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Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)

Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)

Titel: Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)
Autoren: Frank Schmitter
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aufgewachsen – als ein Zugeständnis an ihren üppigeren Formen zu verstehen war.
    Daria nickte. Gute nachbarschaftliche Beziehungen führen zu dem Punkt, nicht nein sagen zu können, dachte sie, und schaltete die Maschine ein. Frieder hatte sie gekauft, nachdem er übers Internet einen Testbericht von Stiftung Warentest bestellt und zwei Vormittage in einschlägigen Geschäften in der Innenstadt zugebracht und die Verkäufer mit den auswendig gelernten Daten über Pumpendruck, getrennte Thermostate und einstellbare Mahlgrade genervt hatte. Bei größeren Anschaffungen ging er strategisch vor, geduldig und misstrauisch.
    „Ich wollte sowieso eine kurze Pause machen“, sagte Daria, „ich hocke an einer Übersetzung, die heute Vormittag noch raus muss.“
    „Falls du später noch zur Post fährst“, begann Veronika und holte wie selbstverständlich die Milch aus dem Kühlschrank.
    „Das geht via Internet. Sie schicken den Text als eine Mail, ich mache meinen Job und schicke ihn wieder zurück. Der PC ist sein eigener Briefkasten.“
    Während sich die Espressomaschine in der vertrauten Kakophonie aus Gurgeln, Zischen und Rumoren warmlief, dachte sie an Georg. Der Mann im Flur. Der Liebhaber im Schrank. Oder der Nicht -Liebhaber im Schrank? Sie überlegte, ob sie zusätzlich zu ihrem Wink mit dem Zaunpfahl eine Zigarette rauchen sollte. Veronika gehörte wie Frieder zu den Antiraucher-Fundis; aber sie würde in dem Fall wohl den Vorschlag machen, in den Garten zu gehen, und das erhöhte das Risiko, Georg betreffend, und verlängerte ihre Anwesenheit.
    Daria lehnte sich gegen die Arbeitsfläche und war zum ersten Mal froh, dass ihre Küche zu klein war für zwei Stühle. Es gab lediglich einen Klappstuhl, der im Spalt zwischen Wand und Geschirrschrank steckte und den sie nur herausholte, wenn sie mit Svenja zusammen kochte oder backte. Veronika repetierte die aktuellen Preise für Bioobst. Es gab in Gerding gleich vier reine Obst- und Gemüsegeschäfte, die neben den Supermärkten und den Bauern, die ihre Produkte im Direktverkauf anboten, überleben konnten. Erstaunlich bei weniger als 20.000 Einwohnern, fand Daria, und nur erklärbar durch eine Generation Mütter, deren Umweltbewusstsein sich nicht im ewigen Widerstreit mit dem Haushaltsgeld befand. Veronikas Mann war Steuerprüfer und Unternehmensberater, der von frühmorgens bis spätabends in seinem Büro im Souterrain arbeitete und Pfeife rauchte. Manchmal schlief er auf der Couch ein und kam erst zum Frühstück nach oben. Lara war ein Wunschkind, das mit zehnjähriger Verspätung kam, und Veronika konzentrierte sich auf ihre Tochter, als hätte sie die Energien eines ganzen Jahrzehnts dafür aufgespart.
    „Soll ich einen Pfannkuchen für Svenja übrig lassen? Ich habe genug Äpfel, und es erleichtert mein Gewissen. Du müsstest ein Sparschwein neben die Espressomaschine stellen, für Stammkundinnen wie mich.“
    Daria öffnete die Spülmaschine und stellte ihre Kaffeetasse hinein. „Ich möchte nicht unhöflich sein, Veronika, aber ich fürchte, meine Arbeit ruft.“
    „Bei mir ruft höchstens mal mein Göttergatte nach der nächsten Kanne Tee“, sagte Veronika Heidkamp und ging aus der Küche. „Svenja soll doch einfach heute Nachmittag rüberkommen, den Kuchen kann ich kurz in die Mikro schieben.“
    Daria sah, wie ihre Nachbarin die Einkaufstasche an den Lenker hängte und das Fahrrad die wenigen Meter zu ihrem Haus schob. Sie fühlte plötzlich einen Druck auf der Blase, die innere Anspannung und der Espresso hatten sich offenbar verbündet. Sie wollte die Gästetoilette im Erdgeschoss benutzen, da tickte jemand mit einem Ring gegen den Glasstreifen in der Haustür. Daria öffnete.
    „Sorry, ich habe meine Schlüssel …“ Veronika brach ab und schaute an Daria vorbei. Daria drehte sich um.
    „Oh. Hallo Veronika“, sagte Georg. Er stand in der Diele, die rechte Hand noch am Treppengeländer, suchte den Blickkontakt zu Daria, aber in deren Augen war nichts zu lesen außer blankem Entsetzen.
    „Also“, begann Georg zögerlich, „ich kriege deinen Computer auch nicht zum Laufen. Man kann einfach die Software noch einmal neu laden, dann behebt sich der Fehler vielleicht von selbst. Aber die Programme habe ich nur im Büro. Ich könnte deinen Rechner mitnehmen. Heute ist Freitag – vielleicht schaffe ich es noch bis heute Abend.“
    Daria spürte einen Schlag im Rücken; Veronika hatte die Tür so heftig aufgestoßen, dass der geschwungene
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