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Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02
Autoren: Anna Kendall
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und oben drei winzige Schlafkammern hatte. Maggie, die Eintöpfe mit Wildkaninchen und Gemüse aus dem Küchengarten zubereitete– Eintöpfe, die so gut waren, dass die örtlichen Bauern angefangen hatten, ihre eigenen Hütten zu verlassen, um im Gasthaus Abendbrot und Sauerbier zu sich zu nehmen, sich während der langen Winternächte zu unterhalten, und froh waren, einen Ort zu haben, an dem sie zusammenkommen konnten. Maggie, die das Bier kaufte und dabei so hart verhandelte, dass sie sich den zähneknirschenden Respekt von Männern erworben hatte, die dreimal so alt waren wie sie. Maggie, die unsere Hühner kaufte und unsere Hemden nähte, die buk und kochte und briet. Maggie, die erst in diesem Frühling mit unserem sorgsam gehorteten Geld der Witwe Moore zwei Schafe abgekauft hatte. Maggie, die mir sogar das Leben gerettet hatte, mit der Hilfe von Mutter Chilton. Ich schuldete Maggie alles.
    Aber ich konnte ihr nicht das geben, was sie von mir wollte. Ich konnte sie nicht lieben. Cecilia stand zwischen uns, ganz so als wäre sie gar nicht gestorben. Zweimal. Cecilia und Königin Caroline und meine Gabe, die ich seit über zwei Jahren nicht benutzt hatte, die aber immer noch in mir schwärte, wie eine Wunde, die nicht heilen wollte.
    Die Schafe blickten mich mit ihren albernen Gesichtern nachdenklich an. Was für dumme Tiere, sie ärgerten mich in einem fort: Sie rülpsten, sie furzten, sie bekamen Maulfäule und Ringelflechte. Sie fielen auf den Rücken und konnten, wenn sie voll in der Wolle standen, nicht mehr ohne Hilfe aufstehen. Sie kauten auf ihrem Futter, bis es ein triefender Ballen war, und ließen es mir dann auf den Fuß fallen. Sie fürchteten sich vor neuen Farben, seltsamen Gerüchen und davor, geradeaus zu gehen. Sie stanken.
    Dennoch freute ich mich nicht darauf, das Lamm zu töten. Eines der Schafe lag neben den Zwillingslämmern, das andere säugte ein einzelnes Junges– welches meinte Maggie mit dem »Fettesten«? Wie viele Reisende gab es denn, und woher kamen sie?
    Ich hätte mich vor den Reisenden fürchten sollen, aber ich stellte fest, dass ich es nicht tat. Jede Veränderung im kleinen, ermüdenden, unabänderlichen Alltagsleben von Apfelbrück war mir willkommen. Und es sollte auch nichts zu fürchten geben: Im Königinnenreich herrschte seit zweieinhalb Jahren Frieden, es wurde vom Regenten Lord Robert Hopewell für die sechsjährige Prinzessin Stephanie regiert. Niemand wusste, wo oder wer ich war. Reisende konnten eine erfreuliche Abwechslung darstellen.
    »Es tut mir leid«, sagte ich zu dem größeren der beiden Zwillingslämmer. Es blinzelte mich an und drängte sich enger an die Mutter.
    Ich verließ den Verschlag der Schafe, verriegelte sorgfältig die Holztür und ging auf dem Feldweg zur Rückseite der Hütte. Der Sommermorgen funkelte frisch und schön. Wildrosen blühten entlang der Wege, daneben Gänseblümchen und Hahnenfuß und Glockenblumen. Vögel zwitscherten. Die Hütte stand an einer Hügelflanke, dahinter erhoben sich bewaldete Hänge, und ich konnte die Höfe und Obstgärten von Apfelbrück unter mir ausgebreitet sehen, Felder und Bäume, die alle in dem zarten Gelbgrün gefärbt waren, das sich nur einmal im Jahr zeigt. Der Fluss strömte rasch und blau dahin; über ihn spannte sich die alte Steinbrücke, die dem Dorf seinen Namen gab. Maggies Küchengarten roch nach Minze und Lavendel.
    Als ich um die Ecke unserer Hütte zum Stall kam, blieb ich auf der Stelle stehen.
    »Reisende«, hatte Jee gesagt, »mit ihren Dienern.« Aber er hatte mir nichts darüber berichtet: Fünf Maultiere, stärker als Esel und ausdauernder als Pferde, wurden von einem Jungen in meinem Alter gestriegelt und getränkt. Die Maultiere waren gute Tiere, wirkten aber, als hätte man sie zu hart angetrieben, um die vier Wagen zu ziehen, die nun neben der Straße abgestellt waren. Drei der Wagen waren Bauernkarren, wie sie jeder benutzte, um Ernten zum Markt zu bringen, aber darauf standen hoch aufgestapelt polierte Holztruhen, wertvolle, geschnitzte Möbel, Fässer und Stoffbeutel. Der vierte war ein geschlossener Wohnwagen, ein Zweispänner, wie sie die Schausteller benutzten, um in dichter besiedelten Gegenden als der unseren von Jahrmarkt zu Jahrmarkt zu ziehen. Dieser Wohnwagen hatte jedoch vergoldete Räder, Messingbeschläge und Silberverzierungen. Er war weder Wagen noch Kutsche, sondern ein Zimmer auf Rädern, vermutlich innen genauso üppig ausgestattet wie außen.
    Woher kamen
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