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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition)
Autoren: Inez Corbi
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Karren damit anzuheben, um das gebrochene Rad von der Achse lösen zu können.  
    »Lieutenant, es ist zu schwer!«, hörte Duncan einen von ihnen rufen. »Vielleicht sollten wir erst die Fässer abladen?«  
    »Nichts da, gebt Euch etwas mehr Mühe!«  
    Duncan fuhr herum. Er kannte die Stimme. Und richtig: Es war niemand anderes als Major Penrith, der soeben vom Pferd stieg. Der ehemalige Major Penrith, berichtigte er sich. Denn der Mann war kein Major mehr.  
    Wie ihm Moira erzählt hatte, die es von Dr. Wentworth erfahren hatte, war der Gouverneur sehr ungehalten über Major Penrith gewesen. James Penrith war beschuldigt worden, durch sein Fehlverhalten für den Tod eines Untergebenen verantwortlich gewesen zu sein – der Ärmste war von einem Krokodil gefressen worden. Dr. McIntyre und die drei Rotröcke in seiner Begleitung hatten gegen den Major ausgesagt. Außerdem warf man ihm Korruption, Bestechlichkeit und unerlaubten Rumhandel vor. Daraufhin hatte der Gouverneur Major Penrith zum Lieutenant degradiert und festgelegt, ihn für längere Zeit mit Strafkommandos zu betrauen. Zurzeit war er offenbar dafür verantwortlich, die Fäkalienabfuhr der Kasernenlatrine zu überwachen.  
    Penrith schrie Befehle, die Soldaten mühten sich weiter mit dem Hebel ab, doch nichts geschah.  
    »Ihr nichtsnutziges Gesindel, könnt Ihr denn nichts alleine?« Mit leichtem Humpeln kam Penrith anmarschiert und half mit, den Hebel hinunterzudrücken. Im nächsten Moment brach der Balken krachend entzwei, der Wagen fiel zurück auf das gebrochene Rad, und der Inhalt zweier Fäkalienkübel ergoss sich auf die Straße. Duncan war weit genug entfernt, um nicht getroffen zu werden, aber ein Teil der stinkenden Brühe hatte Penriths Stiefel, seine weißen Beinkleider und den Ärmel seines roten Uniformrocks besudelt. Duncan durchströmte ein Gefühl tiefer Befriedigung.  
    Penrith fluchte. In diesem Moment ging sein Blick in Duncans Richtung. Der Fluch erstarb ihm auf den Lippen, er wurde erst blass und dann rot.  
    »Verdammter irischer Bastard«, stieß er in ohnmächtiger Wut hervor. »Mit dir bin ich noch nicht fertig!« Hektisch strich er über seinen beschmutzten Ärmel. »Du … du Abschaum wirst dir noch wünschen, nie geboren worden zu sein!« Ruckartig drehte er sich um und brüllte neue Befehle.  
    Für einen Moment regte sich Sorge in Duncan. Dann schüttelte er den Kopf – wie konnte Penrith ihm jetzt noch schaden? Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er sich abwandte und den Weg nach Toongabbie einschlug.  
    *  
    Das Kutschenhaus hatte kaum Schaden genommen. Duncan blickte hinauf zu dem roh gezimmerten Dach, das an manchen Stellen ausgebessert werden musste. Dort, auf dem Heuboden, hatte er sein Lager gehabt. Und sich mit Moira getroffen.  
    Es nutzte nichts, es länger hinauszuzögern, also drehte er sich um und ging über den Platz, auf dem der Schlamm mittlerweile getrocknet und von rissigen Furchen durchzogen war. Nach den regnerischen Tagen und Wochen war es jetzt wieder so heiß, dass die Luft vor Hitze flimmerte. Nur ein brauner Streifen an den weiß gestrichenen Hauswänden verriet, dass hier vor kurzem noch das Wasser gestanden hatte.  
    Eine seltsame Scheu ergriff ihn, als er vor dem Haus des Doktors stand. Seine Zunge klebte am Gaumen, Schweiß sammelte sich zwischen seinen Schulterblättern. Die Veranda lag im Schatten des Daches, das von hölzernen Pfeilern getragen wurde. Hier hatte der Aufseher ihn damals angekettet, als sie den Sträfling Henderson zum Doktor gebracht hatten. Und hier war Moira zu ihm gekommen und hatte ihm etwas zu trinken gebracht. Für einen Moment glaubte er wieder die schweren Eisenketten um seine Handgelenke zu spüren. Er packte das längliche Bündel in seiner Hand fester und klopfte.  
    Dr. McIntyre öffnete selbst – und starrte ihn so verwirrt an, als hätte er sich vor seinen Augen in einen Schellfisch verwandelt. »O’Sullivan«, murmelte er.  
    Duncan hätte es verstanden, wenn McIntyre ihn gar nicht erst hätte eintreten lassen, aber entweder war er zu überrascht von seinem Besuch, oder er hatte ihn erwartet. Jedenfalls zögerte der Doktor nur kurz, bevor er ihn hereinbat.  
    In der Wohnstube war Duncan noch nie gewesen, immer nur in Küche und Studierzimmer. Eine bräunliche Verfärbung in Knöchelhöhe zeigte auch hier an, bis wohin das Wasser während der Überschwemmung gereicht hatte. Tisch, Stühle und Schränke waren an den Füßen etwas
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