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Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Titel: Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman
Autoren: Johannes Scharf
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er, und seine Augen wurden für einen Augenblick wieder frisch und lebendig. Sie flackerten kurz auf. Man mußte ihr Funkeln für bedrohlich halten, wenn man es bemerkte, da es eine unerbittliche Entschlossenheit suggerierte, die kein Mitleiden mit dem Gegner mehr kennen würde, zu Recht nicht mehr kennen würde. Aber entschlossene Männer waren selten geworden. Resignation und Opportunismus herrschten vor. Wenn man den Lauf der Dinge schon nicht mehr würde aufhalten können, dann versuchte man sich wenigstens heute so gut wie möglich mit den Herren von morgen zu arrangieren. Häberle konnte für solche Geisteshaltung nur Abscheu empfinden, wenngleich ihn gewisse Einzelfälle belustigten, ja regelrecht aufheiterten.

    So besann er sich des öfteren auf die Geschichte eines schweizerischen Politikers namens Karsten Wagner, die sich vor etwa fünf Jahren in dem Kanton Schwyz ereignet hatte. In der Schweiz waren die Volksabstimmungen abgeschafft worden, nachdem sich herausgestellt hatte, daß sich eine Mehrheit für einen sofortigen Einwanderungsstopp aussprechen würde. Treibende Kraft war hier besonders der besagte Politiker, die Kirchen und die Presse gewesen, die er hinter sich wußte. Wagner war ein bekennender Homosexueller. Man war eben stolz darauf, schwul zu sein, für seine Hautfarbe und Herkunft jedoch schämte man sich als Europäer dieses finsteren Zeitalters. Der gnädige Herr war nun aber auch ein besonders eifriger Fürsprecher der Migranten seines Kantons gewesen, die er mit öffentlichen Geldern derart bezuschußte, daß darüber öffentliche Bäder, Turnhallen und Museen aus Geldmangel geschlossen werden mußten, was der Gutmensch „Umverteilung“ nannte. Als nun wieder irgendeine Demonstration von Muslimen, finanziert aus Mitteln, die er selbst bewilligt hatte, abgehalten wurde und er sich, besorgt um die Wählerstimmen der Eingebürgerten, an die Spitze des Zuges setzte, da fiel der wütende Mob unversehens über ihn her und schlug ihn tot – auf offener Straße. Das Motto der Demonstration war die Einführung der Scharia, also des islamischen Gesetzwerkes, in der Schweiz gewesen. Er konnte also froh sein und hatte, wenn man so möchte, Glück im Unglück, daß er nicht gesteinigt wurde, der biedere Mann…
    Häberle munterten diese und ähnliche Geschichten ein wenig auf, denn er konnte die Naivität solcher Individuen nicht begreifen, die annahmen, man könnte sich mit diesem Pack arrangieren. Aber es war auch nicht wirklich schade um sie. „So trennte sich wenigstens die Spreu vom Weizen“ räsonierte er, setzte seine geputzte Lesebrille wieder auf und steckte seine Nase erneut in das Tagesblatt.

    Nachdem er die üblichen Meldungen über brennende Städte in Europa und Übersee überflogen hatte, denn es standen alle Tage welche in Flammen – von vielen wurde gar nicht mehr berichtet, etwa von London, in dem Großeinsätze der Feuerwehr zur täglichen Routine geworden waren –, fiel sein Blick auf das Theaterprogramm: „Othello und sein dicker Knüppel“, „dreckig und bizarr“, „Die Geliebte des Teufels“. Häberle verdrehte die Augen. Diese Stücke trugen nicht nur die Titel von billigen Filmproduktionen pornographischer Natur, sondern waren mit größter Gewißheit nichts anderes als die Schöpfungen psychopatischer Bühnennudisten, wie er sie nannte.

    Roland Häberle war dem Theater nun seit beinahe zehn Jahren komplett fern geblieben, denn mit Theater hatte das seiner Ansicht nach nichts mehr zu tun, was sich auf den öffentlichen – und ebenfalls subventionierten – Bühnen abspielte.
    Das letzte Stück, das er gesehen hatte, war ihm noch so gut in Erinnerung, daß er manchmal nachts davon träumte und froh war, wenn er während des Alptraumes erwachte. Es hatte endlich mal wieder ein Klassiker werden sollen: „Das Käthchen von Heilbronn“. Da war, als der Vorhang gefallen war, ein Mann mit weißem Hemd verwirrt umhergelaufen, ohne ein Wort zu sprechen. Auf seinem Hemd stand in großen Lettern das Wort „Ritter“. Die zweite Szene hatte wohl Käthchen zum Inhalt gehabt, denn es war dort auf einer Art Altar eine nackte junge Frau ausgestreckt gelegen, die ab und zu einen tiefen Seufzer ausstieß. Einige Minuten später traten eine Reihe maskierter Männer auf den Plan, die sich anstellten, mit Schaum ihren Intimbereich zu bedecken und auf einen Paukenschlag hin Rasiermesser zückten, worauf ein Metzger mit einem lebendigen Gockel in der Linken und einem Beil in der
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