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Das Labor der Esper

Das Labor der Esper

Titel: Das Labor der Esper
Autoren: Dan Morgan
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sie dennoch vordrang, löste sich ein Strahl der Energie und kam mit furchterregender Schnelligkeit auf sie zu. Die einzig mögliche Reaktion angesichts dieser Übermacht war die Flucht. Sie kehrte schnell in die Sicherheit ihres eigenen Körper-Geist-Komplexes zurück.
    Als sie nun ihr Zimmer verließ und sich durch eine starke Barriere schützte, spürte sie dennoch einen mahlenden telepathischen Druck. Der Eindringling versuchte ihren Widerstand zu brechen. Die Krankenstation, in der Viktor lag, befand sich einen Stock tiefer. Sie ging durch den Korridor auf die Treppe zu.
    Abrupt schien der Boden auf sie zuzukommen, und der Korridor streckte sich in eine Röhre, die bis in die Unendlichkeit weiterging. Sie schleppte sich durch Morast, und ihre Füße blieben in der zähen Masse hängen. Sie sah nach oben. Die weiße Decke bewegte sich in schwindelerregenden Spiralen, die auf sie zukamen wie Mühlsteine. Die Vernunft sagte ihr, daß diese Alptraumvisionen keine Beziehung zur Wirklichkeit hatten, aber das bot ihr wenig Trost. Sie fragte sich, wie lange sie einem Gegner standhalten konnte, der trotz ihrer starken Abschirmung ihre Sehkräfte so beeinflussen konnte.
    In einem Versuch, der Wirkung dieser fremden Kräfte zu entfliehen, hielt sie sich an der Wand des Korridors fest und schloß die Augen. Die Mauer vermittelte ihr ein beruhigendes Gefühl nach all den Sinnestäuschungen, und sie tastete sich vorwärts.
    Im nächsten Moment schien sich die Wand unter ihrem Griff aufzulösen, und sie spürte eine glitschige Feuchtigkeit. Ihre Hände wühlten in einer Masse von durcheinanderkriechenden Würmern. Sie blieb stehen, warf die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen.
    Der Druck war jetzt wie ein dunkles Grollen, dicht unter der Schwelle der Hörbarkeit. Es klang, als wollte sich der Boden unter ihr auflösen. Ein Schwindelgefühl, und dann schien der Korridor gekippt zu sein. Sie hing mit dem Kopf nach unten von der Decke. Ihre Orientierung war verloren.
    Sie kämpfte gegen das Schluchzen an, das ihr die letzte Kraft raubte, und erinnerte sich daran, daß die Alpträume von ihrem Feind geschaffen wurden. Wenn sie mit Entschlossenheit an ihre Wirklichkeitsebene dachte, konnten die Sinnestäuschungen keine Wirkung auf sie haben. Sie trat einen Schritt von der Mauer weg. Dann ging sie ruhig vorwärts.
    Die Wirklichkeit stellte sich zögernd wieder ein. Sie ging wieder durch den Korridor. Durch den Sieg angespornt, beschleunigte sie ihre Schritte. An der Treppe wurde sie wieder von Illusionen umringt. Aber sie hatte jetzt mehr Selbstvertrauen. Sie klammerte sich an das Geländer und kämpfte – und gewann.
    Becky Schofield stand mit der Spritze in der Hand neben dem Bett. Sie wandte sich Barbara zu, als sie das Krankenzimmer betrat. Ihre dunklen Züge waren überschattet.
    »Barbara – ich bin froh, daß Sie gekommen sind«, sagte sie ruhig. »Ich habe für ihn getan, was ich konnte, aber ich fürchte, es ist hoffnungslos.«
    Barbaras erster Eindruck war die armselige Winzigkeit. Viktor lag mit geschlossenen Augen da, und man konnte seine kleine Gestalt unter den Laken kaum erkennen. Seine Verfassung hatte sich rapide verschlechtert. Das bläuliche Gelb des Gesichts war noch deutlicher, und er gab keine Lebenszeichen von sich. Vollkommen still lag er da und atmete kaum. Der bittersüße Geruch des Todes hing über ihm.
    Mit einem schmerzerfüllten Schluchzen fiel Barbara neben dem Bett auf die Knie. Sie legte das Gesicht dicht neben seines und wollte nur, daß er die Augen noch einmal öffnete, um sie zärtlich anzusehen. Sie wollte ihm sagen, daß dieses Unheil so – unnötig gewesen war, daß sie ihn auch geliebt hätte, wenn er weiterhin in seinem winzigen, verkrüppelten Körper geblieben wäre, daß sie immer bei ihm geblieben und glücklich gewesen wäre … Jetzt sah sie selbst, daß er sterben mußte, aber vielleicht regte sich noch ein Funke des Bewußtseins unter der starren Maske – er mußte doch jetzt die Schranken aufgelöst haben? Sie ließ ihre eigene Abschirmung fallen und tastete mit ihren telepathischen Gedanken nach ihm. Sie war fest entschlossen, ihm bis an das Tor des Todes und darüber hinaus zu folgen …
    Wieder die lautlose Explosion, die sie schon einmal erlebt hatte, als die flammende Energie des Psi-Nebels in ihr Gehirn eindrang. Das war der Moment, auf den der Eindringling gewartet hatte. Sie war hilflos. Ihr Bewußtsein brach unter dem Ansturm zusammen.
    In Sekundenbruchteilen
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