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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne
Autoren: Thomas Jeier
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ritten sie am Ufer des Sees entlang nach Osten. Die Herde graste nur einen kurzen Ritt entfernt in einer Senke, und der Häuptling hatte die Frauen angewiesen, dem Jagdtrupp in angemessener Entfernung zu folgen. Sie durften die Jagd von den nahe gelegenen Hügeln aus verfolgen.
    Sie sollten die Pferde mit den Schleppbahren mitbringen und den Kriegern helfen, das Fleisch zu zerteilen und aufzuladen.
    Sieht-hinter-die-Berge ritt mit den Frauen. Er hielt sich neben Weidenfrau und Windfrau, die stämmige Ponys bestiegen hatten und aufgeregt miteinander schwatzten. Eine Büffeljagd war mit anstrengender Arbeit verbunden, aber sie war aufregend und sorgte für Abwechslung. Sie bot den jungen Kriegern Gelegenheit, ihren Mut zu beweisen, und sie war ein Zeichen dafür, dass sie am Leben waren und im Einklang mit der Natur lebten. Die Büffel bestimmten den Kreislauf des Lebens, sie waren heilige Tiere und gaben den tsis tsis tas alles, was sie zum Leben brauchten. Die Zunge, die Nase und die rohe Leber galten als Delikatessen, das Fleisch wurde gebraten, gekocht oder getrocknet, und aus den Knochen und Sehnen wurden Werkzeuge und Waffen hergestellt. Das Fell wurde gegerbt und zu Zeltplanen und Kleidungsstücken verarbeitet.
    Weidenfraus Tochter lag auf der Schleppbahre, die von dem Braunen getragen wurde. Die beiden Tipistangen, die an den Seiten des Sattels festgebunden waren, schleiften durch das kniehohe Büffelgras. Sieht-hinter-die-Berge ließ sich ein paar Meter zurückfallen und beobachtete lächelnd, wie das Kind in den Decken schaukelte und hell jauchzte, wenn die Stangen durch eine Pfütze schleiften und schmutziges Wasser spritzte.
    »Aiee, das wird eine gute Jagd!«, sagte der Schamane.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Weidenfrau. Sie war eine anmutige Frau mit ebenmäßigen Gesichtszügen und einer sehr hellen Hautfarbe. In ihrem Haar glänzten silberne Spangen.
    »Deine Tochter weiß es«, antwortete der Schamane.
    Auf einem Hügelkamm stiegen Sieht-hinter-die-Berge und die Frauen von den Pferden. Die Kinder sprangen von ihren Ponys oder Schleppbahren und tollten ausgelassen herum. Die Frauen standen in Gruppen beisammen, scherzten, lachten und redeten aufgeregt durcheinander. Der Schamane stützte sich auf seinen Wanderstock und blickte in die Senke hinab. Die Jäger hatten es geschafft, die durchgehenden Büffel in eine Kreisbahn zu zwingen, und griffen die Tiere auf ihren Pferden an. Ihre wilden Schreie und das Stampfen der Herde verschmolzen zu einem einzigen Dröhnen und brachten die Erde zum Zittern.
    Sieht-hinter-die-Berge bekam feuchte Augen. Seine Gedanken führten ihn viele Winter in die Vergangenheit, als er selbst auf einem der stämmigen Ponys zur Büffeljagd geritten war und viele Tiere erlegt hatte. Ho, er war ein tapferer Jäger gewesen. Auch jetzt wäre er gern mit den jungen Männern geritten, aber seine Knochen waren zu brüchig, und er schaffte es kaum noch, ein Pferd zu besteigen. Ihm waren nur seine Erfahrung und seine Weisheit geblieben, und es blieb ihm vorbehalten, den Kontakt zu den Geistern zu halten. Er streckte beide Arme der aufgehenden Sonne entgegen und begann zu beten.
    Die Geister meinten es gut mit den Hügelleuten, die viele Büffel erlegten. Gelber Wolf, der zu einem starken und mutigen Krieger herangewachsen war, legte eine Mutprobe ab, als er auf den Rücken eines ausgewachsenen Bullen sprang und ihn mit zwei Messerstichen in die Nierengegend erlegte. Büffelhöcker traf mit jedem Pfeil und ritt siegestrunken durch die aufspritzende Erde. Läuft-rückwärts hing auf der linken Seite seines Ponys, ritt den stampfenden Büffeln entgegen und schoss unter dem Bauch seines Pferdes hindurch. Er tötete einen Büffel mit drei Pfeilen und stieß den Kriegsruf der Hügelleute aus. Er gehörte zu den beiden Gegenteil-Leuten des Volkes und zog viel Gelächter auf sich, aber auf der Jagd und im Krieg war er einer der Tapfersten.
    Sieht-hinter-die-Berge beobachtete zufrieden, wie immer mehr Büffel unter den Pfeilen seiner Stammesbrüder fielen. Die Jagd war gut, und die Fleischlager des Volkes würden bis an den Rand gefüllt sein. Niemand brauchte zu hungern, wenn die Flüsse und Seen zufroren. Sie würden ein großes Fest feiern, und Büffelhöcker wurde dem Waisen Gelber Wolf einige Pferde schenken und ihn aus seiner Obhut entlassen. Heute war einer der Tage, an denen zahlreiche Jungen zu erwachsenen Kriegern wurden. Maheo, der oberste Gott der tsis tsis tas, war seinen
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