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Das Labor der Esper

Das Labor der Esper

Titel: Das Labor der Esper
Autoren: Dan Morgan
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der Hilflosigkeit.
    Kurz nach ihrer Heirat schien Annette Interesse an seiner Arbeit zu haben und auch zu verstehen, wie wichtig die Versuche für ihn waren. Aber als sie allmählich begriff, daß Havenlake durch seine Arbeit in einer Welt lebte, die ihr nie so recht vertraut werden konnte, wandelte sich ihr Interesse in Ablehnung. Von diesem Moment an stellte sie größere Ansprüche an ihn, sie wollte ihn mehr für sich haben – und er konnte oder wollte ihr diesen Wunsch nicht erfüllen.
    »Also – holst du mir jetzt einen Drink, verdammt noch mal?« kreischte Annette. Wütend über seine Reglosigkeit warf sie mit dem Glas nach ihm.
    Es traf ihn an der Stirn und fiel auf den Teppich, ohne zu zerbrechen. Endlich bewegte er sich. Er ging auf sie zu, sehr blaß, und seine Hände zuckten.
    »Geh weg von mir, du einfältiger Ochse!« schrie sie, voll Angst, daß sie diesmal zu weit gegangen war.
    Der vernünftige Teil von Havenlakes Gehirn war betäubt. Er befand sich ganz in den Klauen des Hasses, der sich seit Jahren in ihm aufgestaut hatte und nur darauf wartete, ausgelöst zu werden.
    »Richard – bitte!« Sie sah ihn mit angsterfüllten Augen an.
    Das Telefon klingelte und durchbrach schrill seine primitive Wut. Er blinzelte wie ein Mann, der aus einem Trancezustand erwacht, dann drehte er sich um und ging zurück in die Diele.
    Annette schwankte zum Barschrank, wo sie sich ein Glas Gin einschenkte.
    »Hallo, Becky«, sagte Havenlake. »Nein – ist schon gut, du hast nicht gestört …«
    »Jüdisches Luder!« kreischte Annette, deren Haß von neuem entflammt war.
    »Entschuldige, Becky, ich kann dir das im Moment nicht erklären«, sagte Havenlake. »Ich bin in ein paar Minuten in deinem Büro …« Er legte den Hörer auf.
    »So ist es richtig – geh nur zu ihr!« keifte Annette.
    »Du ekelst mich an«, sagte Havenlake. Er verließ die Wohnung.
    Annette stand einen Moment da und starrte die geschlossene Tür mit trüben Augen an, dann lehnte sie sich gegen die Wand und rutschte langsam zu Boden. Sie stieß einen würgenden, heiseren Laut der Verzweiflung aus. Ihr leeres Gesicht, eine grausame Karikatur ihrer früheren Schönheit, erinnerte an die Zeichnungen der Verdammten Seelen von Hieronymus Bosch.

 
5
     
    Becky erkannte den müden gehetzten Blick, als Havenlake das Büro betrat. Verdammtes Weib! Richard Havenlake ging sonst jedes Problem direkt an, aber bei Annette erschien er vollkommen hilflos. Fast sah es aus, als akzeptierte er diese schreckliche Ehe als eine Art Sühne, die er sein Leben lang bringen mußte. Er mußte wissen, daß sie Annettes betrunkenes Geschrei am Telefon gehört hatte, aber es hatte keinen Sinn, darüber mit ihm zu sprechen. Wenn es um Annette ging, war Richard taub. Er war unbeirrbar – er liebte sie sogar immer noch. Wie verdiente eine solche Frau die Liebe dieses aufrechten, starken Mannes? Aber Liebe war schließlich etwas, das man sich nicht verdiente. Becky schob diese Gedanken gewaltsam beiseite, weil sie wußte, daß sie nur zu Selbstmitleid führen würden.
    »Was ist mit dem Yearby-Fall?« fragte Richard.
    »Der Chefarzt rief an – Doktor Glendale. Die Patientin ist ein Mädchen Anfang der Zwanzig, mit einem hohen Intelligenzquotienten und einer guten Ausbildung.«
    »Was tut sie in Yearby?«
    »Selbstmordversuch – Gas. Sie wurde heute nachmittag eingeliefert.«
    »Gehirnschaden?«
    »Kaum – sie wurde gleich von ihrer Nachbarin entdeckt.«
    »Glück gehabt! Weshalb dachte Glendale, sie könnte ein Fall für uns sein?«
    »Sie sprach im Delirium davon, daß sie Stimmen höre.«
    Havenlake holte eine leere Pfeife aus der Tasche und sog nachdenklich daran. »Klingt vielversprechend. Hast du Glendale gesagt, daß er keinen Elektroschock anwenden soll?«
    »Natürlich. Und ich sagte, wir würden morgen jemanden hinschicken, der sie sich ansehen soll. Im Moment schläft sie – Beruhigungsmittel.«
    »Jemand?«
    »Ich weiß nicht, ob Peter schon soweit ist, daß er sich darum kümmern kann. Wir haben keine Ahnung, wie es mit ihr steht, und es ist eine ziemliche Belastung für einen Telepathen, ein verwirrtes Gehirn zu durchforschen.«
    »Das verstehe ich – aber wen haben wir sonst?« fragte Havenlake. »Wenn ich selbst gehe, kann ich mich höchstens mit ihr unterhalten.«
    »Du könntest sie hierherbringen lassen.«
    »Was hätte das für einen Sinn, wenn sie keine potentielle Telepathin wäre? Wir haben schließlich kein Krankenhaus.«
    »Ich glaube nicht, daß
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