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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth
Autoren: Martin Cruz Smith
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eingerichtetes Büro mit Karteikästen, Laptop-Computer, der nötigen Batterie und Kartons mit Software, Handbüchern und Disketten.
    »Das ist eine absolut mobile Bank«, sagte Rudi.
    »Eine illegale Bank.«
    »Ich kann auf meinen Disketten sämtliche Spareinlagen der Russischen Republik abspeichern. Ich könnte Ihnen bei Gelegenheit mal einen kleinen Einblick gönnen.«
    »Danke, Rudi. Ein fahrendes Computerzentrum macht das Leben auch nicht befriedigender.«
    Rudi hob einen Gameboy hoch. »Urteilen Sie selbst.«
    Arkadi zog schnuppernd die Luft durch die Nase. Am Rückspiegel hing etwas, das wie ein grüner Docht aussah.
    »Ein Geruchsvertilger«, sagte Rudi. »Pinienduft.«
    »Wie Achselhöhle mit Minze. Wie können Sie hier drin nur atmen?«
    »Es riecht sauberer. Ich weiß, das ist eine Macke von mir - Sauberkeit, Bazillenträger. Was wollen Sie hier?«
    »Ihr Sender funktioniert offenbar nicht. Ich möchte ihn mir anschauen.«
    Rudi zwinkerte mit den Augen. »Sie wollen ihn hier reparieren?«
    »Hier wollen wir ihn schließlich auch benutzen. Also tun Sie einfach so, als führten wir eine ganz normale Transaktion durch.«
    »Sie haben gesagt, die Sache sei sicher.«
    »Aber nicht narrensicher. Jeder sieht uns zu.«
    »Dollar? Deutsche Mark? Francs?« fragte Rudi.
    Die Geldkassette war voll mit Währungen der unterschiedlichsten Länder. Es gab Francs, die wie handgemalte Porträts aussahen, Lire mit phantastischen Zahlen und Dantes Gesicht, deutsche Banknoten, die vor Selbstvertrauen zu strotzen schienen, und vor allem raschelnde, grasgrüne amerikanische Dollarscheine. Neben Rudis Füßen lag eine prall gefüllte Aktentasche mit, wie Arkadi vermutete, weiterem Geld und gleich neben der Kupplung klebte ein in braunes Packpapier gewickeltes Bündel. Rudi nahm die Hundert-Dollar-Scheine aus der Kassette auf seinem Schoß, und darunter kamen ein Sender und ein Minirekorder zum Vorschein.
    »Tun Sie so, als ob ich Rubel kaufen wollte«, sagte Arkadi.
    »Rubel?« Rudis Finger erstarrten über dem Taschenrechner. »Warum sollte jemand Rubel kaufen?«
    Arkadi drehte den Lautstärkeregler des Senders vor und zurück, dann die Frequenzeinstellung. »Aber Sie kaufen doch auch Rubel und zahlen dafür mit Dollar und deutscher Mark.«
    »Lassen Sie mich das erklären: Ich tausche. Ich bediene die Käufer. Ich kontrolliere den Kurs. Ich bin die Bank. Ich verdiene dabei, und Sie sind der Verlierer. Niemand kauft Rubel, Arkadi.« Rudis kleine Augen traten leicht vor. »Die einzige echte sowjetische Währung ist der Wodka, das einzige Staatsmonopol, das wirklich funktioniert.«
    »Davon haben Sie ja auch mehr als genug.« Arkadi blickte auf den Boden vor den Rücksitzen, der bedeckt war mit silbernen Starka-, Russkaya- und kubanischen Wodkaflaschen.
    »Hier wird Tauschhandel getrieben wie in der Steinzeit. Ich nehme, was die Leute haben. Ich helfe ihnen. Erstaunlich, daß sie nicht auch mit Glasperlen und Dublonen kommen. Wie dem auch sei, der Kurs ist vierzig Rubel für einen Dollar.«
    Arkadi versuchte es mit dem »Ein«-Schalter des Senders. Die winzige Spule bewegte sich nicht. »Der offizielle Kurs liegt bei dreißig.«
    »Ja, und das Universum dreht sich um Lenins Arschloch. Das ist gar nicht abschätzig gemeint. Ist doch komisch. Ich sitze hier und treibe Handel mit Männern, die selbst ihrer eigenen Mutter die Kehle aufschlitzen würden, aber die Vorstellung von Profit ist ihnen suspekt.« Rudi wurde ernst. »Arkadi, wenn Sie Profit einmal nicht mit Verbrechen gleichsetzen, haben Sie das, was man ein Geschäft nennt. Was ich hier mache, ist normal und überall in der Welt völlig legal.«
    »Ist der auch normal?« Arkadi blickte in Kims Richtung. Trotz seiner aufmerksam beobachtenden Augen hatte der Leibwächter das flache Gesicht einer Maske.
    Rudi sagte: »Kim ist da, um Eindruck zu machen. Ich bin wie die Schweiz - neutral, eine Bank für jeden. Jeder braucht mich. Wir sind der einzige Teil der Volkswirtschaft, der funktioniert. Sehen Sie sich um. Mafia vom Langen Teich, Baumanskaja-Mafia, Jungs aus Moskau, die wissen, wie man was an den Mann bringt. Ljubertsi-Mafia, ein bißchen härter, ein bißchen dümmer. Sie alle wollen sich nur verbessern.«
    »Wie Ihr Partner Borja?« Arkadi versuchte, die Spule mit einem Schlüssel anzuziehen.
    »Borja ist eine Erfolgsstory. Jedes andere Land wäre stolz auf ihn.«
    »Und die Tschetschenen?«
    »Zugegeben, mit den Tschetschenen ist es was anderes. Selbst wenn wir alle
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