Frau Mutter.«
    Anmutig kniete Frau Alyss nieder, und ihre Mutter setzte ihr mit einer zärtlichen Bewegung die Krone auf das Haupt. Eine Krone aus purem Gold, eine ganze Handbreit hoch ragten die sechs Lilien auf, dazwischen, niedriger, sechs Blätter, die das Gebilde zu einer Krone würdig einer Fürstin machten. Rosige, beinahe vollendet runde Perlen zierten die Blattspitzen, kleinere umgaben den Stirnreif wie eine
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