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Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei
Autoren: C.J. Cherryh
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glaubtest.
     
    Die Wahl dir bring ich, wenn jeder Weg verschlossen schien;
Verheißung bin ich, wenn jeder Glaub' verlorenging.
     
    Die Rache bin ich, wenn ich dir auch Trauer bracht';
Gewinn dir bring ich, wenn jeder Wunsch nur Leid entfacht'.
     
    Dorn sang. Es war ein Hatani-Lied. Duun hörte ihm zu wie auch den anderen Lektionen, träumte fast, während er Dorns Spiel lauschte. Eine ganz unerwartete Süße lag in Dorns Stimme, und in seinen Händen eine Geschicklichkeit, daß sie über die Saiten flogen. Vielleicht lag es an einer angeborenen Wildheit, daß der Junge dieses Lied liebte; vielleicht war es auch die Unschuld jenes Flachlandkindes, das Fragen nach den Narben eines Hatani gestellt hatte, glücklich in seiner Unwissenheit. Vielleicht liebte Dorn auch nur die Melodie. Er sang sie gut.
    Duun übernahm die Ddkin und klimperte mit seiner zweifingrigen rechten Hand einen neuen Rhythmus. Klopfte den Takt auf dem Resonanzboden, und Dorn griff ihn mit angeborener Geschicklichkeit mit einer kleinen Trommel auf.
    Der junge Kopf senkte sich über die Musik, und die jungen Augen blickten verschmitzt unter dem Vorhang aus dunklem Haar hervor, die kürzlich rasierten Lippen zu einem Lächeln ausgebreitet. Dorn hatte mit dem Haar in seinem Gesicht Schluß gemacht. Das auf seinem Körper pflegte er weiter. Außerdem brannte der Rasierer. (Du siehst besser aus, hatte Duun ihm gesagt, als Dorn es getan hatte und um Zustimmung heischend herangeschlichen war. Und Dorn hatte grenzenlos erleichtert ausgesehen.)
    Verletzlich. Oh, so verletzlich, junger Dorn!
     
    Grün im Schein der Sommersonne, 
    Und weiß im Schneegewand, 
    Dies Land sich herrlich mir entfaltet. 
    Und herrlich auch dies and're Land, 
    Aus dem ich Wege tausendfach, 
    Im Abendlicht zu meinem fand.
     
    Liebe und Frauen und Dinge der Welt.
    »Ein Hatani hat keine Angehörigen«, sagte Duun, während seine Hände weiterspielten. »Wenn du bis ins Herz ein Hatani bist, wirst du mich nicht mehr haben.«
    Die Trommel verstummte, aber der Junge stellte keine Frage. Dorn hatte sich verraten, und Duun war nicht weitergegangen: Dorn behielt seine Gedanken für sich, war mit den Jahren vorsichtig geworden. Und nachdem er soviel erreicht hatte, spielte Duun die Melodie weiter, eine sanfte Harmonie. »Als ich den größten Teil meiner Hand verlor, dachte ich, ich würde nie wieder spielen. Aber ich konnte es doch. Ich habe noch mehr verloren. Man gewinnt keinen Vorteil aus einem Verlust, den man nicht merkt. Du wirst niemals Liebe erfahren, Dorn, niemals! Kennst du dieses Wort? Nimm den Takt auf!«
    Dorn griff den Takt auf und senkte den Kopf soweit, daß seine Augen verborgen waren.
    »Eins will ich dir sagen«, fuhr Duun fort, während er die Saiten tief anschlug und damit den Kontrapunkt zur Trommel bildete. »Man hat immer noch etwas mehr zu verlieren. Wenn du jemals denkst, du hättest nichts mehr, was du noch verlieren könntest, bist du ein Dummkopf, Dorn; es ist immer noch etwas da, bis du tot bist. Und was dann kommt ... das wissen die Götter. Weißt du, wie alt du bist?«
    Dorn blickte auf, fiel aus dem Takt und nahm ihn wieder auf. »In der Stadt wissen sie es. Ich weiß es. Die Meds kommen nicht mehr. Es ist jetzt ein halbes Jahr her, und doch kommen sie nicht. Weißt du, warum, Dorn?«
    Eine Bewegung des Kopfes. Nein. Dorns Augen zeigten Angst.
    »Na ja«, meinte Duun, »sie tun es halt nicht mehr. Vielleicht wissen sie, was du jetzt bist.«
    Dorn trommelte weiter den Takt, regelmäßig wie das Schlagen eines Herzens und ebenso schmerzhaft.
    »Was bin ich denn?«
    Duun warf ihm einen Seitenblick zu. »Ein Hatani. Wie ich.
    Selbständig.«
    Dorn starrte ihn nur an, denn er kannte seine Tricks. (Dummkopf, Duun-hatani! Niederträchtig und gemein!)
    »Du hast eine Wunde, kleiner Fisch. Du blutest ins Wasser. Weißt du das nicht?«
    Dorn preßte die Kiefer zusammen. Seine Augen glitzerten vor Gedanken. »Ich habe den Wind nicht gespürt, Duun-hatani. Du hast mich erwischt.«
    »Wieder einmal.«
    »Meds.«
    Duun blickte auf.
    »Du hast von Meds gesprochen, Duun, und von Städten. Was ist mit ihnen?«
    »Oho, die Elritze begibt sich in tieferes Wasser!«
    »Du willst doch etwas sagen, Duun-hatani. Du sagst doch niemals etwas, was du nicht willst.«
    »Noch tiefer!«
    »Du hast sie angerufen, nicht wahr?«
    »Nein.« Die Musik wurde lauter unter Duuns Fingern, und sie veränderte sich.
    »Sie haben dich angerufen.«
    »Ellud hat es
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