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Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)
Autoren: M. L. Stedman
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regnet bald. Die Kakadus lachen immer, wenn es bald regnet. Kannst du das Geräusch nachmachen? Es funktioniert so.« Mit diesem Worten ahmte sie täuschend ähnlich den Ruf des Vogels nach, den ihre Mutter ihr vor vielen Jahrzehnten beigebracht hatte. »Versuch es mal.«
    Doch das Mädchen scheiterte an dem komplizierten Geräusch. »Ich spiele lieber Möwe«, erwiderte sie und krächzte zum Verwechseln ähnlich wie der Vogel, den sie am besten kannte – ein schrilles, gellendes Keckern. »Jetzt du«, forderte sie Hannah auf, die lachte, als es ihr nicht gelang.
    »Das musst du mir noch beibringen, Liebes«, erwiderte sie, und die beiden setzten ihren Weg fort.
    Tom steht auf dem Bootssteg und erinnert sich an seine Ankunft in Partageuse. Und an seinen Abschied. Gemeinsam ist es Fitzgerald und Knuckey gelungen, die Anklagepunkte zu reduzieren und Spraggs Vorwürfe aus der Welt zu schaffen. Der Anwalt hat wortgewaltig nachgewiesen, dass die Anschuldigung der Kindesentziehung haltlos ist, weshalb die damit zusammenhängenden Straftaten ebenso unter den Tisch fallen. Tom hat sich der Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften schuldig bekannt, weshalb die Gerichtsverhandlung in Partageuse, nicht in Albany stattfand. Es hätte immer noch für eine lange Haftstrafe genügen können, wenn Hannah sich nicht für ihn eingesetzt und um Gnade gebeten hätte. Die Zustände im Gefängnis in Bunbury, auf dem halben Wege zwischen hier und Perth, sind weniger streng als in Fremantle oder in Albany.
    Als die Sonne nun im Wasser versinkt, verspürt Tom ein bohrendes Bedürfnis. Noch so viele Monate nach dem Abschied von Janus wollen seine Beine die vielen hundert Stufen hinaufsteigen, um die Lampe anzuzünden. Stattdessen setzt er sich an den Rand des Stegs und beobachtet die letzten Möwen auf dem ruhigen Wasser.
    Er denkt an die Welt, die ohne ihn weitergegangen ist und ihre Geschichten schreibt, ob er nun dabei ist oder nicht. Wahrscheinlich liegt Lucy schon im Bett. Er stellt sich ihr im Schlaf schutzloses Gesicht vor. Wie mag sie jetzt aussehen? Träumt sie von ihrer Zeit auf Janus? Vermisst sie den Leuchtturm? Er denkt an Isabel, die im Sanatorium in ihrem schmalen Eisenbett liegt und um ihre Tochter und ihr altes Leben weint.
    Die Zeit wird ihre Wunden heilen. Das hat er ihr versprochen. Sie wird wieder gesund.
    In einer Stunde geht der Zug nach Albany. Er wird bis Einbruch der Dunkelheit warten, ehe er sich auf den Rückweg durch die Stadt zum Bahnhof macht.
    Einige Wochen später saß Tom im Park des Sanatoriums in Albany an einem Ende der schmiedeeisernen Bank und Isabel am anderen. Die rosafarbenen Zinnien hatten ihre Blütezeit überschritten und waren inzwischen zerzaust mit braunen Rändern. Die Schnecken hatten sich über die Blätter der Astern hergemacht, ihre Blütenblätter hatte der Südwind büschelweise davongetragen.
    »Wenigstens hast du wieder ein wenig zugenommen, Tom. Als wir uns zum ersten Mal wiedergetroffen haben, hast du zum Fürchten ausgesehen. Kommst du zurecht?« Isabels Tonfall war besorgt, allerdings ohne Gefühl.
    »Mach dir um mich keine Sorgen. Wir müssen uns jetzt erst mal um dich kümmern.« Er beobachtete eine Grille, die sich auf der Lehne der Bank niederließ und zu zirpen begann. »Sie sagen, dass du jederzeit gehen kannst, Izz.«
    Sie senkte den Kopf und schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Es gibt kein Zurück, weißt du? Die Vergangenheit und das, was wir beide erlebt haben, lässt sich nicht ungeschehen machen«, erwiderte sie. Tom musterte sie eingehend. Doch sie wich seinem Blick aus, als sie leise hinzufügte: »Und was ist denn noch übrig?«
    »Wovon?«
    »Von allem. Was ist von unserem Leben noch übrig?«
    »Zum Leuchtturm können wir nicht mehr, falls du das meinst.«
    Isabel seufzte auf. »Das meine ich nicht, Tom.« Sie zupfte einen Zweig Geißblatt aus der alten Mauer neben sich und betrachtete es. Als sie ein Blatt nach dem anderen zerrupfte, fielen die winzigen Stückchen wie ein Mosaik auf ihren Rock. »Lucy zu verlieren ist, als wäre mir etwas amputiert worden. Oh, ich wünschte, ich könnte es besser ausdrücken.«
    »Wie du es ausdrückst, spielt keine Rolle.« Als er die Hand nach ihr ausstreckte, wich sie zurück.
    »Sag mir, dass es dir genauso geht«, meinte sie.
    »Was ändert es, wenn ich es ausspreche, Izz?«
    Sie schob die Blattstückchen zu einem ordentlichen Haufen zusammen. »Du verstehst nicht, wovon ich rede, richtig?«
    Während er ratlos die
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