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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen
Autoren: Val McDermid
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riß ihn roh nach vorn. Sekunden später waren seine Hände wieder gefesselt, jetzt vor dem Körper.
    Er kniete vor ihr wie ein Bittsteller. »Siehst du«, keuchte er, »ich habe dir gesagt, ich würde nichts versuchen.«
    Mit gespreizten Beinen dastehend, forderte Angelica: »So, jetzt beweise es mir.«
    »Du mußt mir auf die Beine helfen. Ich schaffe es nicht allein.« Sie beugte sich über ihn, griff wieder in sein Haar und riß ihn hoch auf die Füße. Seine Beinmuskeln zitterten von der Anstrengung, das volle Gewicht des Körpers tragen zu müssen. Sie standen sich jetzt dicht gegenüber, die Seide ihres Kimonos streifte seine Hand. Er spürte die Wärme ihres Atems auf dem rohen Fleisch der Schramme auf seiner Wange. »Küß mich«, bat er sie leise und dachte: Huren werden nie geküßt. Meine Aufforderung zeigt ihr, daß ich sie nicht als Hure betrachte.
    Ein unsicheres Flackern zuckte in ihren Augen auf, aber sie ließ sein Haar los und zog sein Gesicht zu ihrem. Er mußte seine ganze Willenskraft aktivieren, um nicht zurückzufahren, als ihre Lippen sich trafen, ihre Zunge in seinen Mund drang, über seine Zähne glitt und seine Zunge umspielte. Dein Leben hängt davon ab, dachte er. Du hast einen Plan. Tony zwang sich, ihren Kuß zu erwidern, schob seine Zunge in ihren Mund, sich sagend, daß es schlimmere Dinge auf der Welt gab, und diese Frau hatte ihre vorherigen Opfer einige wahrlich schlimme Dinge erleiden lassen.
    Nach dem längsten Kuß seines Lebens, wie es ihm vorkam, löste sich Angelica von ihm und schaute prüfend auf seinen Penis. »Da brauche ich auch ein bißchen Hilfe«, sagte er schnell. »Es war kein leichter Tag für mich.«
    »Welche Art von Hilfe?« fragte Angelica, stoßweise durch den geöffneten Mund atmend. Es war leicht zu erkennen, daß sie keinerlei Schwierigkeiten mit der sexuellen Erregung hatte, die für ihn in so weiter Ferne lag.
    »Nimm ihn in den Mund. Das funktioniert immer, wenn ich Schwierigkeiten habe. Ich kenne jetzt deinen Mund. Ich weiß, du wirst es wunderbar machen. Bitte, ich will dich so schrecklich gern richtig lieben und …«
    Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als sie sich auch schon auf die Knie niederließ, ihre Hände um seine Hoden legte, dann zärtlich seinen schlaffen Penis anhob und ihn in den Mund schob, ohne jedoch den Blick von seinem Gesicht zu wenden. Unendlich langsam zog er ihren Kopf zu sich und zwang ihn nach unten.
    Und dann, unter Aufbietung aller Kraft, die ihm noch geblieben war, riß Tony blitzartig die Arme hoch und ließ die Handschellen auf ihren Hinterkopf niederkrachen.
    Der Schlag kam völlig überraschend für sie, und sie fiel nach vorn zwischen seine Knie, wobei sie noch versuchte, ihre Zähne in sein Bein zu schlagen. Tony ließ sich schnell nach hinten fallen, ein scharfes Reißen in den Fußgelenken spürend, als sie sich gegen eine unnatürliche Bewegung wehrten. Sobald sein Rücken den Boden berührte, schnellte er wieder vor, griff mit beiden Händen in Angelicas Haar und schlug ihren Kopf so lange auf den Steinboden, bis sie sich nicht mehr bewegte.
    Er schob sich über ihren auf dem Bauch liegenden Körper, bis seine tauben Finger die Riemen um seine Fußknöchel erreichen konnten. Mit einer Unbeholfenheit, die ihn fast verrückt machte, versuchte er, die Schnallen der Lederriemen aufzuziehen, die ihn an die Steinplatte fesselten. Nach einer Ewigkeit, wie es ihm vorkam, war er schließlich frei. Als er aufstehen wollte, versagten die Fußknöchel ihm den Dienst, er kippte um, krachte wieder auf den Rücken, und unerträgliche Schmerzen schossen wie Dolchstiche durch seine Beine. Mühsam zog er sich über den Boden auf die Treppe zu. Er war kaum zwei Meter weit gekommen, als Angelica aufstöhnte. Sie hob den Kopf, und Blut und schleimiger Speichel verwandelten ihr Gesicht in eine schaurige Halloween-Maske. Ihn erblickend, schrie sie auf wie ein verwundetes Tier und kroch auf ihn zu.
     
    Die Suche nach Angelicas Mord-Keller wurde immer verzweifelter, im gleichen Maß, wie ihre Angst um Tonys Leben wuchs. Sie hatten den Inhalt des Aktenschranks auf dem Boden ausgebreitet. Jedes Blatt Papier wurde nach einem Hinweis auf die örtliche Lage des Kellers überprüft, der auf dem Video zu sehen gewesen war. Lieferscheine, Garantiescheine, Rechnungen und Quittungen wurden gleichermaßen untersucht. Carol arbeitete sich durch einen Ordner mit offizieller Korrespondenz, in der Hoffnung, auf einen Mietvertrag oder Unterlagen
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