Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
Tarsier oder Lemuren.
    Dennoch kündeten diese starr nach vorn gerichteten Augen im flachen Gesicht von einer Erinnerung oder Verheißung.
    Impulsiv verlangsamte David den Abstieg und brachte sie in einer Tiefe von etwa vierzig Millionen Jahren zum Stehen.
    Das gnomenhafte Gesicht des Vorfahren schaute Bobby mit großen Augen an. Das Wesen wirkte nervös. Im Hintergrund schwankten Blätter und Zweige. Auf einer entfernten Ebene, die im grünen Licht kaum zu erkennen war, tummelte sich eine Herde von Tieren, die wie Rhinozerosse aussahen – aber mit klobigen Köpfen und sechs Hörnern. Schwanzwedelnd rückte die Herde langsam vor, tat sich an Buschwerk gütlich und knabberte an Ästen. Also waren es Pflanzenfresser. Ein Jungtier wurde von einer Gruppe pferdeähnlicher Kreaturen umzingelt – nur dass diese ›Pferde‹ mit ihren spitzen Zähnen und den geschmeidigen Bewegungen eher wie Räuber wirkten.
    »Die Geburtsstunde der Säugetiere«, sagte David. »Der ganze Planet ist von Wald bedeckt. Das Grasland ist fast völlig verschwunden. Die Fauna sieht dementsprechend aus: Es existieren nur Proto-Säugetiere in einer frühen Phase der Entwicklung.«
    Die Großmutter war nervös. Alle paar Sekunden drehte sie den Kopf, auch wenn sie Früchte und Blätter kaute. Bobby fragte sich, welche Räuber aus diesem fremdartigen Himmel auf ahnungslose Primaten hinabstoßen würden.
    Mit Bobbys stummer Billigung brach David die Momentaufnahme ab, und sie stürzten weiter durch die Zeit. Der Hintergrund verschwamm zu einem blau-grünen Wabern, und das Gesicht der Ahnin zerfloss und schrumpfte. Die Augen wurden größer und schwarz. Vielleicht hatte sie sich in ein nachtaktives Wesen verwandelt.
    Streiflichtartig erkannte Bobby dichte grüne Vegetation, die ihm zum größten Teil unbekannt war. Das Land wirkte nun verlassen: Keine behäbigen Pflanzenfresser wurden mehr von flinken Fleischfressern über die leere Bühne gejagt, die hinter dem schmalen Gesicht der Urahnin sich erstreckte. Er verglich die Welt mit einer entvölkerten Stadt, in deren Ruinen nur noch Ratten und Mäuse hausten.
    Die Wälder lichteten sich wie Nebel in der Morgensonne. Das Land verwandelte sich in eine öde Ebene, mit Stümpfen von Bäumen durchsetzt, die einmal hoch emporgeragt haben mussten.
    Plötzlich überzog Eis in dicken Schichten die Erde. Bobby spürte förmlich, wie das Leben langsam aus dieser Welt gesogen wurde.
    Wolken zogen auf und tauchten das Land in Dunkelheit. Regen quoll aus dem dunklen Boden. Große Knochenhaufen stachen aus dem Schlick, wurden zusammengesetzt und mit grauem Fleisch überzogen.
    »Saurer Regen«, murmelte David.
    Gleißendes Licht loderte auf.
    Es war kein Tageslicht, das ganze Land schien in Flammen zu stehen. Die Urgewalt des Feuerturms war schaurigschön.
    Dann flaute er ab.
    Unter einem bleiernen Himmel löste der Flächenbrand sich in einzelne Brände auf, die immer schwächer wurden, bis die züngelnden Flammen dem Grün belaubter Äste gewichen waren. Schließlich verwandelte sich das Feuer in Kugeln, die nach oben schossen und sich an einem schwarzen Himmel zu einer Wolke von Meteoriten zusammenballten.
    Wie ein Vorhang zogen sich die dicken schwarzen Wolken zurück. Ein Wirbelwind befestigte abgebrochene Äste wieder an den Bäumen und wehte Scharen geflügelter Wesen zwischen die Zweige. Am Horizont erschien eine Scheibe aus Licht, die sich pink und weiß färbte und wie ein Suchscheinwerfer in den Himmel stach.
    Es war eine Säule aus geschmolzenem Gestein.
    Die Säule zerfiel in einem orangefarbenen Glühen. Und wie ein zweiter Sonnenaufgang sich erhob eine glühende, diffuse Masse über den Horizont. Ein langer glühender Schweif zog sich in großem Bogen durch den halben Himmel. Getarnt vom Tageslicht, brillant leuchtend in der Nacht, entfernte sich der Komet mit jedem Tag weiter von der Erde und verschwand mit seiner tödlichen Fracht in den Tiefen des Sonnensystems.
    Die Brüder sahen wieder eine heile Welt, die geradezu paradiesisch anmutete.
    Der Vorfahr war eine furchtsame Kreatur mit großen Augen, die über dem Boden hing. Vielleicht hatte sie sich irgendwo verfangen.
    Hinter ihr sah Bobby etwas, bei dem es sich um das Ufer eines Flachmeers zu handeln schien. Sumpfmoorwälder bedeckten das Tiefland entlang der Küste. Ein breiter Strom, der in entfernten blauen Bergen entsprang, floss ins Meer. Die breiten, gezackten Rücken von Tieren, bei denen es sich um Krokodile handeln musste, schnitten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher