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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori
Autoren: Sarah Lark
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Fehde mit dem Maori-Häuptling Tonga ihm schließlich den Tod gebracht hatte. Tonga, intelligent und gebildet, triumphierte letztendlich mit einem Beschluss des Gouverneurs: Der Ankauf des Landes für Kiward Station war nicht rechtens gewesen. Wollte Gwyneira die Farm behalten, müsste sie die Ureinwohner entschädigen. Doch Tongas Forderungen waren unannehmbar gewesen. Erst Marama hatte schließlich den Friedensschluss erwirkt. Ihr Kind, von 
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- und Maori-Blut, sollte Kiward Station erben, und das Land würde somit allen gehören. Niemand machte den Maoris das Recht streitig, hier zu lagern, andererseits würde Tonga keinen Anspruch auf das Kernland der Farm erheben.
    Gwyneira und die meisten Mitglieder des Maori-Stammes waren mit dieser Regelung mehr als zufrieden – nur in dem jungen Häuptling schwelte immer noch der Zorn auf die 
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, die verhassten weißen Siedler. Paul Warden war zeitlebens sein Rivale gewesen, nicht nur um den Landbesitz, sondern auch um das Mädchen Marama. Nach Pauls Tod hatte Tonga sicher gehofft, die schöne junge Frau würde sich ihm nach einer angemessenen Trauerzeit doch noch zuwenden. Aber zunächst suchte Marama gar keinen neuen Partner, sondern zog ihr Kind im Herrenhaus auf. Und dann entschied sie sich nicht für Tonga oder einen anderen Mann aus seinem Stamm, sondern verliebte sich Hals über Kopf in einen Schafscherer, der im Frühjahr mit seiner Kolonne nach Kiward Station kam. Dem jungen Mann ging es mit ihr nicht anders, und die beiden wurden sich schnell einig. Rihari war ebenfalls Maori, gehörte aber einem anderen Stamm an. Trotzdem entschloss er sich zu bleiben. Er war umgänglich und freundlich und erkannte Maramas außergewöhnliche Situation sofort: Weder konnte man ihre Tochter Kura von Kiward Station fortholen, noch würde sie ihm allein zu seinem Stamm nach Otago folgen. So bat er um Aufnahme bei ihren Leuten, was Tonga zähneknirschend gewährte. Das Paar lebte nun im Maori-Dorf; Kura war auf eigenen Wunsch im Herrenhaus geblieben.
    Doch in letzter Zeit führte ihr Weg sie immer häufiger zu der Siedlung am See, wobei der Besuch bei ihrer Mutter nur vorgeschoben war. Kura hatte die Liebe entdeckt. Der junge Tiare machte ihr den Hof – und das leider nicht so unschuldig, wie es unter 
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-Kindern im gleichen Alter üblich war.
    Gwyneira, die einstmals die Verliebtheit ihrer Tochter Fleur und Ruben O’Keefe gelassen geduldet hatte, war jetzt alarmiert. Schließlich wusste sie um die lockere Sexualmoral der Maoris. Mann und Frau durften hier beliebig miteinander verkehren. Eine Ehe galt erst als geschlossen, wenn zwei im Gemeinschaftshaus des Stammes das Lager teilten. Was vorher geschah, war dem Stamm egal, und Kinder waren stets willkommen. Kura schien sich an diesen Sitten orientieren zu wollen – und Marama machte keine Anstalten einzuschreiten.
    Gwyneira, James und alle anderen denkenden Menschen auf Kiward Station befürchteten allerdings Tongas Einflussnahme. Natürlich hoffte Gwyneira auf eine Eheschließung Kuras mit einem Weißen ihrer Gesellschaftsschicht – eine Sache, von der Kura vorerst nichts hören wollte. Die Fünfzehnjährige hatte sich in den Kopf gesetzt, Sängerin zu werden, und ihre außergewöhnlich schöne Stimme und ausgeprägte Musikalität boten sicher das Potenzial dafür. Doch eine Opernkarriere in diesem jungen Land, das obendrein puritanisch geprägt war? In Christchurch baute man erst mal eine Kathedrale, im restlichen Land Eisenbahnen ... kein Mensch dachte an ein Theater für Kura Warden! Heather Witherspoon hatte Kura natürlich die Idee von Konservatorien in Europa in den Kopf gesetzt, von Opernhäusern in London, Paris und Mailand, die nur auf eine Sängerin ihres Kalibers warteten. Aber selbst wenn Gwyneira – und Tonga – dies befürwortet hätten: Kura war zur Hälfte Maori, eine exotische Schönheit, die jeder bewunderte, aber würde man sie ernst nehmen? Würde man sie als Sängerin sehen, nicht als Kuriosum? Wo würde das verwöhnte Kind landen, wenn Gwyneira es tatsächlich nach Europa schickte?
    Tonga schien das Problem jetzt auf seine Weise lösen zu wollen. Nicht nur Andy McAran vermutete seine Fäden ziehende Hand hinter Kuras junger Liebe. Tiare war Tongas Cousin; eine Verbindung mit ihm hätte die Stellung der Maoris auf Kiward Station erheblich gestärkt. Und der Junge war erst sechzehn, dazu nach Gwyneiras Dafürhalten nicht der Klügste. Tiare als Herr auf Kiward Station, neben einer an allen
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