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Das Lächeln der Frauen

Das Lächeln der Frauen

Titel: Das Lächeln der Frauen
Autoren: Nicolas Barreau
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und
zugleich Tragische an dieser Begegnung war, daß sie etwas von mir wollte, das
ich ihr nicht geben konnte. Sie hatte nur einen Wunsch - sie war besessen davon
wie die Prinzessinnen im Märchen von der verbotenen Tür - und gerade dieser
Wunsch war unmöglich zu erfüllen. Oder doch?
    Es ist viel passiert seither - Schönes und Schreckliches,
und ich möchte alles erzählen. Die ganze Wahrheit nach all den Lügen.
    Dies ist die Geschichte, wie sie wirklich war, und ich
schreibe sie wie ein Soldat, der am nächsten Tag in die Schlacht ziehen muß,
wie ein Kranker, der nicht weiß, ob er am Morgen noch die Sonne aufgehen sieht,
wie ein Liebender, der sein ganzes Herz in die zarten Hände einer Frau legt in
der verwegenen Hoffnung, daß sie ihn erhört.
     
    Seit meinem Gespräch mit
Monsignac waren drei Tage vergangen. Drei Tage hatte es gebraucht, bis ich
diese ersten Sätze zu Papier gebracht hatte, doch dann ging alles mit einemmal
rasend schnell.
    In den
nächsten Wochen schrieb ich wie von einer höheren Macht gesteuert, ich schrieb
um mein Leben, wie es der Verleger so treffend ausgedrückt hatte. Ich erzählte
von der Bar, in der eine brillante Idee ausgeheckt worden war, von einer Erscheinung
auf einem Verlagsflur, von einem Brief an einen englischen Schriftsteller in
meinem Postkorb, den ich ungeduldig aufriß - und von allem anderen, was dann
geschah in diesen aufregenden, bemerkenswerten Wochen.
    Weihnachten
kam und ging. Ich nahm meinen kleinen Computer und meine Notizen mit zu Ma-man nach Neuilly, wo ich die Feiertage verbrachte, und als wir am Heiligabend
mit der ganzen Familie um den großen Tisch im Salon versammelt waren und die Foie
gras mit Zwiebelconfit priesen, die auf unseren Tellern lag, hatte Maman zum erstenmal recht, als sie sagte, ich hätte abgenommen und würde nicht
genug essen.
    Aß ich
überhaupt etwas in diesen Wochen? Es muß wohl so gewesen sein, doch ich
erinnere mich nicht daran. Der gute Monsignac hatte mich bis Ende Januar
freigestellt - mit einer Sonderaufgabe, wie er den anderen sagte -, und ich
stand morgens auf, zog mir irgend etwas über und taumelte mit einer Tasse
Kaffee und meinen Zigaretten an den Schreibtisch.
    Ich ging nicht
ans Telefon, ich machte die Tür nicht auf, wenn es schellte, ich sah nicht
fern, die Zeitungen stapelten sich ungelesen auf dem Couchtisch, und am späten
Nachmittag ging ich an manchen Tagen einmal durchs Quartier, um frische
Luft zu schnappen und das Nötigste einzukaufen.
    Ich war nicht
mehr von dieser Welt, wenn es irgendwelche Naturkatastrophen gab, so zogen sie
an mir vorüber. Ich wußte nichts in diesen Wochen. Ich wußte nur, daß ich
schreiben mußte.
    Stand ich vor
dem Badezimmerspiegel, nahm ich flüchtig das Bild eines bleichen Mannes mit zerrauftem
Haar wahr, der Schatten unter den Augen hatte.
    Es
interessierte mich nicht.
    Manchmal ging
ich im Zimmer auf und ab, um meine lahmen Glieder zu strecken, und wenn ich
nicht mehr weiterkam und der Erzählfluß stockte, schob ich die CD French
Café in meine Anlage. Sie begann mit Fibre de verre und endete mit Ma
fée clochette, ich hörte in den ganzen Wochen nur diese eine CD, warum
gerade diese, kann ich nicht sagen.
    Ich hatte mich
darauf eingeschossen wie ein Autist, der alles zählen muß, was ihm unter die
Finger gerät. Es war mein Ritual - wenn die ersten Takte erklangen, fühlte ich
mich sicher, und nach dem zweiten oder dritten Lied war ich wieder in der
Geschichte, und die Musik wurde zu einem Grundrauschen, das meine Gedanken
fliegen ließ wie eine weiße Möwe hoch über dem weiten Meer.
    Dann und wann
segelte sie dichter über dem Wasser, und dann hörte ich Coralie Cléments La
Mer Opale und sah die grünen Augen von Aurélie Bredin vor mir. Oder ich
hörte Brigitte Bardots Un jour comme un autre und mußte daran denken,
wie Aurélie von Claude verlassen worden war.
    Jedesmal, wenn La fée clochette erklang, wußte ich, daß wieder eine Stunde vergangen
war, und mein Herz wurde schwer und zärtlich zugleich bei der Erinnerung an
jenen verzauberten Abend im Le Temps des Cerises.
    Am Abend
löschte ich irgendwann das Licht meiner Schreibtischlampe und ging ins Bett -
oft genug stand ich noch einmal auf, weil ich meinte, einen phantastischen
Einfall gehabt zu haben, der sich am nächsten Morgen oft genug dann doch als nicht
so phantastisch erwies.
    Die Stunden
wurden zu Tagen, und die Tage begannen übergangslos zu verschwimmen in einem
transatlantischen, dunkelblauen Meer,
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