Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben ist ein Baumarkt

Das Leben ist ein Baumarkt

Titel: Das Leben ist ein Baumarkt
Autoren: Mirko Trompetter
Vom Netzwerk:
mal ein paar Tage abgewartet habe. Zum anderen könnte es aber auch sein, dass ich es anschließend einfach vergessen habe.
    Noch dümmer als die nicht eingegangene Bestellung ist allerdings die Tatsache, dass ausgerechnet jetzt dieser Kunde vor mir steht und endlich seine Fliesen haben will. Schlagartig wird mir bewusst, dass die vorher genannten Punkte keine wirklich guten Argumente sind, um ihm zu erklären, warum seine Fliesen immer noch nicht da sind. Ich brauche also eine Ausrede. Eine wirklich gute Ausrede. Also sage ich zu ihm: »Haben Sie letzte Woche in den Nachrichten nichts von dem Frachtschiff gehört, das untergegangen ist?«
    »Was für ein Frachtschiff?«, fragt er mich und schaut dabei ganz entgeistert.
    »Na das, das letzte Woche untergegangen ist.«
    »Nee, davon hab ich nix mitbekommen. Aber ich hör eh keine Nachrichten.«
    »Na, in dem Fall hätte es sich aber gelohnt«, fahre ich fort. »Da waren nämlich unter anderem auch Ihre Fliesen mit drauf.«
    »Ach komm, erzähl doch keinen Scheiß. Verarschen kann ich mich selbst«, erwidert er daraufhin.
    »Na klar kannst du das. Aber nicht so gut wie ich«, denke ich, merke allerdings, dass ich wohl noch eine Schippe drauflegen muss: »Das ist kein Scheiß, sondern Realität. Das war sogar im Fernsehen. Ich hab’s ja selbst gesehen und Anfang der Woche haben wir dann von unserer Zentrale die Nachricht bekommen, dass es wegen dem Schiffsunglück einen Fliesenengpass gibt. Nicht nur bei Ihren Fliesen, sondern auch bei anderen. Oder meinen Sie vielleicht, ich hab mir das aus der Nase gezogen? Da können Sie von mir aus auch gerne beim Hersteller anrufen. Der sitzt in den Arabischen Emiraten und wird sich sicher freuen, wenn Sie nach Ihren Fliesen fragen.«
    Das scheint gesessen zu haben. Der Kunde wird auf einmal ganz kleinlaut: »Nee, is ja Quatsch. Da brauch ich nicht anrufen. Ich erinner mich, dass ich da was gesehen hab, aber ich wusste ja nicht, dass damit Fliesen von den Arabern raufgekarrt werden. Wie lange kann es denn dauern, bis die neuen Fliesen da sind?«
    »Also soweit ich weiß, schicken die umgehend Ersatz«, antworte ich. »Aber ich denk mal, 14 Tage bis drei Wochen wird es trotzdem noch dauern.«
    »Na ja«, meint er, »ist ja nicht so schlimm. So was kann ja mal passieren. Dann mache ich in der Zwischenzeit eben woanders weiter. Auf die paar Tage hin oder her kommt es jetzt auch nicht mehr an.«
    Wir einigen uns also darauf, dass ich ihn anrufe, sobald ich etwas von seinen Fliesen weiß, und er macht sich endlich vom Acker. Natürlich bestelle ich, sofort nachdem er weg ist, seine Fliesen, die dann auch prompt eine gute Woche später bei uns angeliefert werden.
    Nach weiteren vier Tagen kommt der Kunde erneut vorbei, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen, und ich erkläre ihm, dass es wohl noch ein paar Tage dauern wird. Anscheinend habe ich da gerade vergessen, dass die Ware ja schon da ist. Macht aber nichts. Denn nach einer weiteren Woche ist es mir wieder eingefallen. Da habe ich den Kunden natürlich sofort angerufen, um ihm mitzuteilen, dass seine Fliesen endlich eingetroffen sind. Er hat sie dann noch am gleichen Tag abgeholt und war sichtlich glücklich. Außerdem hat er sich extra bei mir bedankt, weil ich mich ja so toll um die ganze Sache gekümmert habe.
    Und was soll ich sagen? Er hat nicht eine einzige Fliese umgetauscht.
    Manchmal braucht man eben etwas länger, um einen Kunden wirklich glücklich zu machen. Aber wenn man nur hart genug daran arbeitet, wird es einem später auch gedankt.

 
Besser zu viel als zu wenig
    Telefonisch hat mich eine Kollegin informiert, dass in der Fliesenabteilung ein junger Mann dringend meine Hilfe benötigt. Ich mache mich also auf den Weg zu den Fliesen und entdecke sogleich den Hilfsbedürftigen.
    »Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?«, spreche ich ihn an.
    In leicht gebrochenem Deutsch erwidert er: »Brauch isch von dem Fliesen. Wie viele is drin in ein Karton?«
    »In einem Karton sind 2,07 Quadratmeter drin«, antworte ich. »Wie viele Quadratmeter brauchen Sie denn?«
    »Brauch isch, äh warte ma ... äh ... Zimmer is so 1,5 Meter schmal. Lang is 10 Meter.«
    Ich sage: »Also 1,5 x 10 Meter, dann sind es genau 15 Qua­dratmeter, etwas Verschnitt noch dazugerechnet, dann dürften 17 Quadratmeter locker ausreichen.«
    »Okay, nehm isch ma zwölf Kartons. Reicht oder muss ma mehr nehmen?«
    Da ich bemerkt habe, dass es bei ihm mit dem Kopfrechnen nicht so gut klappt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher