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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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die auf Nahrungssuche waren. Er identifizierte Kopffüßer und etwas, das wie ein großer Ammonit aussah.
    Die Ahnin war ein Fischlein innerhalb einer pfeilschnell durchs Wasser schießenden Schule. Die Formation der Tiere war genauso komplex wie die der modernen Spezies.
    Sie tauchten weiter: In eine Tiefe von vierhundert Millionen Jahren… vierhundertfünfzig…
    Die Evolution führte Experimente durch. Die schlanken Leiber der Vorfahren wurden mit verschiedenen knochigen Strukturen überzogen. Manche Arten überdauerten nur für ein paar Generationen, als ob diese primitiven Fische den genetischen Bauplan für einen umweltangepassten Körper verloren hätten. Bobby wusste, dass Leben aus dem Sammeln von Informationen und dem Erreichen eines bestimmten Komplexitätsgrads bestand. Diese Informationen waren in der Struktur der Lebewesen selbst gespeichert. Und diese Informationen, die über Millionen von Generationen in strenger Auslese gewonnen worden waren, wurden im Rücklauf geradezu verschleudert.
    … Plötzlich war der hässliche urzeitliche Fisch verschwunden.
    Es gab keine Fische in diesem Urmeer. Der Vorfahr war ein fahles wurmartiges Tier, das sich in einen Meeresboden aus geriffeltem Sand eingegraben hatte.
    »Jetzt wird’s einfacher«, sagte David. »Es gibt nur noch Seetang – und ab einem Rücklauf von einer Milliarde Jahre nur noch Einzeller bis zurück zum Anfang.«
    »Wie weit zurück?«
    »Bobby, wir haben gerade erst angefangen«, entgegnete er mit sanfter Stimme. »Wir haben erst ein Drittel der Strecke bewältigt.«
    Sie setzten den Abstieg fort.
    Die Urahnin war ein primitiver Wurm, dessen Form sich ständig veränderte – und dann schrumpfte sie plötzlich zu einem Klecks aus Protoplasma, der in eine Matte aus Algen gebettet war.
    Nachdem sie noch etwas tiefer gefallen waren, gab es nur noch die Alge.
    Dann stürzten sie in Dunkelheit.
    »Scheiße«, sagte Bobby. »Was ist jetzt kaputt?«
    »Ich weiß nicht.«
    David ging zwei Millionen Jahre tiefer. Die universale Dunkelheit wollte nicht weichen.
    Schließlich brach David die Verbindung zum Vorfahren dieser Periode ab – vielleicht eine Mikrobe oder Alge, wenn’s hochkam – tauchte mit dem Blickpunkt aus dem Meer auf und positionierte ihn ein paar tausend Kilometer über der Erdoberfläche.
    Das Meer war weiß; vom Pol bis zum Äquator war es mit Eis bedeckt. Mehrere hundert Kilometer lange Eisschelfe, von Rissen und Graten durchzogen, trieben auf dem Ozean. Über dem eisigen Planeten stand der Neumond. Das vernarbte Gesicht des Erdtrabanten, der selbst in dieser tiefen Vergangenheit schon uralt war, hatte sich seit Bobbys Lebenszeit nicht verändert. Nur dass der Mond von der Erde fast so intensiv angestrahlt wurde wie von der Sonne.
    Die Erde leuchtete gleißend hell, vielleicht noch heller als die Venus – wenn es einen Betrachter gegeben hätte, dem es möglich gewesen wäre, diesen Maßstab anzulegen.
    »Sieh mal dort«, sagte David atemlos. In der Nähe des Äquators erkannte man eine kreisrunde Eisstruktur mit abgerundeten Wänden und einer erodierten flachen Kuppe im Mittelpunkt. »Das ist ein alter Einschlagkrater. Dieser Ringwall aus Eis existiert schon sehr lange.«
    Sie setzten den Tauchgang in der Zeit fort. Die Details des Schelfs – die Risse, gezackten Grate und dünenartigen Schneeverwehungen – verschmolzen zu einem perlgrauen Wabern. Die globale Eiszeit dauerte an.
    Nach einem Fall durch weitere fünfzig Millionen Jahre verschwand das Eis plötzlich wie der Beschlag von einer beheizten Windschutzscheibe. Bobby wollte schon erleichtert aufatmen, doch da wurde der Planet bereits wieder von Pol zu Pol in den eisigen Schraubstock gespannt.
    Es gab noch drei Unterbrechungen in der Eiszeit, ehe sie endgültig vorbei war.
    Schließlich gab das Eis etwas frei, das erdähnlich schien und auch wieder nicht. Es gab blaue Meere und Kontinente. Das Land wirkte karg und wurde von schroffen Bergen mit Schneekuppen beziehungsweise rostroten Wüsten dominiert. Die Umrisse der Kontinente waren Bobby fremd. Vor seinen Augen vollführten sie unter der Regie der Tektonik einen langsamen Reigen, bis sie sich zu einer riesigen Landmasse zusammengeschlossen hatten.
    »Das ist die Antwort«, sagte David. »Der intervallartig entstehende und zerbrechende Superkontinent ist die Ursache der Vergletscherung. Durch den Zerfall verlängert die Küstenlinie sich erheblich. Das stimuliert wiederum die Entstehung von Leben – das sich im Moment
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