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Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei
Autoren: C.J. Cherryh
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seines Körpers. Er drückte es sich in der stinkenden Windel an die Brust und stand auf, ging hinüber zu dem Paket, daß sie ihm an diesem Morgen gebracht und auf die Erhebung neben dem Bett gestellt hatten. Er hielt das leise weinende Geschöpf in der Beuge des linken Armes, denn er konnte mit der rechten Hand immer noch besser greifen, obwohl er nur noch zwei Finger daran hatte. Er schaffte es, den Behälter zu öffnen und die Milch zu wärmen - keine Milch von Shonunin, sondern ein synthetisches Produkt, das die Meds durch ihre eigene Erfindungsgabe bereitstellten.
    Vor Tagen hatte er die Unterlagen erhalten und sich eingeprägt. Das Geschöpf jammerte; genauso jammerten Shonunin-Säuglinge und übten dabei ihre Lungen. Und es atmete dieselbe Luft, die auch die Shonunin atmeten, und vielleicht akzeptierte sein Bauch eines Tages auch das Fleisch, das die Shonunin verzehrten. Die Meds glaubten es. Das Kind würde Zähne bekommen, einige davon so spitz wie die größeren Zähne der Shonunin. »Ruhig, ruhig«, sagte Duun zu ihm und schüttelte es dabei an seiner Brust. Er holte die gewärmte Flasche aus dem Behälter und schob den Sauger in den weichen Mund, der zwischen den Decken herum suchte. Das Kind saugte geräuschvoll und beruhigte sich, und Duun ging wieder über den Sand zu der Erhebung hinüber, wo er vorher gewesen war, setzte sich mit gekreuzten Beinen darauf, wiegte das Kind und flüsterte ihm leise zu:
    »Sei ruhig, sei ruhig.«
    Das Kind schloß zufrieden die Augen; es schlief wieder ein, satt und geborgen. Es konnte nicht wie ein Shonun als selbstverständlich betrachtet werden. Duun war sehr zärtlich mit ihm. Er legte es schließlich in die Schale des eigenen Bettes und setzte sich daneben, betrachtete die kurzen Bewegungen, die regelmäßigen Hebungen des winzigen runden Bauches. Und als sich die Aussicht durch die Fenster änderte und in das abendliche Meer verwandelte, beobachtete Duun immer noch das Kind.
    Es war nichts, dessen er schnell müde werden würde. Er badete nicht. Er war verwöhnt, aber er atmete den Geruch des Kindes und der verschmutzten Windel und seiner Nahrung ein, und er zuckte nicht davor zurück, denn er hatte sich gegen jede Art von Abscheu geschult.
     
    Die Meds waren bestürzt, als sie kamen, um sich mit ihm auseinanderzusetzen, um das Kind zu untersuchen und es wieder in die Einrichtung unten am Korridor zu bringen, wo sie es wiegen und seine Verfassung kontrollieren würden. Duun schritt hinter ihnen her, als sie es in dem geschlossenen Behältnis dorthin trugen; er beleidigte ihre Nasen mit seinem Gestank.
    Bei allem, was sie mit ihm zu tun hatten, vermieden es die Meds, ihm in die Augen zu blicken, zogen sogar den Anblick des Aliens dem Risiko vor, dem starren, kalten Blick zu begegnen, den er für sie und all ihr Tun übrig hatte.
    Sie wogen den Säugling, hörten seine Atmung und sein Herz ab, fragten Duun leise (ohne ihn je ganz anzusehen), ob er Schwierigkeiten gehabt hatte.
    »Duun-hatani, Sie könnten sich ausruhen«, sagte die Chefärztin am zweiten Tag, an dem sie wegen des Kindes kamen. »Dies ist alles Routine. Wir brauchen Sie nicht. Sie könnten die Gelegenheit nutzen ...«
    »Nein«, entgegnete Duun. »Aber ...«
    »Nein!«
    Ein unbehagliches Schweigen folgte. Seit Tagen hatte Duun sie betrachtet, ohne Antworten zu geben. Jetzt blickte ihm die Chefärztin suchend und besorgt voll in die Augen, und sie fand dann sofort etwas anderes, womit sie sich beschäftigen konnte.
    Duun lächelte zum ersten Mal in diesen Tagen, und dieses Lächeln paßte zu seinem Blick.
    »Du bringst sie zur Verzweiflung, Duun«, meinte der Abteilungsleiter.
    Duun ging von dem Schreibtisch weg, an dem Ellud saß, und starrte durch die falschen Fenster, die Schneefall zeigten. Eis bildete sich an den Ästen eines Baumes über einer heißen Quelle. Das Sonnenlicht tanzte zwischen den mit Juwelen besetzten Ästen, und Dampf stieg auf und kräuselte sich. Duun blickte wieder zurück, den Daumen der verstümmelten Hand hinter dem Rücken mit dem der gesunden verhakt, und er entdeckte einen weiteren Mann, der es vorzog, irgend etwas unmittelbar hinter Duuns Schulter zu studieren. Das falsche Sonnenlicht vielleicht. Alles wäre geeignet gewesen. »Es ist bei guter Gesundheit«, sagte Duun.
    »Duun, das Personal ...«
    »Das Personal tut seine Arbeit.« Nicht ein einziges Mal hatte der andere ihn ganz angesehen. Duun holte tief Luft. »Ich will Sheon.«
    »Duun ...«
    »Sheon gehört Duun,
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