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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman
Autoren: Sophie Benning
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Geschichte ein paar Expertinnen vorlegen und sie fragen, was sie davon halten.«
    Ineke linste auf die Uhr. »Und wo willst du die um diese Zeit herzaubern?«
    »Nix zaubern«, sagte ich. »Die sitzen in der Garderobe im Opernhaus und sind eingefleischte Fans von Luise.«
    Meine drei Kolleginnen begrüßten mich herzlich.
    »Hast du Sähnsucht, Scharrelotte?«, fragte Olga, während sie mich in die Arme schloss. »Bihst ihmer wihlkomen bai uns!«
    Mir wurde ganz warm ums Herz und ich freute mich, diese Frauen kennengelernt zu haben. Überhaupt: Die vergangenen Wochen waren, trotz gewaltiger Ups und Downs, einfach gut gewesen.
    »Nicht nur die Sehnsucht hat mich getrieben«, gab ich zu. »Ich brauche dringend euer Urteil.« Ich setzte mich zu ihnen und verteilte die Ausdrucke. »Ich möchte gerne wissen, ob euch so eine Geschichte, wie ich sie hier zusammengefasst habe, gefallen würde. Einfach mal durchlesen, und wenn euch etwas komisch vorkommt, bitte sagen. Ihr seid meine Jury!«
    »Hast du danach noch kurz Zeit für meine Rätselfragen?«, wollte Mechthild wissen.
    »Alle Zeit der Welt«, versprach ich ihr. Dann lehnte ich mich zurück und verfolgte gespannt die Mimik meiner Kolleginnen.
    »Aihne schäne Geschichte«, seufzte Olga als erste. »Wie bai mainer Tante Anastasija. Hatte sich in Postbote verliebt.«
    »Und der hat nebenbei als Callboy gearbeitet?« Manchmal übersah man ja die einfachsten Lösungen.
    »Nain, aber ähr haht viele Frauen beglickt! Post kam ihmer sähr spät.«
    »Kriegen die beiden sich am Ende so richtig?«, wollte Chantal wissen. »Also, mir persönlich würde eine heiße Kussszene gefallen, bei der sie sich schon an die Wäsche gehen und man weiß: Aha, die landen bald miteinander in die Kiste.«
    Dieser Vorschlag brachte ihr einen missbilligenden Blick von Mechthild ein. »Ein heißer Kuss ist mehr als genug«, brummte sie. »Es sind nicht alle so wild wie du.«
    Ich tippte auf die letzte Seite. »Das ist mein größtes Problem: ein schlüssiges Ende. Schön wäre natürlich, wenn dieser Mann kein Callboy wäre, sondern einen ganz soliden Beruf ausüben würde. Und die Telefonate sich auf etwas völlig anderes beziehen und sie am Ende richtig glücklich miteinander werden, versteht ihr?«
    Konzentriertes Schweigen in der Garderobe.
    »Vielleicht ist er Vertreter?«, schlug Chantal vor.
    »Was denn?« Mechthild zeigte ihr einen Vogel. »Für Kondome oder wie?«
    Auch Vorschläge wie mobiler Friseur, Koch für die Bordellkantine oder Servicemann für den Whirlpool fand niemand wirklich überzeugend und wir gaben es auf.
    »Wo wir aber eh schon beim Rätselraten sind«, sagte Mechthild. »Was ist denn eine Tändelei mit ... zwölf, dreizehn, mit vierzehn Buchstaben?«
    »Techtelmechtel«, sagte ich und dachte bei dem Wort sehnsüchtig an den schönen Unbekannten.

34
    Am Montag kam lediglich eine kurze Mail von Frau Melzer: »Alles angekommen, wir melden uns bald bei Ihnen!«
    Danach war Ruhe im PC. Grabesruhe.
    Es war mittlerweile Donnerstag und allmählich lagen meine Nerven blank.
    Ich versuchte mich zwar mit dem Schreiben der ersten Folgen abzulenken, aber das gelang mir nicht so recht. Einerseits hatte ich schrecklichen Schiss, dass sie unsere Idee ablehnen würden, andererseits musste ich dauernd an Mister Sex-Pur denken. Kein Wunder, schließlich zerbrach ich mir pausenlos den Kopf über den Mann und das Ende der Geschichte.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir diese Woche noch was hören«, sagte Andrea.
    »Könntest du das Wörtchen ziemlich weglassen?« Ich tigerte unruhig zwischen Küche und Flur hin und her. »Und was machen wir, wenn sie Nein sagen?«
    »Dann können wir uns immer noch einen Plan B überlegen«, sagte Andrea. »Und jetzt sei so gut und setz dich hin. Du machst mich kirre!« Er lotste mich zu einem der Stühle am Esstisch und setzte sich mir gegenüber. »Über solche Projekte kann die Redaktion bestimmt nicht alleine bestimmen. Sie werden das Ganze vorbereiten müssen, auf einer großen Sitzung vorlegen und dort wird dann entschieden. Und erst dann können sie grünes Licht geben.«
    »Oder rotes«, brummte ich. Meine Stimmung war auf dem direkten Weg in den Keller und ich starrte trübsinnig aus dem Fenster. Helmut Krause war momentan in Fernost unterwegs und ich hatte ihm bisher nichts von meinen Absichten erzählen können. Sollte ich vielleicht doch erst mal dort anfangen, wenn mein Konzept es nicht geschafft hatte?
    Verdammt. Wie ich diese Zweifel
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