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Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman

Titel: Das Kreuz des Südens - Exodus aus Europa. Ein Zukunftsroman
Autoren: Johannes Scharf
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Grimmschen Märchensammlung stets vorgestellt hatte; besonders, wenn sie ihr Pony gleich einem Kranz zu Zöpfen um ihren schönen Kopf geflochten hatte.
    Dieser Hochsitz auf dem vordersten Kran wurde ihr Lieblingsaufenthaltsort, was sie selbstverständlich geheim halten mußten. In scherzhaft-konspirativer Manier gaben sie dem Rückzugsort den Decknamen „Storchennest“.

    ♦

    Bühlers fiel es natürlich mit der Zeit auf, daß Erik sich allabendlich mit jemandem traf, obwohl sie nicht so bald dahinter kamen, mit wem. Seine Mutter vermutete, es müsse sich um eine weibliche Person handeln, da sie schon einige Male an Eriks Hemd lange blonde Haare entdeckt hatte und ihres Wissens sich kein langhaariger Mann an Bord der „Samantha II“ befand. Auch wenn sie vor Neugier brannte und gleichsam auf glühenden Kohlen saß, fragte weder sie noch ihr Mann Erik diesbezüglich aus, da die Eltern sich sicher waren, er würde ihnen alles mitteilen, wenn er es für wichtig hielte. Als er eines Morgens am Frühstückstisch die Bombe platzen ließ und ihnen aus heiterem Himmel eröffnete, er habe sich verlobt und sei sehr glücklich darüber, staunten sie doch nicht schlecht und überhäuften ihn, nachdem sie sich gefaßt hatten, mit Fragen über die ihnen unbekannte Braut.

    Ähnlich erging es George und Susan Strafford, deren liebes Kind sich ihnen am Nachmittag desselben Tages offenbarte und die bei dieser überraschenden Nachricht zunächst nicht wußten, ob sie sich freuen oder ihre Tochter dafür schelten sollten, daß sie den Jungen noch gar nicht vorgestellt, sich aber schon – hinter ihrem Rücken gewissermaßen, obschon Scarlett das natürlich nicht so empfand – mit ihm verlobt hatte. George übernahm schließlich das Ausschimpfen und Susan die Verteidigung, wobei sie ihre Tochter umarmte und Freudentränen weinte, so daß der Vater bald das Schelten sein ließ und sich der allgemeinen Hochstimmung, die im „Hause“ Strafford herrschte, anschloß. „Dann laßt uns den ‚Hunnen‘ mal einen Besuch abstatten“, brummte er und zwinkerte dabei dem Mädchen zu, das ihn ein wenig erbost ansah und ihn aufforderte, er möge diese Späße in Hinkunft sein lassen, wo er doch einen deutschen Schwiegersohn bekomme. Er meine es nicht so, und das wisse sie auch, sagte der Vater besänftigend, gab aber seiner Forderung nach einer spontanen Visite Nachdruck, indem er an Susan gerichtet fragte, ob sie noch Gebäck und Kuchen hätten, es sei nämlich die rechte Stunde zum Tee, und es schicke sich nicht, mit leeren Händen zu kommen.
    Scarlett war von allzu viel Spontanität in dieser Sache nicht begeistert und suchte ihrem Vater entgegenzuhalten, daß es auch ebenso unhöflich sei, unangekündigt irgendwo aufzutauchen. Außerdem kenne sie die Eltern Eriks ja selbst noch nicht. Aber schließlich mußte sie sich ihren Eltern fügen, und die vierköpfige Familie setzte sich in Bewegung.

    Als Straffords vor dem Wohncontainer der Bühlers zu stehen kamen, drangen aus dessen Innern Stimmen von Menschen, die sich auf Englisch unterhielten, denn es war gerade die Zeit, zu welcher der schottische Arzt seine Hausbesuche bei der Familie durchzuführen pflegte. Auch hatte Iain MacGregor ausgerechnet heute seine Freundin Francis Boyle im Schlepptau, so daß freie Stühle im Augenblick Mangelware waren und George mit Thomas nach einer herzlichen Begrüßung noch einmal wegen vier weiterer Klappstühle, die er dem Kaffeekränzchen hinzuzufügen gedachte, zurückeilte.

    „Seid ihr auch so von dieser Verlobung überrascht worden?“ war eine der ersten Fragen, die George Strafford an das Ehepaar Bühler richtete. „Wir wußten bis zum heutigen Tag nichts von diesbezüglichen Plänen unseres Sohnes,“ erwiderte Martin Bühler kopfschüttelnd, „aber ich sehe schon,“ fuhr er dann lächelnd fort, wobei er Scarlett ansah, die mit Erik etwas abseits stand, „er hat eine ausgezeichnete Wahl getroffen.“

    „Wir waren ziemlich baff, als uns Scarlett vorhin plötzlich ihr Herz ausschüttete und uns ihre Verlobung gestand“, sagte George nickend, ohne auf das Kompliment einzugehen, das Martin seiner Tochter gemacht hatte.
    Nach einer kurzen Weile setzten sich fast alle wieder an das kleine Tischlein, um welches nun ausreichend Klappsessel verteilt waren, die angeknüpften Gespräche dort bei Bühlers Kaffee, MacGregors Tee und Straffords Gebäck fortzuführen. Nur Thomas, der sich freute, Stella wiederzusehen, blieb mit ihr im
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