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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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auf Mikroben und Algen beschränkt, die in Flachmeeren und in seichten Küstengewässern vegetieren –, wobei dieses Leben Kohlendioxid aus der Atmosphäre abzieht. Der Treibhauseffekt kommt zum Erliegen, sodass die Sonneneinstrahlung etwas schwächer ist als in unsrer Zeit…«
    »Das bedeutet Eiszeit.«
    »Ja. Ein und aus, für zweihundert Millionen Jahre. Photosynthese hat höchstens für ein paar Millionen Jahre am Stück stattgefunden. Es ist erstaunlich, dass das Leben überhaupt fortbestehen konnte.«
    Die beiden tauchten wieder ins Meer. Das DNA-Spürgerät führte sie zu einer grünen Algenmatte. Irgendwo war die Zelle eingebettet, die der Vorläufer aller Menschen war, die jemals gelebt hatten.
    Über ihnen schwamm eine kleine Schar quallenartiger Kreaturen durchs kalte blaue Wasser. Weiter entfernt machte Bobby komplexere Lebewesen aus: Wedel, Zapfen und Matten wie Flickenteppiche waren am Meeresboden verankert oder drifteten im Wasser.
    »Das sieht mir aber nicht wie Seetang aus«, sagte Bobby.
    »Mein Gott«, entgegnete David verblüfft. »Sie sehen aus wie Ediacarane. * Vielzellige Lebensformen. Aber die Ediacarane stehen erst in ein paar hundert Millionen Jahren auf der Tagesordnung der Evolution. Hier stimmt was nicht.«
    Sie nahmen den Abstieg wieder auf. Die vielzelligen Organismen verschwanden, als das Leben vergaß, was es sich mühsam angeeignet hatte.
    In einer Tiefe von einer Milliarde Jahren wurden sie wie durch einen Hammerschlag erneut in Dunkelheit getaucht.
    »Wieder eine Eiszeit?« fragte Bobby.
    »Ich glaube, ich weiß Bescheid«, erwiderte David. »Das war ein Impuls der Evolution – ein frühes Ereignis, das wir anhand der Fossilien nicht erkannt haben. Das Leben hat den Versuch unternommen, über das Stadium der Einzeller hinauszukommen. Aber es wurde durch die Serien-Eiszeiten ausgelöscht, und zweihundert Millionen Jahre des Fortschritts waren verloren… Verdammt nochmal.«
    Als das Eis hundertfünfzig Millionen Jahre tiefer wieder verschwand, sahen sie komplexe vielzellige Lebewesen zwischen den Algenmatten grasen. Ein weiterer Anlauf des Lebens, der in der Eiseskälte der Vergletscherung stecken bleiben würde. Erneut mussten die Brüder mit anschauen, wie sich das Leben auf die primitivsten Formen zurückwerfen ließ.
    Während sie durch die amorphen Äonen fielen, schlug noch fünfmal der Hammer der globalen Vergletscherung auf den Planeten; jedesmal gefroren die Meere und alles Leben wurde ausgelöscht außer den primitivsten Lebensformen, die in irgendwelchen Nischen überlebt hatten. Es war eine teuflische Rückkopplung, die immer dann ausgelöst wurde, wenn das Leben einen signifikanten Brückenkopf in den Küstengewässern der Kontinente erobert hatte.
    »Es ist die Tragödie des Sisyphus«, sagte David. »In der Mythologie musste Sisyphus einen Felsbrocken einen Berg hinaufrollen, von wo er immer wieder hinunterrollte; so wie das Leben nach Komplexität und Intelligenz strebt und immer wieder auf die primitivste Stufe heruntergedrückt wird. Es ist eine Serie eisiger Wurmwald- Katastrophen, wenn du so willst. Vielleicht haben diese nihilistischen Philosophen doch Recht; vielleicht haben wir das vom Universum zu erwarten – die erbarmungslose Vernichtung von Leben und Intelligenz, denn der Gleichgewichtszustand des Kosmos ist der Tod…«
    »Ziolkowski hat die Erde einst als Wiege der Menschheit bezeichnet«, sagte Bobby. »Sie ist sogar die Wiege des Lebens. Aber…«
    »Aber sie ist eine Teufelswiege, die ihre Kinder erdrückt«, sagte David. »So etwas wird heute nicht mehr passieren. Zumindest nicht auf diese Art. Das Leben hat komplexe Rückkopplungsschleifen entwickelt, die den Masse- und Energiefluss durch die Erd-Systeme regeln. Wir hatten die Erde bisher für ein Paradies gehalten. Ist sie nicht. Das Leben hatte lernen müssen, sich gegen den geologischen Jähzorn des Planeten zu behaupten.«
    Schließlich erreichten sie eine Zeit jenseits des geologischen Hammerwerks.
    Diese junge Erde hatte wenig Ähnlichkeit mit der Welt, zu der sie einmal werden würde. Die Luft war viskos und nicht atembar. Es gab weder Hügel noch Küsten, weder Klippen noch Wälder. Der Planet schien zum großen Teil von einem flachen Meer bedeckt, das nicht von Kontinenten geteilt wurde. Der Meeresboden war nichts als eine dünne, rissige Kruste, durchzogen von Lavaströmen, die die Meere erwärmten. Oft hüllten dichte Gaswolken den Planeten für ein paar Jahre ein, bis Vulkane aus der
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