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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels
Autoren: Paul C. Doherty
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Gesicht, seiner spitzen Nase und Augen, die nie zu schlafen schienen, an einen grausamen Raben. Lavinius schlug sich mit seinen ledernen Reithandschuhen auf die eine Handfläche und kam ins Zimmer.
    »Sir Simon, Lady Alice.«
    »Hattet Ihr einen guten Tag, Master Monck?«
    Gurney erhob sich. Er hatte die Lippen zusammengepreßt und wirkte düster, was darauf schließen ließ, daß er den zurückhaltenden und verschlagenen Bevollmächtigten John de Warennes, des Earl of Surrey, ebenfalls nicht mochte. Monck lächelte, genauer gesagt, er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, zog seinen Mantel aus und warf ihn auf eine Bank. Er ließ sich von einem Diener einen Becher Posset geben und setzte sich auf einen Stuhl, den ein weiterer Diener an das Halbrund vor dem Kamin herangerückt hatte. Er schlug die Beine arrogant übereinander und schnippte einige Schlammspritzer von seinen Knien. Dann starrte er mit einem irritierenden Lächeln ins Feuer, das darauf schließen ließ, er sei der Hüter eines großen Geheimnisses. Gurney füllte seinen Becher erneut aus einem Krug, der auf einer Anrichte stand, und gesellte sich dann wieder zu seinen Gästen. Er ignorierte, daß ihm seine Frau warnend eine Hand auf den Arm legte.
    »Ich habe Euch eine Frage gestellt. Hattet Ihr einen guten Tag?« Monck lächelte und nippte an seinem Becher.
    »Sir Simon, für mich sind alle Tage gute Tage. Ich bin Euren Besitz abgeritten, habe fürchterlich schlechtes Ale in der Schenke im Dorf getrunken, und ich habe zugehört.« Sein Gesichtsausdruck wurde mit einem Mal hart. »Ich werde so lange zuhören und so lange weitersuchen, bis ich den Mörder meines Dieners Cerdic gefunden habe und ihn von Eurem Galgen auf dem Kliff baumeln sehe!«
    »Und die Pastoureaux?« fragte Alice.
    »Sind wie die Kaninchen in ihren Löchern verschwunden«, entgegnete Monck verächtlich. »Sie scheinen ihre Eremitage nie zu verlassen. Und Ihr, liebster Hugh, wie war Eure Reise?«
    »Unbequem und kalt. Der König sendet Euch seine Grüße und der Earl of Surrey ebenfalls.«
    Monck setzte sich auf seinem Stuhl zurecht, und seine Lederjacke knarrte. Trotz seiner schweren Kleider war dieser Mann vollkommen unempfindlich gegen die grausame Hitze des Feuers.
    »Und warum seid Ihr hier, Hugh?« Monck starrte Ranulf an, und dieser schaute kühl zurück. »Warum durchstreifen Sir Hugh Corbett, der Hüter des Geheimsiegels des Königs, und sein ergebener, aber ziemlich liederlicher Diener Ranulf-atte-Newgate diese unwirtliche Region Norfolks?«
    Corbett starrte in seinen Becher. Er haßte diesen Mann wirklich. Lavinius Monck war der wichtigste Bevollmächtigte des Earl of Surrey, ein Spion und ein professioneller Meuchelmörder. Er hatte in Cambridge studiert und sich einen Namen gemacht, was Gewissenlosigkeit und gleichzeitig unverbrüchliche Ergebenheit anging und eine Verschlagenheit, die jeden Fuchs hätte neidisch werden lassen. War John de Warenne die rechte Hand des Königs, dann war Monck der Dolch in dieser Hand. Corbett machte normalerweise einen Bogen um ihn, aber gelegentlich mußten sie auch Zusammenarbeiten und Informationen austauschen.
    »Warum, Hugh?« wiederholte Monck mit gespieltem Ernst. Corbett öffnete die Brieftasche, die in seinem Gürtel steckte, und zog eine kleine Pergamentrolle daraus hervor. Monck ergriff diese begierig. Erbrach das purpurrote Wachssiegel, rollte das Pergament auf und studierte es im Schein des Feuers. »Gesiegelt vom König vor vier Tagen in Swaffham.« Er schaute auf und grinste. Seine weißen, ebenmäßigen Zähne erinnerten Corbett an die Jagdhunde des Königs. »Ich verstehe. Ihr sollt mich unterstützen.« Er betonte das vorletzte Wort. »Versteht Ihr, was das heißt, Sir Hugh?«
    »Ja«, entgegnete Corbett. »Aber wobei soll ich Euch denn unterstützen, Lavinius?«
    Monck zuckte mit den Achseln, rollte das Pergament wieder auf und steckte es in den Ärmel seines Lederwamses. Er lehnte sich zurück, preßte die Fingerspitzen gegeneinander und starrte ins Feuer.
    »Ah!« seufzte er. »Das ist die Frage, Sir Hugh. Es wird wohl das beste sein, wenn wir uns nicht allzusehr in die Quere kommen. Darauf hat der Earl of Surrey auch sehr bestanden.«
    »Ich dachte, Ihr wäret wegen der Pastoureaux hier?« warf Gurney ein.
    Monck lächelte. »Vielleicht, vielleicht auch nicht, Sir Simon. Das wird sich zeigen.«
    Corbett versuchte, keine Miene zu verziehen, nahm einen Schluck von seinem Posset und trat Ranulf leicht vors Schienbein, um
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